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Cypherpunks

Cypherpunks

Titel: Cypherpunks
Autoren: Jérémie Andy; Zimmermann Jacob; Müller-Maguhn Julian; Appelbaum Assange
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Hackergruppe LulzSec in den Sinn, die 70 Millionen Datensätze von Sony veröffentlicht hat – alle Nutzerdatendes Unternehmens. Da konnte man dann sämtliche Anschriften, E-Mail-Adressen und Passwörter im Netz lesen. Ich glaube, es sind sogar die Kreditkartennummern der 70 Millionen dabei gewesen. Als Grundrechtsaktivist hab ich mich schon gefragt, was da schiefläuft, wenn du die persönlichen Daten der Leute preisgeben musst, nur um etwas zu beweisen oder deinen Spaß zu haben. Mir ist ziemlich unwohl dabei gewesen, die E-Mail-Adressen all dieser Leute im Netz veröffentlicht zu sehen. Die Hacker wollten sich über die mangelnde Computersicherheit lustig machen und haben dabei vor Augen geführt, dass ein so berüchtigtes und mächtiges Unternehmen wie Sony nicht mal in der Lage ist, die Geheimnisse seiner Nutzer geheim zu halten. Als diese 70 Millionen Nutzer nach der Veröffentlichung ihre eigenen E-Mail-Adressen oder Namen in eine Suchmaschine eingetippt haben und sie dann auf ihre eigenen Datensätze gestoßen sind, da muss ihnen schon schlagartig klar geworden sein, was für ein Fehler es war, Sony diese Daten anzuvertrauen. Sie sind sicher ins Nachdenken gekommen, was es heißt, persönliche Daten an ein Unternehmen weiterzugeben.
    JACOB: Und dann erschießen sie den Überbringer der schlechten Nachricht.

RATTEN IN DER OPER
    JULIAN: Die pessimistischen Szenarien haben wir durch, jetzt lasst uns doch mal darüber sprechen, wie ein utopisches Szenario aussehen könnte. Wir haben eine Radikalisierung der Internetjugend, und die ist nun auf dem Weg, unter den Jungen zur Mehrheit zu werden. Auf der anderen Seite gibt es eine Fülle von staatlichen und privatwirtschaftlichen Eingriffen, die sich gerade gegen die wenigen verzweifelten Bemühungen um Anonymisierung, Publikationsfreiheit, Freiheit von Zensur richten. Aber lasst uns mal annehmen, alles entwickelt sich in der denkbar positivsten Weise. Wie würde das aussehen?
    JACOB: Ich glaube, wir brauchen das Recht zu lesen – des völlig freien Informationszugangs – und das Recht der freien Meinungsäußerung, und zwar ausnahmslos für jeden Einzelnen, kein einziger Mensch darf davon ausgeschlossen werden, keinerlei Ausnahmen erlaubt, um es frei nach Bill Hicks zu formulieren. 129 Er hat das im Hinblick auf Bildung, Kleidung und Nahrung gemeint, aber worauf es letztlich hinausläuft, ist dies: Jeder hat das Recht, zu lesen, jeder hat das Recht der freien Meinungsäußerung. Dazu gehört auch das Recht der anonymen Meinungsäußerung, der Bezahlung von Menschen ohne Einmischung Dritter, das Recht auf Reisefreiheit und das Recht zur Korrektur der eigenen gespeicherten Daten. Außerdem mussfür alle Systeme, die sich in irgendeiner Form auf unser Leben auswirken, Transparenz und Rechenschaftspflicht gelten.
    ANDY: Ich würde noch den Gedanken hinzufügen, dass mit der Zunahme der Datenverarbeitungssysteme und ihrer Vernetzung und mit der Verfügbarkeit von Werkzeugen wie Tor und Kryptografie und so weiter, die Menge der Daten, die sich unterdrücken lässt, ziemlich klein ist. Das müssen Regierungen schlicht beherzigen, und das ist ihnen auch bewusst. Ihnen ist klar, dass geheimes Handeln heutzutage nur eine gewisse Zeit im Verborgenen bleibt und früher oder später doch an die Öffentlichkeit gelangt, und das ist gut so. Das verändert ihre Handlungsweise, weil sie wissen, dass sie irgendwann Rechenschaft ablegen müssen. Deshalb drängt der Staat auch bei Privatunternehmen auf Strukturen, die dafür sorgen, dass Mitarbeiter bei kriminellen Handlungen oder anderen Vergehen ihrer Vorgesetzten ohne Furcht vor Repressalien Alarm schlagen können, wie es das Sarbanes-Oxley-Gesetz in den USA vorsieht. 130 Das ist eine gute Sache und wird langfristig zu nachhaltigeren Praktiken führen.
    JÉRÉMIE: Ich möchte ergänzen, was Jake gesagt hat. Ich meine, wir müssen allen vor Augen führen, dass ein freies, offenes und universelles Internet wahrscheinlich das wichtigste Werkzeug ist, das wir haben, um die globalen Probleme, die uns auf den Nägeln brennen, anzugehen. Sein Schutz ist wahrscheinlich eine der wichtigsten Aufgaben unserer Generation. Wenn irgendwo jemand – ob nun eine Regierung oder ein Unternehmen – einigen Menschen den Zugang zum universellen Internet verwehrt, dann ist das ganze Internet davon betroffen; es ist die gesamte Menschheit, die eingeschränkt wird. Wir machen gerade die Erfahrung, wie wir durch kollektives Handeln die politischen
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