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Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)

Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)

Titel: Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)
Autoren: Jim C. Hines
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ergoss. Sie sollte gehen. Danielle und Talia suchen.
    Bei dem Gedanken zuckte sie zusammen. Danielle würde ihr verzeihen, dass sie nicht bei Bea gewesen war, aber bei Talia sah die Sache anders aus. Talia war wütend und verletzt. Sie hatte Beatrice lange gekannt, fast so lange wie Schnee.
    »Du bist jetzt in Sicherheit« , hatte Beatrice auf jener ersten Reise nach Lorindar gesagt. Schnee war mitten in der Nacht aus einem Albtraum aufgewacht und hatte so laut geschrien, dass sie die halbe Mannschaft aufgeweckt hatte. Der Gestank nach brennendem Fleisch war so real gewesen. Sie hatte geglaubt, wieder daheim in Allesandria zu sein und ihren Zweikampf mit ihrer Mutter noch einmal zu durchleben. Beatrice hatte sie festgehalten, hatte ihr mit den Fingern durchs Haar gestrichen und dabei sanft geflüstert: »Ich werde mich um dich kümmern.«
    Schnee schleuderte die Kerze fort. Sie brach in Stücke, heißes Wachs spritzte auf die Steinwand.
    Eine lange Zeit starrte sie die Wachsbrocken an. Es gab noch andere Zauber. Zauber, die ihre Mutter gekannt hatte, Magie, an der Schnee sich nie versucht hatte. Langsam griff sie nach unten und hob das größte Stück Wachs vom Boden auf.
    Sie drückte das Wachs direkt auf die Spiegelfläche und zog einen einfachen Kreis, dann korrigierte sie ihren Griff und skizzierte mit einem Ende die detaillierteren Symbole des Bindens. Schnell nahm ein abgewandelter Beschwörungskreis auf dem Glas Form an. Sie vollendete die letzten Schriftzeichen, indem sie Beatrices Namen in die Runen einarbeitete, und warf das Wachs beiseite.
    »Spiegel, Spiegel, lass dich beschwören, lass Königin Bea meinen Aufruf hören. Suche sie, wo sie auch sein mag, und finde sie an diesem schweren Tag.« Die Worte sprudelten aus ihr heraus, ohne dass sie nachdenken musste. Der Spiegel veränderte sich und zeigte erneut Königin Beatrices leblosen Körper. Armand und Danielle knieten gemeinsam an ihrer Seite; Letztere ließ ihren Tränen freien Lauf.
    Schnee blickte finster drein und drängte an dem Bild vorbei. Das war doch nur der Körper! Wo steckte Beatrices Seele?
    Licht, hell wie die Sonne, erfüllte den Spiegel. Schnee blinzelte, weigerte sich, den Blick abzuwenden. Das Licht breitete sich in der Bibliothek aus. Sie hatte das Gefühl, ins Glas zu fallen.
    Sie hielt sich mit beiden Händen am Spiegelrahmen fest. Nebelstreifen waberten aus dem Glas heraus. Angestrengt schaute sie ins Licht und versuchte zu erkennen, was dahinter lag, versuchte, Beatrices Seele zu folgen, wohin auch immer sie gegangen sein mochte.
    Noch nie hatte der Spiegel so leicht auf ihren Willen angesprochen. Sie kam sich vor, als flöge sie durch den Himmel. In Schnees Händen konnte der Spiegel das Firmament selbst durchbohren, falls das nötig sein sollte, um Beatrice zu finden.
    Schweiß ließ ihre Hände rutschig werden. Sie packte fester zu, bis sie Krämpfe in den Fingern bekam. Die Wachsrunen fingen an, vom Glas abzublättern.
    Sie waren nicht mehr von Bedeutung. Die Reflexion der Runen verblieb im Spiegel, und ihre Macht ergoss sich in die Verfolgung der Königin.
    Schnee blinzelte, um ihre Sicht von Tränen zu befreien. Ihr Blut hämmerte von innen auf ihren Schädel ein, als wollte es ihn mit aller Gewalt sprengen. Ihr Körper fühlte sich taub an, und sie klammerte sich an den Spiegel, um nicht hinzufallen. Durch die Schmerzen staunte ein Teil von ihr darüber, was der Spiegel getan hatte, dass er auf der Jagd nach der Toten so weit hinausgereicht hatte. Wenn sie doch nur über das Licht hinaussehen könnte!
    »Komm zurück zu uns, Bea!« Stille schluckte ihre Worte. Schnee war sich nicht einmal sicher, ob sie laut gesprochen hatte. Sie konnte die Bibliothek um sich herum nicht länger erkennen. Es existierte nichts außer dem Licht und dem Ort auf der anderen Seite, dem Ort, zu dem Beatrices Geist gegangen war.
    Der erste Riss verursachte kein Geräusch. Mit den Händen, die den Rahmen umkrampften, spürte sie, wie das Glas sich fast unmerklich bewegte. Hinter ihren Augen explodierte der Schmerz, als sie versuchte, den Blick nicht auf das Licht, sondern auf die Spiegelfläche zu richten, wo jetzt eine weiße Linie einen Bogen quer über die Mitte des Glases beschrieb.
    Beatrice war da! Sie war so nah! Schnee konnte den Druck von der anderen Seite des Spiegels fühlen, als ob Bea darauf drängte, wieder in diese Welt zu fliehen.
    Ein weiterer Riss bildete sich in der Mitte des Spiegels und zog eine Kurve nach rechts oben, sodass
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