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Einladung zur Hochzeit

Einladung zur Hochzeit

Titel: Einladung zur Hochzeit
Autoren: Penny Jordan
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1. KAPITEL
    „Mum …”
    Abbie Collins blickte stirnrunzelnd von ihren Unterlagen auf, als die Stimme ihrer zweiundzwanzigjährigen Tochter sie aus ihren Gedanken riß. Sie hatte ihrem Buchhalter versprochen, ihm die Geschäftsbücher bis zum Ende der Woche zuzuschicken. Doch seit ihre Tochter und deren Freund am vorigen Wochenende ihre Verlobung bekanntgegeben hatten, war so viel passiert, daß sie nun mit ihrer Arbeit im Rückstand war. Natürlich machte es Abbie nichts aus, von Cathy gestört zu werden, denn sie hatte schon immer eine sehr enge Beziehung zu ihr gehabt – zu eng, wie manche Leute gelegentlich behaupteten.
    „Du wirst es nicht glauben.” Cathy setzte sich auf die Schreibtischecke und ließ die langen Beine baumeln, die vom Sommerurlaub noch immer gebräunt waren.
    Die Leute bemerkten oft, wie wenig Cathy und sie einander ähnelten. Sie, Abbie, war knapp einen Meter sechzig groß, grazil und strahlte eine Verletzlichkeit aus, die auf Männer besonders anziehend wirkte. Um so beleidigter reagierten die Männer dann, wenn sie ihnen klarmachte, daß es ihr fernlag, das hilflose Weibchen zu spielen. Sie hatte langes, glattes blondes Haar, blaugrüne Augen und wirkte mit ihren dreiundvierzig Jahren zehn Jahre jünger. Allerdings machte sie genausowenig einen Hehl aus ihrem Alter wie aus der Tatsache, daß sie eine erwachsene Tochter hatte.
    Cathy hatte zwar ihre blaugrünen Augen geerbt, war jedoch groß und kräftig und hatte eine braune Lockenmähne. Als Kind war sie ein wenig tolpatschig gewesen und hatte sich eine Zeitlang gewünscht, wie ihre Mutter zu sein. Doch sobald sie, Abbie, es gemerkt hatte, hatte sie alles darangesetzt, daß Cathy sich so akzeptierte, wie sie war.
    „Ich sehe aus wie Dad”, hatte Cathy protestiert. „Das hast du selbst gesagt.” Sie, Abbie, erinnerte sich daran, daß es tatsächlich der Fall gewesen war und wie fassungslos sie gewesen war, als Cathy erklärt hatte, für sie sei es, als habe sie nie einen Vater gehabt, weil sie noch nie ein Foto von ihm gesehen habe. Daraufhin hatte sie ihr die wenigen Fotos gezeigt, die sie nicht zerrissen hatte, und es war ihr schwergefallen, sie zu betrachten, weil sie sofort wieder quälende Erinnerungen weckten.
    „Außerdem hast du gesagt, daß er gemein war und du ihn gehaßt hast …” fügte Cathy hinzu.
    „Aber du bist nicht gemein, und ich hasse dich nicht”, tröstete Abbie sie und nahm sie in den Arm. „Ich liebe dich. Du ähnelst zwar deinem Vater, bist jedoch ein anderer Mensch, und wenn du erwachsen bist, wirst du froh darüber sein, daß du so groß bist.”
    „Aber in der Schule nennen sie mich Bohnenstange”, sagte Cathy unter Tränen.
    „Mich haben sie in der Schule Zwerg genannt”, hatte Abbie erklärt. „Aber es spielt keine Rolle, was die anderen sagen oder denken, mein Schatz. Entscheidend ist, was du denkst, und später einmal wirst du froh darüber sein, daß du so bist, wie du bist …”
    Und ihre Mutter hatte recht gehabt, das war Cathy mittlerweile klar. Ihre Mutter hatte eigentlich immer recht … fast immer. Es gab Dinge …
    Schnell verdrängte Cathy diesen Gedanken und fragte sich, wie ihre Mutter wohl auf das, was sie ihr sagen wollte, reagieren würde. Als Stuart und sie ihr erzählt hatten, sie hätten sich verlobt, hatte ihre Mutter phantastisch reagiert und lediglich darauf bestanden, ihre Aufgaben als Mutter der zukünftigen Braut wahrnehmen zu dürfen.
    Stuart war damit mehr als einverstanden gewesen, denn er kam aus einer großen Familie und wollte die Hochzeit im großen Stil feiern.
    Und trotz ihrer unglücklichen Ehe hatte ihre Mutter ihr nie nahegelegt, nicht zu heiraten. Allerdings hätte es auch nichts genützt, denn bei Stuart und ihr, Cathy, war es Liebe auf den ersten Blick gewesen.
    „Was ist los?” Abbie schob ihre Unterlagen beiseite und wandte sich ihr zu.
    „Ich glaube … ich glaube …” Cathy senkte den Blick und begann nervös, mit ihren Schnürsenkeln zu spielen. „Ich glaube, ich …”
    „Ja, was glaubst du?”
    „Ich glaube, ich habe Daddy heute gesehen …” Schließlich blickte Cathy sie wieder an.
    Abbie war, als hätte man ihr einen Schlag versetzt, und es dauerte eine Weile, bis sie sich von dem Schock erholt hatte. „Du hast recht”, erwiderte sie ausdruckslos, „ich glaube dir nicht. Du kannst deinen Vater unmöglich gesehen haben”, fügte sie hinzu, als Cathy sich auf die Lippe biß. „Dein Vater lebt in Australien. Er ist ausgewandert,
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