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Daisy Sisters

Titel: Daisy Sisters
Autoren: Henning Mankell
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»Was zum Teufel«, sagte er. »Was zum Teufel … Welcher Teufel hat das hier aufgehängt?«
    Es gab nur eine Antwort, und Eivor war bereit: »Man braucht doch etwas Schönes, worauf man seinen Blick ruhen lassen kann. Es gibt ja nicht so viel anderes …«
    »Ja, aber … (jetzt war Holmsund an der Reihe). Das ist ja eklig, zum Teufel! Nimm den Scheiß da weg …«
    Und dann rissen Holmsund, Makadam und Lazarus die Bilder herunter. Nur Albin Henriksson stand unbeweglich, schmatzte mit den Zähnen und murmelte: »So etwas …«
    Die Bilder wurden mit einer solchen Wut heruntergerissen,dass Eivor einen Moment fürchtete, einer der Männer würde sich auch über sie hermachen.
    Aber als die Bilder in Fetzen auf dem Boden lagen, sagte niemand mehr etwas. Jeder war nur auf seine Kaffeetasse konzentriert, als würde sie das erstaunlichste Geheimnis bergen. Am Tag darauf wiederholte Eivor das Spiel, allerdings mit dem Unterschied, dass sie noch obszönere Bilder anklebte. Sie hatte nur einen begrenzten Vorrat, und niemand wusste, wie lange der Streit andauern würde. Zu diesem Zeitpunkt lief bereits ein Gerücht davon um. Es war ein Streit, der alle berührte, aber nur die Frauen redeten darüber. Für die männlichen Arbeiter war es eine so unerhörte Provokation, dass sie schwiegen.
    Es waren nur noch wenige Tage bis Weihnachten, als der Streit beigelegt und das letzte Bild aufgehängt wurde, um sofort wieder abgerissen zu werden. Die schweigsame Katarina Björk hatte vorgeschlagen, einmal ein paar Poster über das »Tierleben im Wald« aufzuhängen. Eivor erkannte, wie viel Mut es Katarina Björk gekostet hatte, diesen Vorschlag hervorzustammeln. Da war etwas, was sie wiedererkannte …
    Aber niemand riss ihre Poster herunter, und neue Pornobilder tauchten auch nicht mehr auf.
    Nach einigen Tagen abwartenden Schweigens kommentierte Albin Henriksson eines Tages ein Bild von einem Fuchs und erzählte eine unwahrscheinliche Geschichte von einer Jagd, an der er angeblich teilgenommen hatte. In diesem Augenblick begann Eivor an den Erfolg zu glauben. Dass sie nie darüber sprachen, war eine Sache, aber dass sie jetzt begannen, über etwas anderes zu reden, das war entscheidend! Auch wenn sie und die anderen Frauen weiterhin Anzüglichkeiten und Anspielungen ausgesetzt waren, so hatte sich doch der Ton verändert.
    Mari Velander meinte, die Kerle wären ein bisschen eingeschüchtert.Gleichzeitig warnte sie aber davor zu glauben, dass die alten Bilder nicht wieder auftauchen würden. Aber es wurde tatsächlich anders, und Eivor ahnte, dass es ihr eines Tages bei der Arbeit gefallen könnte. Sie hatte gemerkt, dass man ihr immer seltener die Schuld für irgendein missglücktes Manöver mit dem Kran zuschob, und sie begann, in die raue Gemeinschaft ihrer Schicht hineinzuwachsen. Wenn über Probleme bei Domnarvet gesprochen wurde, vor allem über die finsteren Prophezeiungen, gab es niemand mehr, der sie unterbrach, wenn sie fragte, und auch niemand, der sich demonstrativ abwandte und stöhnte, wenn sie ihre Meinung äußerte. Der Gedanke, ins Altersheim zurückzukehren, wurde ihr immer fremder. Gewiss vermisste sie die Freundlichkeit der Alten, aber im Werk war jeder Tag eine neue Herausforderung, und jetzt, wenige Tage vor Weihnachten, dachte sie, dass sie sich noch nie an einem Arbeitsplatz so wohl gefühlt hatte. Es war, als ob sie jetzt mit Leichtigkeit all das schaffte, wozu sie sich früher zwingen musste, und sie meinte auch zu spüren, dass die Kinder von ihrer guten Laune angesteckt wurden. Es war überhaupt so viel, was während dieser Zeit geschah, und sie erwachte jeden Morgen mit einer gewaltigen Vorfreude …
    Mitten in dieser aufgedrehten Zeit schellte eines Samstagnachmittags Eivors Telefon, und während des folgenden Gesprächs wurde ihr wieder einmal klar, dass man nie eine Situation vollständig beherrscht. Gut gelaunt nahm sie den Hörer ab, wartete sie doch auf Peos Anruf. Aber es war Elna, die aus Lomma anrief. Es waren mehrere Monate vergangen, seit sie zuletzt miteinander gesprochen hatten, denn Eivor hatte in diesen intensiven Monaten einfach zu wenig Zeit für Elna und Erik gehabt.
    Eivor war sofort klar, dass etwas geschehen sein musste. Sie hielt den Atem an und wartete, während Elna sich aufUmwegen dem Ziel näherte, indem sie fragte, wie es ging, ob es viel Schnee gab …
    Eivor unterbrach sie und sagte, dass sie hören könne, dass etwas geschehen sei. Schließlich rückte Elna damit heraus, dass
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