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Daddy Uncool

Titel: Daddy Uncool
Autoren: Greg Williams
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ungekühltes Sainsbury’s Lager. Rory wischte den Staub von der Verpackung und betrachtete die Flaschen.
    »Da sind sie«, sagte er, als würde er ein Auto oder eine Jacht anpreisen.
    Das veränderte meine Sicht von Rory beträchtlich. Es war eine Schande: Bier, das so lange in der Garage eines Mannes herumstand, dass es über und über mit Staub bedeckt war. Wollte er es reifen lassen wie einen guten Bordeaux, oder plante er eine Ausstellung mit dem Titel Das traurigste Bier der Welt ? Mir lag auf
der Zunge, Rory zu fragen, was er sich dabei gedacht hatte.
    Aber ich tat es nicht.
    »Danke, mein Freund«, sagte ich, ging um Rorys und Sues Haus herum zu meinem eigenen Stück Vorort und schnappte mir wieder meinen Driver.
    Ich packte das Bier ins Kühlfach, aber erst, nachdem ich eins geöffnet und etwas davon getrunken hatte. Mmmmmmm … köstliches, dünnes, warmes Bier. Inzwischen war es zu kühl geworden, um wieder nach draußen zu gehen und Golf zu spielen. Meine nächste Übung war: Freitagnacht im eigenen Heim. Als ich damals herausgefunden hatte, dass der Betriebsausflug nach Zypern gehen sollte - ein nicht enden wollender Fünfstundenflug von London -, hatte ich mir einen extrem teuren schnurlosen Kopfhörer gegönnt, der in der Lage war, jedes Geräusch zu überdecken, auch das trostlose Gerede von Barry aus der Personalabteilung.
    Und als ich im Flieger nach Zypern saß, hörte ich (was Barry aus der Personalabteilung nicht vermutet hätte) weder einen BBC-Podcast noch U2. Ich lauschte auch keinem Fremdsprachenlernprogramm. Meine Vorliebe galt dem Hip-Hop der späten Achtziger. Während Barry in einem Duty-free-Prospekt blätterte und dabei versuchte, einer Hostess unter den Rock zu sehen, rappte ich gerade mit dem unnachahmlichen Biz Markie.
    »Whether I’m in Connecticut or D.C.«, sagte ich vor mich hin, während ich nach dem Kopfhörer suchte. »I make I make a party cook like Chef Boy-ar-Dee.«
    Eigentlich war es ja gar nicht so schlimm, dass der
Chefbuchhalter eines Mittelklassereisebüros total auf Rap stand. Schließlich war ich ein leicht zu beeinflussender Teenager gewesen, als Mitte der Achtziger die Hip-Hop-Welle das UK traf, und obwohl ich inzwischen auf der Schwelle zum mittleren Alter stand (ganz zu schweigen von der beruflichen Mittelmäßigkeit), habe ich viele der Beats und Rhythmen nie vergessen, die ich lernte, während ich etliche Clearasil-Flaschen leerte und darüber nachdachte, wie ich Melanie Sarfraz dazu bringen könnte, mir Samstagabend in der letzten Reihe des Odeons einen zu blasen.
    Wenn ich meine Augen schloss und mich konzentrierte, fand ich mich auf der Bühne wieder, inmitten der Hitze und des Schweißes der Menge. Ich fantasierte noch eine Weile weiter. Nach ein paar Stücken - Eric B and Rakim, Stetasonic, Marly Marl, LL Coll J, The Juice Crew, Big Daddy Kane - kam ich auf den Boden zurück. Heute Nacht warf Alex Taylor - Mittelklasse, mittleres Einkommen, mittleres Management - Bomben.
    ’Cos I don’t like to dream about getting paid
    So I dig into the books of rhymes that I made
    To now test to see if I got pull
    Hit the studio,’cos I’m paid in full …
    WHHAAAAAAAAA!!!!!!!
    Die Berührung an meiner Schulter ließ mein Herz vor Schreck fast aus dem Käfig der Rippen springen. Ich drehte mich um, um zu sehen, wer hinter mir war. Ich rechnete mit dem Schlimmsten …
    Eben noch war ich dabei, die Kids in Bed Stuy zu beeindrucken, im nächsten Moment war ich ein betrunkener
weißer Mann Ende dreißig in seinem Vorortwohnzimmer, in einem Haus, das der Bank gehörte. Ich starrte meine Frau an, die unsicher auf den Beinen vor mir stand. Da war etwas Nuttiges in ihren Augen.
    Ich zog den Kopfhörer herunter. Ein schwaches Klingeln hallte in meinen Ohren nach.
    »Was tust du?«, nuschelte Amanda. Sie roch nach Alkohol und Zigaretten. Im Unterschied zu den Kühlschranknachrichten war das die Voraussetzung für unsere beste Kommunikationsform.
    »Ich habe Musik gehört«, antwortete ich.
    »Und was soll das hier?«, fragte Amanda und ahmte meine Mittachtziger-MC-Stil-Bewegungen nach - wie ich mit den Händen gestikulierte und die Arme in B-Boy-Manier um mich selbst schlang.
    Gott sei Dank hatte ich nicht meine Electric Boogaloo Moves gemacht.
    Wir konnten beide die Musik hören - eine dünne, blecherne Version der dröhnenden Bässe, denen ich noch vor Kurzem lauschte. Ich beugte mich vor, schaltete den iPod aus und legte den Kopfhörer auf den Tisch neben die leeren
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