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Da muss man durch

Titel: Da muss man durch
Autoren: Hans Rath
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wie eine Horde besorgter Väter.
    «Wollen wir mal wieder?», frage ich, und Bronko nickt.
    Wir setzen die Pinguinköpfe auf und sind gerade im Begriff weiterzugehen, da rollt Santos’ blitzender Geländewagen auf die
     Promenade. Unser Boss erscheint.
    «Hey! Wart ihr nicht da vorn, als ich weggefahren bin?», ruft er und zeigt auf eine Stelle unweit unseres Standortes. «Habt
     ihr etwa in der letzten halben Stunde nur fünfzig Meter geschafft, oder was?»
    «Wir sind schon einmal da ganz hinten gewesen», rufe ich zurück und zeige mit einer Flosse ans Ende des Strandes.
    «Dann ist ja gut», erwidert Santos, greift zu seinem Handy, nimmt ein Gespräch an und wendet sich wieder seinem Geländewagen
     zu.
    «Arschloch», sagt Bronko leise und watschelt los.
    «Aber wirklich», ergänze ich und watschele hinterher.
    Wenn nur ein oder zwei Promotionjobs vergeben werden, was meistens der Fall ist, dann kümmern sich die anderen um Fred und
     um unser zweites Geschäftsfeld: die illegale Vermietung von Sonnenliegen. Mehr als vier Liegen bekommen wir zwar nicht in
     unseren Transporter, aber Schamski hat inzwischen weitere sechs Liegen an verschiedenen Stellen in Palma versteckt, wo sie
     morgens abgeholt und dann zum Strand gefahren werden. In unserem Rohbau stapeln sich weitere neunundzwanzig Liegen, die wir
     im Laufe der Wochen zusammengeklaut haben. Schamski bemüht sich offiziell um eine Konzession. Wenn wir die bekämen und lediglich
     ein, zwei Monate der laufenden |245| Saison mitnehmen könnten, wären damit locker ein paar tausend Euro zu verdienen.
    «Es sieht nicht schlecht aus», sagt Schamski, als wir auf dem Nachhauseweg sind. «Eigentlich müssten wir viel Schmiergeld
     im Voraus zahlen, aber ich hab einen Beamten gefunden, bei dem wir es vielleicht abstottern können. Er will sich meinen
     Vorschlag durch den Kopf gehen lassen.»
    Schamski greift in eine Plastiktüte, zieht eine Flasche Wein hervor. «Und deshalb habe ich uns zur Feier des heutigen Tages   …»
    «Was ist das?», unterbreche ich schockiert.
    Gerade bin ich in unsere Straße eingebogen. Vor unserem Haus steht ein Streifenwagen der Lokalpolizei. Daneben wird ein kleiner
     Lkw von einer Gruppe Arbeiter mit unseren Sonnenliegen beladen.
    Ich vermindere die Geschwindigkeit und bringe unseren Pkw am Straßenrand zum Stehen.
    «Dreh um», sagt Bronko geistesgegenwärtig. «Wenn sie uns mit den anderen Liegen erwischen, dann sind wir dran.»
    Einer der Polizisten schaut misstrauisch in unsere Richtung. Die Straße ist praktisch unbefahren, er fragt sich also wahrscheinlich,
     was wir hier zu suchen haben. Der Beamte sagt etwas zu seinem Kollegen, rückt die Mütze zurecht und kommt dann langsam auf
     uns zu.
    «Bronko hat recht», sagt Schamski. «Fahr los!»
    Ich werfe den Rückwärtsgang rein, wende rasch den Wagen und will durchstarten, da geht der Motor aus.
    «Stimmt. Ich wollte ja noch tanken», sagt Günther kleinlaut.
    Ich seufze, im nächsten Moment ist der Uniformierte bei uns angelangt. Er wirft einen Blick in den Wagen, sieht |246| die Sonnenliegen, tritt ein Stück zurück und legt dabei die Hand auf sein Pistolenholster. Dann bedeutet er uns, ganz langsam
     auszusteigen.
    Auf der Wache werden wir getrennt verhört. Wie sich später herausstellt, lässt sich jeder von uns ein anderes Märchen einfallen.
     Immerhin behaupten wir unisono, mit den Sonnenliegen im Rohbau nichts zu tun zu haben. Was die Liegen im Auto betrifft,
     so will Schamski sie auf einem Flohmarkt gekauft und ich sie auf dem Müll gefunden haben. Bronko hat sie angeblich von einem
     Unbekannten geschenkt bekommen, und bei Günther sollen sie der erste Preis in einer Tombola gewesen sein. Wann und wo diese
     stattgefunden haben soll, kann Günther ebenso wenig erklären wie den Umstand, dass er gleich vier Liegen gewonnen hat,
     obendrein vier unterschiedliche.
    Nach drei Stunden geben die genervten Beamten auf. Sie wissen, dass wir das Blaue vom mallorquinischen Himmel lügen, können
     uns aber im Moment nichts beweisen. Nebenbei will wahrscheinlich keiner unseretwegen Überstunden machen. So schwer wiegen
     unsere Missetaten dann auch wieder nicht, zumal ja die Sonnenliegen wieder da sind. Trotzdem sollen wir in einer Woche wieder
     vorstellig werden, denn bis dahin will man entscheiden, ob ein Verfahren gegen uns eröffnet wird. Bis dahin sollen wir uns
     hüten, auch nur ansatzweise mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten. Nachdem man unsere Personalien
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