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Da muss man durch

Titel: Da muss man durch
Autoren: Hans Rath
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haben alle Behörden abgeklappert. Alle Polizeidienststellen. Wir suchen schon seit fast
     einem Monat nach euch. Aber ihr wart nicht aufzufinden. Bis gestern.»
    Schamski wendet sich zu Bronko und mir. «Wir gehen ein Stück spazieren. Möchtet ihr vielleicht dahinten auf uns warten?» Er
     deutet mit dem Kopf in Richtung eines kleinen Cafés.
    Wir nicken und wollen uns rasch davonmachen, um das Versöhnungstreffen nicht länger zu stören.
    «Moment noch», sagt Melissa, zieht aus ihrer Umhängetasche einen Brief hervor und reicht ihn Bronko. «Für dich.»
    «Gute Nachrichten?», frage ich wenig später, nippe an einem starken Kaffee und genieße die Sonne.
    Bronko runzelt die Stirn, legt den Brief zur Seite. «Ja, sogar sehr gute Nachrichten. Ich kann es kaum glauben.»
    «Mach’s nicht so spannend», sage ich.
    Bronko reicht mir den Brief. Er stammt von einem |253| Schweizer Galeristen, der Bronkos Ausstellung in China gesehen hat. Der Kunstliebhaber offeriert ein Stipendium. Ein Jahr
     lang soll Bronko bei freier Kost und Logis in Zürich leben und sich ganz der Malerei widmen. Dem Schreiben liegt ein Scheck
     über fünfhundert Euro bei. Damit möge Bronko die Reisekosten begleichen.
    «Aber das ist doch großartig!», sage ich. «Gratuliere!»
    Bronko nickt. «Ja. Ich freu mich auch.» Er lässt seinen Blick über den malerischen Platz flattern und wirkt ein wenig melancholisch.
     «Andererseits hat das hier mit euch auch viel Spaß gemacht», sagt er.
    «Das ist jetzt sowieso vorbei», erwidere ich. «Schamski und Günther haben ihre Frauen zurück, du hast ein Stipendium. Wir
     werden uns in alle Winde verstreuen. Zumindest für eine Weile. Aber so ist das Leben.»
    Bronkos Blick flattert zurück, er sieht mir direkt in die Augen. «Und du? Was wirst du jetzt machen?»
    Fred schaut hoch und spitzt seine anderthalb Ohren. Meine Antwort scheint ihn ebenfalls zu interessieren.
    «Ich glaub, ich geh zurück nach Deutschland. Ich hab gehört, die haben da Jobs, für die man keine Spanischkenntnisse braucht.»
    Bronko muss grinsen.
    «Außerdem ist das hier nicht meine Welt. Ich mag die Sonne und das Meer, aber auf Dauer reicht mir das nicht, um glücklich
     zu sein.»
    «Und was brauchst du, um glücklich zu sein?», fragt Bronko.
    «Ich glaube, fürs Erste brauche ich das deutsche Sozialsystem.»

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    |254| Aha
    «Paul, mir wäre sehr geholfen, wenn du meine Zeitungen nicht immer nur lesen, sondern auch hin und wieder mal kaufen würdest.»
    «Sei nicht kindisch, Kostas. Du weißt genau, dass ich arbeitslos bin und kein Geld habe.»
    «Schon klar, aber ich bin Zeitschriftenhändler. Wenn es alle so machen wie du, bin ich auch bald arbeitslos.»
    Ich falte die Zeitung zusammen, lege sie zurück ins Regal und wende mich zum Tresen. Dort sitzt Kostas mit verschränkten
     Armen inmitten von Süßigkeiten, Ansichtskarten und Tabakwaren. Er ist eine Seele von Mensch, kaschiert das aber mit einem
     großen Schnurrbart, der dem kleinen Griechen ein grimmiges Aussehen verleiht.
    «Vielleicht musst du deine potenziellen Kunden einfach besser pflegen. Mir ist zum Beispiel heute noch kein Kaffee angeboten
     worden, damit ich mich in deinem Laden wohl fühle.»
    Kostas seufzt, erhebt sich und wendet sich zur Kaffeekanne.
    «Viel Milch und Zucker», sage ich.
    «Ich weiß», erwidert Kostas genervt und stellt mir die Tasse hin.
    Ich nippe. «Nächsten Monat zahle ich meine Schulden», verspreche ich und greife nach einem Paket, das ich eben |255| auf dem Tresen deponiert habe. «Mein bester Anzug, frisch aus der Reinigung. Gleich gehe ich zur Arbeitsagentur.»
    Kostas blickt erfreut auf das Paket. «Hört sich gut an. Aber ich dachte, da müsste man frühmorgens erscheinen.»
    Ich schüttele den Kopf. «Kurz vor Mittag halte ich für optimal. Der halbe Tag ist schon rum, und alle freuen sich auf die
     Pause.»
    Kostas verzieht skeptisch das Gesicht.
    «Ich dachte, du könntest mir vielleicht dein Auto leihen und ein paar Stunden auf Fred gucken, so bis um   …»
    «Kommt nicht in Frage», unterbricht Kostas. «Letztes Mal hab ich bis weit nach Ladenschluss auf dich gewartet und Ärger mit
     meiner Frau gekriegt.»
    «Dann nicht», sage ich leichthin. «Danke für den Kaffee.»
    Ich bin schon in der Tür, da murrt Kostas: «Du kannst Fred hierlassen. Den Wagen brauch ich aber heute selbst.»
    «Danke», sage ich und binde Freds Leine an die Heizung. Mein Hund lässt sich gemächlich davor nieder. Er kennt das
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