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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo
Autoren: corley
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für alle anderen. Wer ihn fängt oder tötet, ist automatisch Sieger mit der höchsten Punktzahl. Dämonenkönig 666
    hatte noch nie verloren. Er galt als unbesiegbar.«
    Aus den Augenwinkeln konnte sie sehen, wie der Angeklagte sich bewegte. Er starrte sie an und lächelte. Nightingale fröstelte. Trotz seiner Lage genoss er den Dialog über THE
    GAME und seine Überlegenheit darin. Das war einer der Gründe, warum sie im Chat-Room so leicht mit ihm ins Plaudern gekommen war. Je erfolgreicher sie in dem Spiel wurde, desto mehr Aufmerksamkeit schenkte er ihr.
    »Dämonenkönig 666 war sehr clever. Die meiste Zeit gab er irreführende Informationen heraus. Schließlich hatten viele von den Leuten, die Tipps von ihm erhielten, den Wunsch, ihn in einer zukünftigen Partie zu töten. Aber er wollte auch, dass andere Dämonenkönige getötet wurden, um seine Füh-rungsposition zu sichern, deshalb lieferte er auch echte Hinweise, damit die Leute ihn um weitere baten.«
    »Sie eingeschlossen?«
    »Nein, ich habe ihn nie direkt um Rat gebeten. Dadurch hätte ich zu viel über meine eigene Taktik verraten können.
    Ich habe die öffentlichen Dialoge verfolgt, hier und da einen Kommentar beigesteuert. Er hat zuerst eine persönliche Nachricht an mich geschickt, nicht umgekehrt.«

    25

    »Ich kann mir kaum vorstellen, dass Sie sich darauf verlassen haben, dass er den Anfang macht.«
    »Aber so war es. Das beweisen sämtliche Aufzeichnun-gen.« Sie unterdrückte ein abschätziges Lächeln. Natürlich war er auf sie zugekommen, sie hatte sich unwiderstehlich gemacht, indem sie gewann und sich still und leise verhielt.
    Reine Geduldssache.
    Nightingale warf einen Blick zur Uhr auf der gegenüber-liegenden Wand. Sie war jetzt seit fast einer Stunde im Zeugenstand und bereute es, dass sie die ganze Nacht kein Auge zugetan und auch nicht gefrühstückt hatte. Die Verteidigung hätte keinen besseren Zeitpunkt finden können. Draußen war ein für die Jahreszeit ungewöhnlich sonniger Tag. Die Fenster gingen nach Osten und wurden von Säulen aus geschnitztem Eichenholz umrahmt, die zu den schweren Möbeln im Saal passten. Die englische Klimaanlage, die es nicht gewohnt war, mit richtiger Hitze fertig zu werden, zeigte erste Anzeichen von Schwäche. London im April war nun mal normalerweise nicht warm. Erste gelbe Lichtstrahlen wanderten jetzt allmählich über den blauen Teppichboden zum Zeugenstand. Die Tische von Verteidigung und Anklagevertretung standen ein Stück weiter hinten, in der relativen Behaglichkeit des Schattens, aber Nightingale würde bald voll von der Sonne be-schienen werden.
    »Könnte ich bitte etwas Wasser haben?«
    Der Richter hatte Mitleid, und man brachte ihr einen Plas-tikbecher mit lauwarmem Leitungswasser. Sie nippte daran und fuhr mit ihrer Aussage fort. Das meiste wusste sie auswendig, aber sie schaute trotzdem in ihren Notizen nach, um die Geschworenen daran zu erinnern, dass sie eine Polizistin war, die Ermittlungsarbeit geleistet hatte, keine passionierte Computer-spielerin.

    26

    Die Sonne erreichte sie. Es gab eine kurze Unterbrechung, als der Richter um einen erneuten Versuch bat, die Jalousien herunterzulassen, aber sie blieben weiter störrisch auf Halb-mast.
    »Sie dürfen Ihren Blazer ausziehen, wenn Sie möchten, Sergeant«, sagte er rücksichtsvoll.
    Selbst ohne Blazer wurden ihr die Haare im Nacken zuerst klamm, dann nass. Von Zeit zu Zeit dröhnte die Klimaanlage los und schien sich doppelt anzustrengen, um den Saal zu kühlen, erreichte aber lediglich, dass Verteidiger und Zeugin bei dem Lärm lauter sprechen mussten. Nightingale verlor allmählich die Stimme.
    Stringer dagegen blühte in der Hitze förmlich auf. Sein Gesicht war rosa und glänzend, aber seine Sprachgewalt nahm stetig zu. Es war, als könnte er ihre wachsende Schwäche spüren. Über den Boden krochen Schattenstreifen von der Kolonnade pseudogriechischer Säulen, die draußen dem Sonnenlicht trotzten, und lenkten Nightingale ab. Sie hatte Hals-schmerzen und der Kopf tat ihr weh. Stringer versuchte erneut, sie als skrupellose Jägerin einer unschuldigen Beute dar-zustellen. Sie bekämpfte ihn mit jedem ruhigen, überlegten Satz oder mit leichtem Kopfschütteln, ihr Temperament fest im Zaum haltend. Die ganze Zeit hoffte sie, dass der Richter und die Geschworenen die Wahrheit erkannten, dass nämlich sie die Gejagte gewesen war. Ein Schweißtropfen lief ihr von der Stirn und brannte ihr im linken Auge.
    »Kommen Sie,
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