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Da muss man durch

Titel: Da muss man durch
Autoren: Hans Rath
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Procedere
     bereits.
     
    Ich wohne in einer möblierten Dachkammer.
    Nach meiner Rückkehr stattete ich meinem ehemaligen Vermieter einen Besuch ab und bat ihn, mir irgendeines seiner unzähligen
     Objekte zwei Monate mietfrei zur Verfügung zu stellen.
    «Warum sollte ich das tun?», fragte er.
    «Weil ich Ihnen in den letzten Jahren sehr viel Geld für Miete bezahlt habe und Sie mir dafür nun einen kleinen Gefallen erweisen
     könnten.»
    «Aha. Und warum noch?»
    |256| «Na, weil es eine gute Tat ist!», ereiferte ich mich.
    «Ich komme also dafür in den Himmel?», meinte er belustigt.
    «Nein, das nicht. Aber man serviert Ihnen in der Hölle ein Erfrischungsgetränk, bevor man Sie ins Fegefeuer wirft.»
    Er grinste und rief dann seine Hausverwaltung an.
    Meine Bank zeigte sich weniger sportiv. Trotz langer Verhandlung bekam ich keinen Dispo. Kostas gab mir den Tipp, mich beim
     Großmarkt zu bewerben, seitdem schleppe ich dort hin und wieder stundenweise Kisten. Es läuft wie bei Santos auf Mallorca.
     Man erledigt den Job, kriegt seine Kohle und macht sich vom Acker.
    Die Agentur für Arbeit ist wesentlich größer, als ich gedacht habe. Noch in meiner Eigenschaft als Personalchef hatte ich
     die verrückte Idee, dass die Behörde dem Verlag Mitarbeiter vermitteln könnte. Da aber nie jemand auf meine vielen Mails
     und Briefe geantwortet hat, bin ich irgendwann zu der Überzeugung gelangt, dass die Agentur für Arbeit entweder nie besetzt
     ist oder aber überhaupt nicht existiert.
    Ich stehe am Empfang und warte darauf, dass eine Mitarbeiterin, die sich gerade einen Kaffee zubereitet, meine Anwesenheit
     registriert.
    «Ich bin gleich bei Ihnen», sagt sie, und fast im gleichen Moment wendet sie mir ihr Gesicht zu. Es ist Ellen Preez, unsere
     ehemalige Vorstandsassistentin. Das hätte mir schon eben auffallen können, denn sie trägt eines ihrer vielen mausgrauen Kostüme.
    «Oh. Guten Tag, Herr Dr.   Schuberth», sagt sie tonlos und wirkt verlegen.
    «Guten Tag, Frau Preez», erwidere ich und versuche die etwas klamme Situation zu überspielen, indem ich anfüge: |257| «Das ist ja eine Überraschung, Sie hier zu sehen. Wie geht es Ihnen?»
    «Gut, danke.» Sie lächelt unsicher. «Und Ihnen?»
    Was soll ich darauf antworten? Wer hier aufkreuzt, steht gewöhnlich nicht auf der Sonnenseite des Lebens.
    «Es geht so», antworte ich.
    Sie nickt. Wir stehen unschlüssig voreinander.
    «Tja. Ich habe ein etwas kompliziertes Problem», beginne ich, um mal zum eigentlichen Grund meines Besuches zu kommen. «Ich
     war eine Weile im Ausland, und nun bräuchte ich Informationen   …»
    «Was halten Sie davon, wenn wir eine Kleinigkeit essen gehen?», unterbricht sie. «Hier gibt es eine ganz ordentliche Kantine.
     Da können wir alles in Ruhe besprechen.»
    Die Kantine hat den für Kantinen üblichen Charme einer Wartehalle, aber das Essen ist gut. Frau Preez ist mit meinem fachlichen
     Anliegen schnell fertig. Sie will mir einen Termin bei einer befreundeten Mitarbeiterin besorgen, die sich um mich kümmern
     und alles Weitere regeln soll. Diesbezüglich kann ich mich also entspannen. Bleibt die Frage, warum Frau Preez mich zum Essen
     einlädt.
    «Ich möchte mich noch bei Ihnen bedanken.»
    «Wofür?», frage ich erstaunt.
    Sie lächelt unsicher. «Ich weiß sehr wohl, dass Sie über meine Affäre mit Timothy informiert waren. Ich glaube, es gab im
     Verlag kaum etwas, das man vor Ihnen geheim halten konnte.»
    Da überschätzt sie mich maßlos, aber das muss ich ihr ja nicht auf die Nase binden. Also schweige ich.
    «Jedenfalls fand ich es sehr anständig von Ihnen, dass Sie diese Sache diskret behandelt haben. Sie müssen wissen, es |258| war nie meine Absicht, mit Timothy anzubändeln. Die Initiative ging von ihm aus, nicht von mir.»
    Und dafür kriegt der Arsch auch noch von Iris eine zweite Chance, denke ich und schiebe meinen Teller zur Seite, weil mir
     der Appetit vergangen ist.
    «Leider habe ich mich Hals über Kopf in Timothy verliebt», fährt Frau Preez fort. «Sonst hätte ich es sicher nicht so weit
     kommen lassen.»
    Ich ziehe meinen Teller wieder zu mir heran. Da das Essen gut ist und ich großen Hunger habe, kann ich auf meinen Appetit
     momentan keine Rücksicht nehmen.
    «Ich wollte nur, dass Sie das wissen», sagt Frau Preez.
    «Es ist vorbei», erwidere ich in versöhnlichem Tonfall. «Und es ist lange her.» Das Gespräch mit Iris liegt vielleicht vier
     Monate zurück. Das ist zwar
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