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Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter

Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter

Titel: Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter
Autoren: Tanja Heitmann
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blieb stehen, spürte, wie das Blut in ihren Schläfen pochte. Seit ihrer Ankunft hatte sie zum ersten Mal wieder dieses Gefühl, das sie seit ihrer Kindheit stets verspürte, wenn sie in Sandfern war: den Eindruck, angekommen zu sein.
    Mit glühenden Wangen betrat sie den Garten, der mehr denn je einem verzauberten Hain glich. Schon unter Tante Wilhelmines eher laschem Führungsstil in Sachen Gartenpflege war auf dem gut einen halben Hektar großen Grund alles Grünzeug um die Wette gewachsen.
    Überraschenderweise war es den Bösewichten eines jeden Gartens wie Moos und Unkraut
    niemals gelungen, die einmal gesetzten Kulturpflanzen zu verdrängen. Und im Laufe der Jahrzehnte war in diesem Garten einiges angepflanzt worden. Jetzt, Anfang Juli, herrschte regelrechte Hochsaison, wie Ella begeistert feststellte, während sie auf dem überwucherten Pfad in Richtung Haus ging. Ihr Blick streifte Kaskaden von Rittersporn, durchsetzt mit Lavendelbüschen, fuchsienfarbene Astilben teilten sich das Schattenreich mit Farnen, und unter den Baumriesen blühte weiße Gänsekresse.
    Später werde ich mir den Garten genauer ansehen, versprach sie sich. Dann werde ich
    nach dem Ausschau halten, was sich nicht auf den ersten Blick zeigt. Falls es denn
    überhaupt noch da ist …
    Die kurz aufflackernde Erinnerung an die vergangenen Sommertage hatte Ella derartig
    gefangen genommen, dass sie der Villa erst einen genaueren Blick zuwarf, als sie bereits vor ihr stand. Was von der Allee aus noch als leicht in die Jahre gekommen aussah, entpuppte sich aus der Nähe als ernst zu nehmende Verwahrlosung. Dabei handelte es sich beim
    ergrauten Putz der Fassade noch um das kleinste Übel. Auf dem Boden des einst eleganten Vorhofs lagen zerbrochene Dachziegel, mehrere Fensterläden waren aus den Angeln
    gefallen und offenbarten gesprungene Scheiben. Bei der vornehm geschwungenen
    Marmortreppe, die zum Eingang hinaufführte, war sogar eine Stufe eingebrochen.
    Wenn es schon von außen so aussieht, in welchem Zustand sind dann wohl die Zimmer?,
    fragte sich Ella mit einem mulmigen Gefühl im Bauch. Laut sagte sie hingegen: »Wenn ich diesen Verwalter in die Finger bekommen, den Sören engagiert hat, werde ich den Vertrag vor seinen Augen in Schnipsel zerreißen. Dieser Pfuscher!«
    Wenigstens passte der Schlüssel, den ihr Vater ihr überlassen hatte, und als Ella die Eingangshalle betrat, erschien ihr alles so, wie sie es in Erinnerung hatte, einmal davon abgesehen, dass die Möbel fehlten. Die lagerten seit Tante Wilhelmines Tod nämlich ein – bis auf einige Erinnerungsstücke, die in der Familie verteilt worden waren. Bevor Ella sieanliefern ließ, musste sie erst einmal kräftig den Wischmopp schwingen. Der Marmorboden mit seinen kunstvollen Intarsien lag unter einer dicken Staubschicht und vertrockneten Blättern, die der letzte Herbst wohl durch eins der kaputten Fenster hineingeweht hatte. In einigen Ecken entdeckte Ella ein paar dunkle Häufchen, von denen sie lieber nicht so genau wissen wollte, um was es sich handelte. Auf ihrem geistigen Notizzettel vermerkte sie jedoch rasch die Anschaffung einer Katze, oder besser noch von zweien.
    Gerade als Ella überlegte, ob sie zuerst die obere Etage inspizieren oder doch lieber den alten Salon mit dem angrenzenden Musikzimmer aufsuchen sollte, hörte sie draußenSchritte auf der Marmortreppe. Dann wurde die Eingangstüraufgestoßen.
    Sören, schoss es Ella durch den Kopf. Das wurde langsam aber auch Zeit!
    Doch anstelle des gestylten Schopfes ihres Bruders kam etwas Schwarzes und Glitzerndes zum Vorschein. Ein Geschöpf, von dem man nicht wirklich sagen konnte, ob es ein schmaler Junge oder ein Mädchen oder irgendwas dazwischen war. Und das lag nicht nur an den
    Unmengen von schwarzem Eyeliner und den Silberpartikeln in dem ebenfalls schwarzen
    Haar, dessen kurzer Pony zu sorgfältigen Zacken geformt war. In Sydney rannten die Kids zwar auch in den verrücktesten Aufmachungen herum, aber hier in Großtante Wilhelmines Jugendstilvilla war das etwas vollkommen anderes.
    Ella ertappte sich dabei, wie ihre Finger nach dem Auslöser der Kamera tasteten.
    Zumindest funktionierte ihr Instinktfür besondere Motive wieder.
    »Sag bloß, du hast dein ganzes Zeug allein über den Zaun gehievt?«, fragte das Geschöpf mit einer heiseren Jungenstimme.
    Womit wenigstens die Frage nach dem Geschlecht geklärtwar. Auf dem T-Shirt des Jungen prangte die Schwarz-Weiß-Abbildung einer nackten, gefesselten
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