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Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter

Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter

Titel: Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter
Autoren: Tanja Heitmann
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Sören mich versetzen wird. Trotzdem hast du mich nicht abgeholt, mein lieber Neffe. Warum?«
    Kimi nickte zustimmend, als sei es ihm keineswegs peinlich, vorgeführt zu werden. »Ich dachte mir, dass es vielleicht ganz gut ist, wenn du von Anfang an weißt, woher der Wind weht. Auf Sören kannst du dich nicht verlassen, der ist komplett auf dem Egotrip. Deshalb passt er auch wie die Faust aufs Auge zu Liv, die tickt genauso.«
    Für einen Moment flackerte etwas Kindliches in seinen Augen auf und erinnerte Ella nun doch an den Jungen von damals. Konstantin hatte stets etwas von einem verlassenen Kind gehabt. Wahrscheinlich als Folge der – milde ausgedrückt – Egozentrik seiner Eltern. Na ja, wahrscheinlich hatte Liv ihn einfach zu früh bekommen, da waren Sören und sie erst Anfang zwanzig gewesen. Also so alt wie sie jetzt. Automatisch tauchte das Bild von einer Ella mit Kugelbauch auf. Ein merkwürdiger Anblick. Sosehr sie Babys auch liebte, das war dann doch noch nichts für sie. Vor allem, weil man dazu bekanntermaßen auch einen Mann an seiner Seite brauchte – und von einer Liebesgeschichte war sie in der letzten Zeit noch weiter entfernt gewesen als von Muttergefühlen. Trotzdem weckte die Vorstellung einen Instinkt in ihr, der sie Kimi mit anderen Augen sehen ließ. Ein alleingelassener Junge, der sich hinter einem wilden Outfit versteckte. Auch wenn er es mit seiner Art herausforderte, durfte sie sich nicht davon abschrecken lassen. War sie nicht auch eine Zeit lang so gewesen? Ganz
    bestimmt, nur hatten ihre Eltern das mit ihrer liebevollen Art aufgefangen, und genau das brauchte ihr Neffe nun auch.
    Als Kimi jetzt auf sie zutrat, hätte Ella beinahe die verpasste Begrüßungsumarmung
    nachgeholt und ihn nicht so schnell wieder losgelassen. Gerade noch rechtzeitig begriff sie, dass es ihm nicht um Zuneigungsbekundungen, sondern um ihre Kamera ging.
    »Kann ich mir die Kamera mal anschauen?«, fragte er neugierig.
    »Vielleicht später.«
    Augenblicklich trat er wieder einen Schritt zurück, als hätte sie ihm eine Beleidigung an den Kopf geworfen.
    »Tut mir leid. Es ist nur …« Verzweifelt suchte Ella nach den richtigen Worten. »Meine Kamera ist wie ein Teil von mir und hat sogar einen eigenen Namen. Esoline. Wenn jemand anders sie berührt, dann finde ich das ziemlich intim. Es hat nichts damit zu tun, dass ich dir nicht vertraue. Du bist mein kleiner Neffe, und ich …«
    Kimi lachte. »Ist schon gut, ich hab’s kapiert. Aber ein bisschen strange ist das schon.
    Wird man so, wenn man zu lang unter Kängurus lebt?«
    Verblüfft zog Ella die Augenbrauen hoch. Dieser Bursche mit den schwefelgelben
    Plexiglasarmreifen hatte sie soeben tatsächlich als »strange« bezeichnet. »Magst du mich auf einen kleinen Rundgang durchs Haus begleiten?« Etwas Besseres als Entgegnung fiel ihr im Augenblick nicht ein.
    »Deshalb bin ich hier. War übrigens eine Scheißquälerei, bei der Affenhitze den Hügel hochzukommen. Echt, da bricht von einem Tag auf den anderen einfach volle Kanne der
    Sommer aus. Gestern war noch Regen angesagt und heute? Nonstop-Sonnenschein.«
    »Wäre vielleicht keine schlechte Idee von dir gewesen, eine kurze Hose anzuziehen und die Kampfstiefel gegen was Luftiges einzutauschen.«
    Kimis Augen verengten sich zu Schlitzen, als würde er nach einem Hinweis suchen, dass sie sich über ihn lustig machte. Dann hakte er seine Daumen in den Gürtel ein, der wie Stacheldraht aussah und um seine schmalen Hüften gewickelt war. »Sollen wir oben
    anfangen?«
    Ella nickte und sah ihm dabei zu, wie er ausgesprochen anmutig die breiten Treppenstufen aus schwarzem Marmor hochstieg. Sie hatten beide die gleiche Figur, nur mit dem
    Unterschied, dass alles Hagere und Kantige an Kimi gut aussah und er seine langen Glieder zweifelsohne sehr viel eleganter einzusetzen wusste als sie. Wahrscheinlich übte er heimlich.
    Mit einem Seufzen folgte Ella ihrem Neffen.

Kapitel 2
    Baustelle
    Das Ergebnis des Rundgangs schlug Ella heftig aufs Gemüt. Das Haus war
    übersät mit Spuren der Verwahrlosung. Nässe war durch das defekte Dach und die
    gesprungenen Fenster eingedrungen, sodass sich in einigen Räumen Schimmel an den
    Wänden abzeichnete und sich das Fischgrätparkett wellte. Leider war es mit diesen Schäden nicht getan. Langsam wurde Ella klar, was ihr Vater, der diesesSchmuckstück geerbt hatte, ihr die ganze Zeit durch die Blume hatte sagen wollen: An der Villa war seit Jahrzehnten nichts
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