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… da war'n es nur noch drei - Disconnected ; 1

… da war'n es nur noch drei - Disconnected ; 1

Titel: … da war'n es nur noch drei - Disconnected ; 1
Autoren: Franckh-Kosmos-Verlags-GmbH und Co. <Stuttgart>
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Vater werden“, sagt Jonathan und trinkt von seinem Bier. „Er hat all seine journalistischen Grundsätze an den Nagel gehängt.“
    „Nur weil er für die B.T. schreibt?“, frage ich überrascht. Jonathan hat seinen Vater immer übertrieben bewundert. Als wir noch jünger waren, hieß es in der Schule ständig: „Mein Vater sagt dies, mein Vater macht das ...“ Man hätte fast meinen können, Lars hätte Amerika entdeckt, die Polioimpfung erfunden und als erster Mensch den Mond betreten.
    „Man kann ihn einfach nicht ernst nehmen“, antwortet Jonathan. „Er schreibt sowieso nur, was die Chefs ihm diktieren.“
    „Ist das denn so schlimm?“
    „Faul ist er außerdem auch noch geworden“, fährt Jonathan fort.
    „Er kann die krasseste Geschichte direkt vor der Nase haben, aber wenn es nichts ist, was er im Netz recherchieren kann, hat er keine Lust mehr, dem Ganzen noch weiter nachzugehen. Guter Journalismus erfordert aber nun mal, dass man seinen Arsch vom Schreibtisch wegbewegt.“
    So hat Jonathan noch nie über seinen Vater gesprochen. Er sieht mich herausfordernd an, aber ich beschließe, lieber den Mund zu halten. Jeder hat das Recht, seine Eltern zu dissen. Nur hat Jonathan das früher nie gemacht.
    Dann ist es wieder da. Das Schweigen. Wir hocken um den Tisch wie die Ecken eines Dreiecks. In unserem Fall ein gleichseitiges Dreieck, dessen Spitze Jonathan ist. Das war er schon immer. Drei kurze Piepstöne durchbrechen die Stille, mitten im Dreieck ist jetzt eine SMS auf dem Handy angekommen. Jonathan bewegt seinen Arm, aber Nick ist schneller. Das war er nämlich schon immer.
    „Hey, eine neue Nachricht aus der Unterwelt!“
    „Gib mein Handy her!“
    „‚Jetzt lesen‘? Aber gerne doch, vielleicht ist es eine SMS von einer Schule, die dringend ein paar neue Klos bräuchte?“
    „Nick, ich warne dich!“
    Jonathans langer Körper krümmt sich auf dem Stuhl wie ein Tier, das gleich zum Angriff übergeht. Doch das Drohmittel, das Nick aufhalten könnte, ist noch nicht erfunden. Er grinst unverschämt und richtet seinen Blick auf das Display.
    Ich kann gerade noch rechtzeitig mein Bier wegziehen.
    Jonathan springt auf wie eine Feder, mit der einen Hand packt er Nick am Nacken, mit der anderen biegt er dessen Hand so weit zurück, bis das Handy auf den Boden fällt.
    „Das machst du nicht noch mal!“
    „Jetzt reg dich ab! Das war doch nur Spaß.“
    Jonathan hebt das Handy auf und verschwindet auf der Toilette. Mark wirft uns vom Tresen aus einen verwunderten Blick zu. War wohl doch kein Spaß.

Nick und Jonathan haben wie gewohnt keine Probleme irgendwo reinzukommen, doch ich gerate gleich in einer der ersten Bars ins Visier des Türstehers, und plötzlich soll ich meinen Ausweis zeigen. Toll. Da fühlt man sich natürlich großartig. Letzten Sommer war es schon genauso: Ich bin der Einzige von uns dreien, der nicht als achtzehn durchgeht. Als wir endlich eine Bar finden, die mir Einlass gewährt, bin ich so deprimiert, dass ich viel zu schnell drei Gin Tonics in mich reinkippe, obwohl ich das Zeug nicht einmal besonders mag. Nick ist gerade am Tresen damit beschäftigt, irgendeine rothaarige Gans anzubaggern, während ich neben Jonathan sitze, der ungefähr so viel Partystimmung verbreitet wie eine Nonne an Karfreitag. Vor zehn Minuten kamen zwei Mädels und setzten sich zu uns an den Tisch. Als sie herausfanden, dass Jonathan in seinem Leben keinen Bedarf für sie sah, verschwanden sie ziemlich schnell wieder. Ich versuchte noch, mich mit einem schlichten „Na, wo kommt ihr denn her?“ ins Gespräch einzubringen, bekam aber gar nicht erst eine Antwort. Dann verließen sie unseren Tisch, und Jonathan ging auf die Toilette.
    Was für ein grandioser Abend. Ich bin breit und muss schon in zwei Stunden arbeiten. Es wäre nicht das erste Mal, dass ich mit hohem Promillegehalt die Treppenhäuser rauf- und runterrenne. Es wäre auch nicht das erste Mal, dass mein Chef meinen Zustand bemerkt und mich zusammenstaucht, wenn er mir die Zeitungen übergibt.
    Jonathan kehrt an den Tisch zurück und nimmt seine Jacke. „Ich hau ab.“
    „Jetzt schon? Es ist nicht mal elf!“
    „Ich hab doch gesagt, dass ich früh gehen will. Musst du nicht zur Arbeit?“
    „Doch, aber wo liegt das Problem?“
    „Nirgends. Bis demnächst.“
    Und weg ist er. Sein weißblonder Haarschopf verschwindet in der Menschenmenge, gefolgt von den langen Blicken der beiden Mädchen, die inzwischen an einen Tisch neben der Tür
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