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Daemmerung ueber der See

Daemmerung ueber der See

Titel: Daemmerung ueber der See
Autoren: Alexander Kent
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sah, daß sich ein paar Köpfe zu Alldays massiger Gestalt drehten. »Viele von euch sind gegen euren Willen aus euren Häusern, Dörfern oder von ehrlichen Handelsschiffen in dieses Leben geworfen worden, das noch nie ein einfaches war. Aber wir dürfen uns nie der Tyrannei beugen, ganz gleich, wie schwer es uns fällt, den Wert unseres Opfers einzuschätzen, sogar wenn es im Namen des Königs und des Vaterlands erfolgt.« Er hatte jetzt ihre volle Aufmerksamkeit. Einige der Deckoffiziere oder der alten Seeleute mochten denken, daß sie, hätten sie diese Äußerungen im Messedeck oder in der Kaserne gemacht, der Vorwurf des Hochverrats getroffen hätte.
    »Viele von euch werden denken, daß England unendlich weit entfernt ist.« Er blickte sie fest an, weil er wollte, daß sie ihn richtig verstanden. »Nur weil ich mit zwei glänzenden Sternen und einer Flagge im Vortopp stehe, müßt ihr nicht glauben, daß ich anders fühle. Ich vermisse mein Haus und die Frau, die ich liebe. Aber ohne uns und unseren Sieg werden unsere Lieben, wird unsere Heimat verloren sein!«
    Avery sah, daß sich seine Hände um die Reling klammerten, bis die gebräunte Haut weiß war. Was immer passieren würde, er wußte, daß er diesen Augenblick nie vergessen würde. Er dachte an Stephen Jenour und verstand jetzt besser als je zuvor, warum der diesen Mann geliebt hatte.
    Bolitho fuhr so leise fort, daß die Männer ihre Kameraden nach vorne drängten, um ihn zu verstehen: »Dieses Schiff da, das unseren Kurs blockiert, befindet sich nicht im Krieg mit uns, aber jede Flagge, die gehißt wird, um unseren Feind zu unterstützen, ist auch unser Feind! Sobald wir kämpfen, denkt nicht länger an die Gründe und die Gerechtigkeit der Dinge. So hält es jedenfalls mein Bootssteuerer.« Er vermutete, daß Allday hinter ihm grinste, und sah, daß einige der Matrosen lächelten. »Denkt an eure Kameraden und das Schiff, das uns trägt! Wollte ihr das für mich tun, Jungs?«
    Er wandte sich ab, den Hut gelüftet, als die Hochrufe über das Schiff donnerten.
    Allday sah den Schmerz in seinen Augen, doch als er sich an Trevenen wandte, war seine Stimme schneidend kalt: »Sehen Sie, Kapitän, was die Leute wollen ist Führung, keine blutigen Rücken, die nur Sie befriedigen!«
    Er drehte sich wieder um und sah auf die Seeleute, die in Gruppen wieder auf ihre Gefechtsstationen liefen.
    Leutnant Urquhart sagte mit leuchtenden Augen: »Sie werden Ihnen jetzt bis in die Hölle folgen, Sir!«
    Bolitho erwiderte nichts. Urquhart hatte nichts begriffen. Keiner hatte ihn verstanden. Er hatte diese Männer betrogen, genau wie er es bei Jenour getan hatte, als er ihm sein eigenes Kommando verschafft hatte.
    Als er wieder sprach, war er überrascht, wie ruhig seine Stimme klang: »Sie können laden lassen, Kapitän, aber lassen Sie nicht ausrennen.« Trevenen berührte seinen Hut, die Augen rot vor Anstrengung und Hoffnungslosigkeit. »Mr. Avery, halten Sie zusätzliche Kriegsflaggen bereit! Die Flagge muß wehen, was auch immer passiert!« Dann murmelte er vor sich hin: »Dieser Gedanke, daß Kapitän Beer meinen Bruder gekannt hat. Manchmal denke ich, daß ich ihn nie gekannt habe.«
    Bolitho stand entspannt in der Nähe des Ruders und schaute über die Leutnants und Deckoffiziere, die sich versammelt hatten. Junge Gesichter, gespannte Gesichter. Die Deckoffiziere waren Profis und hatten Seeschlachten auf vielen Schiffen erlebt, doch außer Urquhart und natürlich Avery hatten die Leutnants diese Erfahrung nicht.
    Er erinnerte sich an die wilden, tollkühnen Zeiten, wenn er in ein Gefecht gesegelt war, manchmal mit Trommelwirbel und Flötenspiel, um den Streß des Wartens abzumildern. So war es an diesem Morgen nicht.
    Der Wind hatte etwas aufgefrischt, so daß jedes Segel voll stand, aber die lange Dünung zeigte noch keine Störungen. Ein paar Möwen und andere Seevögel kreisten völlig unberührt vom Schicksal des Schiffes unter ihnen um die Maststangen.
    Sobald er seinen Kopf leicht herumdrehte, konnte Bolitho die anderen Schiffe sehen, überwiegend Briggs und Brigantinen, in der Mitte die
Unity
wie eine Festung.
    »Wir bleiben auf diesem konvergierenden Kurs. Der Kapitän der
Unity
wird annehmen, daß wir vor ihm durch seine Schäfchen stoßen wollen. Wenn wir nahe genug herankommen, ohne ein paar Breitseiten einzustecken, beabsichtige ich, im letzten Augenblick Kurs zu ändern und hinter ihm durchzulaufen. Es wird knapp werden, aber es ist der einzige
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