Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Culpa Mosel

Titel: Culpa Mosel
Autoren: Mischa Martini
Vom Netzwerk:
Edelberga mit dem linken Arm um die Taille und riss sie an sich. Sie war viel leichter, als er erwartet hatte. Mit der rechten Hand zog er seine Waffe aus dem Gürtel. Dabei glitt sie ihm fast aus der Hand.
    »Wenn Sie jetzt aufgeben, sorge ich dafür, dass Sie Peter besuchen dürfen.«
     
    Hucks Atem ging schnell, noch schneller rasten seine Gedanken. Der Mann ihm gegenüber, der nun behutsam die Nonne absetzte, würde nicht ohne weiteres schießen.
    »Versprechen Sie, dass ich Peter besuchen darf?« Drei Sekunden gab Huck sich noch, nach einem Topf zu greifen und diesen auf den Polizisten zu werfen, während er sich wegduckte und den drei Schritt entfernten Mann attackieren würde.
    Wie von einer Explosion barsten die Scheiben, stürzten klirrend zu Boden. Alles um ihn herum schien wie in Zeitlupe abzulaufen. Roberts Kopf war blockiert. Schwarz vermummte Männer stürmten mit einem Schwall spritzendem Wasser herein, warfen sich auf ihn und drückten ihn vielhändig zu Boden.
     
    Walde saß mit Edelberga auf der vordersten Bank der Kapelle. Auf der schwarzen Skulptur in der Nische hielt die Gottesmutter Maria ihren toten Sohn im Arm. Eine Zeit lang hatte Walde dem schweren Atem der Nonne gelauscht und sich dabei gefragt, ob sie der Situation gewachsen war.
    »Ich habe Robert gleich erkannt«, sagte sie schließlich mit dünner Stimme. »Und dann, als ich ihn nach den Einkehrtagen gefragt habe, war ich mir sicher.«
    »Warum?« Das Wort hallte in dem Raum wider.
    »Hier gibt es diese Woche nur Fachseminare.«
    Walde schwieg.
    »Wir haben ihm und seinem Bruder Unrecht getan. Es war nicht richtig, sie zu trennen. Sie haben sich gegenseitig Halt gegeben.« Sie atmete schwer. »Damals waren andere Zeiten. Heute würde man einiges anders machen. Ich werde für sie beten.«
    »Dafür ist es zu spät. Warum haben Sie mir nichts gesagt, als ich Sie nach den Pawelkas gefragt habe?«
    Sie schaute zu ihm herüber. »Das hätte ich tun sollen.«
    »Damit hätten Sie vielleicht Peters Sturz vom Dach verhindern können. Einmal abgesehen von Ihrer eigenen Sicherheit; wissen Sie, was Robert heute in seinem Rucksack hatte?« Walde sah den Gram in ihrem Gesicht. Tränen gab es keine. »Benzin! Und ich gehe davon aus, dass es für Sie gedacht war, als eine Art irdisches Höllenfeuer.« Diese Bemerkung konnte sich Walde nicht verkneifen. Lebte sie in dem Glauben, ihr reines Gewissen mit einer Beichte wiederherstellen zu können?
    Sie senkte den Kopf. »Das wollte ich nicht … das ist alles so lange her, ich … ich bin auch nur ein Mensch.«
    »Was ist damals im Heim geschehen?«
    »Die Pawelkas hatten einen Narren an Robert gefressen und ihn bei sich aufgenommen. Erst durfte er einmal im Monat seinen Bruder Peter im Heim besuchen, aber als Frau Pawelka hochschwanger war und danach das Baby kam … und ihr Mann hatte anderes zu tun.« Sie schob ihre Hände in die Ärmel der Tracht. »Peter ist dann allmählich abgeglitten, er war zwar der Ältere, aber auch sehr sensibel. Rudi, … Rudolf Knauer hat versucht, ihm die Lage zu erklären … dabei ist es zu dem Übergriff gekommen. Er hat nicht mit dem Messer gerechnet. Knauer wurde an einer Niere getroffen, sie war nicht mehr zu retten. Es hat ihn körperlich gar nicht so mitgenommen, aber Rudi hat sich danach im Kopf verändert. Peter ist in der Kinderpsychiatrie gelandet und später in ein anderes Heim gekommen.«
    »Die Brüder hatten anschließend keinen Kontakt mehr?«
    »Nein.« Sie schüttelte langsam den Kopf. »Robert kam ein paar Jahre später zurück ins Heim. Knauer hat ihm erzählt, sein Bruder Peter sei adoptiert worden.« Sie schüttelte wieder den Kopf. »Wir haben alles falsch gemacht.«
    »Warum kam Robert zurück?«
    »Wie ich schon sagte, Frau Pawelka war schwanger geworden. Jahrelang hatten sie es schon versucht, und auf einmal, als durch Robert der Druck scheinbar weg war, da hat es auf einmal geklappt mit der Schwangerschaft. Jahre später soll sie noch eine zweite Tochter bekommen haben. Robert war kein einfaches Kind. Er fühlte sich gegenüber Pawelkas leiblicher Tochter zurückgesetzt. Wahrscheinlich entwickelte er nach und nach einen Hass auf sie. Und dann kamen auch noch die Diebstähle hinzu.«
    »Diebstähle?« Walde schaute sie fragend an. In dem fahlen Licht schienen ihre Falten wie mit einem Stift aufgemalt.
    »Nichts Besonderes, er war ja noch ein Kind. Sie wohnten in Saarburg über einer Bäckerei. Im Treppenhaus standen morgens hin und wieder die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher