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Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter

Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter

Titel: Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter
Autoren: Tanja Heitmann
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ausreichend zu sehen. Um nicht wie ein kleiner Junge zu wirken, hatte Ella ihr Haar bis zum Schlüsselbein wachsen lassen. Eine Original-Patti-Smith-Frisur hatte ihre Mutter Selma diesen unspektakulären Schnitt genannt. So gern Ella ihre Mutter auch hatte, wenn es um Modefragen ging, gehörte die Dreiundvierzigjährige zur Fraktion »Hauptsache, es zwickt nix«, und somit bedeutete der Vergleich nicht unbedingt was Gutes. Also hatte Ella Patti Smith erst einmal gegoogelt, bevor sie sich über das Kompliment freute … und anschließend gleich den schwarzen Lidstrich der Sängerin mit übernommen. Ihre Haarfarbe, die sie von ihrer Mom geerbt hatte, mochte sie ganz gern, ein Hellbraun, in das das Sonnenlicht
    gelegentlich goldene Sprenkel warf – aber nur wenn man sehr genau hinsah. Leider ging ihre Rechnung nicht auf, denn trotz aller Bemühungen hielten sie die meisten Menschen für ein Mädel, das noch irgendwo in der Pubertät feststeckte. Ein Küken mit Flausen im Kopf. Kein Wunder, dass sie mit ihrem Job als freie Fotografin überall auf sorgenvolle Gesichter stieß.
    Das unerwartete Anhalten des Taxis riss Ella aus ihren Gedanken.
    Der Fahrer drehte sich im Sitz zu ihr um und schaute nachdenklich drein. »Sind Sie sich mit der Adresse sicher? Der Kasten da sieht ziemlich verlassen aus.«
    Mit dem »Kasten« meinte er Tante Wilhelmines Jugendstilvilla anno 1912, die sich hinter einem mit Efeu berankten Schmiedezaun erhob.
    »Gleich wird es hier nicht mehr verlassen aussehen, weil ich nämlich in diese Perle
    sandfernscher Architektur einziehen werde«, hielt Ella gut gelaunt dagegen. Sie war vielzu glücklich darüber, endlich am Ziel angekommen zusein, als dass sie sich von einem
    enttäuschten Taxifahrer den Augenblick ruinieren ließ. Voller Schwung stieg sie aus, stapelte ihr Gepäck auf dem Gehweg zu einem Haufen und sah zu, dass sie den weiterhin
    skeptischen Mann loswurde, der ihr noch rasch seine Visitenkarte in die Hand drückte.
    »Da steht meine Nummer drauf, für den Fall, dass sich das mit der Bruchbude als
    Schnapsidee herausstellen sollte. Dann fahre ich Sie in ein nettes Hotel mit Blick auf die Ozeandampfer unten am Hafen. Mit dem halben Haushalt, den Sie
    da mit sich
    herumschleppen, schaffen Sie es ja wohl kaum zu Fuß den Hügel runter. Und Taxistände gibt es hier oben nicht. Einen Supermarkt übrigens auch nicht, und einen Imbiss …«
    »Ja, ja, vielen herzlichen Dank. Das ist wirklich supernett von Ihnen. Falls ich mal wieder ein Taxi brauche, rufe ich bei Ihnen durch. Also, dann auf Wiedersehen!«
    Ella hob ihre Kamera an. Eigentlich hatte sie geplant, ihre Rückkehr nach Sandfern vom ersten Moment an zu dokumentieren. Nachdem jedoch alles so ganz anders verlaufen war als erwartet, bekam sie erst jetzt die Gelegenheit, einige Aufnahmen von ihrem neuen Leben zu machen.
    Während der Taxifahrer seinen Wagen auf der Allee wendete, suchte Ella nach der
    richtigen Position vor dem schmiedeeisernen, geschlossenen Tor. Hier war wirklich schon lange niemand mehr durchgegangen, wie die üppig wuchernden Efeuranken bewiesen. Fast fühlte Ella sich wieder Prinz in Dornröschen. Und die Prinzessin ist Tante Wilhelmines Villa höchstpersönlich, die ich nach zehn Jahren des Schlafs nun wachküssen werde, dachte sie übermütig, während sie mehrmals hintereinander auf den Auslöser der Kamera drückte.
    Der Vergleich mit der schlafenden Schönheit war durchaus angebracht, da es ihr nicht gelang, das Tor aufzustoßen, obwohl sie kräftig daran rüttelte. Nachdem Ella büschelweise Efeuranken abgerissen hatte, erkannte sie, dass sich das Tor abgesenkt hatte. Das schwere Teil war im Boden verkantet und scherte sich wenig um ihre Bemühung, es aus
    der
    entstandenen Furche zu hieven.
    »Fein«, sagte Ella, die bei ihren Bemühungen außer Puste geraten war und sich auf die Oberschenkel stützte. »Ich nehme das jetzt nicht als schlechtes Omen, sondern als
    Einladung durch die Hintertür.«
    Trotzdem schimpfte sie leise vor sich hin, als sie mit ihrem Gepäck das beachtliche
    Grundstück umrundete, bis sie die schmale Pforte fand, die in den Garten führte. Sich nervös über die Lippen leckend, griff sie nach der Klinke, die die Form einer stilisierten Ranke hatte.
    »Lass mich ein«, flüsterte Ella beschwörend, dann erst drückte sie die Klinke herunter. Das Schloss gab ein knarzendes Geräusch von sich, und die verrosteten Scharniere leisteten kurz Widerstand, dann öffnete sich die Pforte.
    Ella
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