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Crashkurs

Crashkurs

Titel: Crashkurs
Autoren: Dirk Müller
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Naturgesetz? Oder eine Naturkatastrophe wie ein Erdbeben, gegen das man nichts machen kann? Es ist halt so, akzeptiert es? Nein! Die Globalisierung ist die Folge von politischen Entscheidungen. Es war der freie Wille der Regierungen – okay, vielleicht sollte man das mit dem freien Willen anders formulieren: Die Industrie hat dafür gesorgt, dass die Regierung diesen freien Willen ihr Eigen nennt.
    Wenn sich die Regierung so demütig der Entwicklung des scheinbar Unausweichlichen ergibt, warum bemüht sie sich dann, den Drogenhandel zu bekämpfen? Es ist halt mal so. Wir können nichts dagegen tun. Gewöhnt euch dran. Oder Kriminalität oder Terrorismus? Fügen wir uns doch.
    Komisch, da wird – zu Recht! – bis zur letzten Patrone gekämpft. Man versucht zumindest, das Übel im Zaum zu halten. Warum nicht auch bei der Globalisierung?
    Kennen Sie das Wort »Protektionismus«?
    Vermutlich stellen sich Ihnen gerade die Nackenhaare auf. Dieses Wort ist so negativ besetzt, dass man es eigentlich den Kindern verbieten müsste. »Pfui, so etwas möchte ich hier am Tisch nicht noch mal hören!« Wie kommt das? Selbst Leute, die keine Ahnung haben, was das Wort eigentlich bedeutet, wissen: »Protektionismus ist bäh, bäh!« Woher kommt diese Überzeugung?
    Stellen Sie sich folgende Situation vor: Wir haben zwei Teams, die Monopoly spielen. Das eine Team heißt »Europa/USA«, das andere Team heißt »Asien«. Beide spielen nach völlig unterschiedlichen Regeln. Die einen bekommen immer 4000 Euro, wenn sie über Los gehen, die anderen 10 000 Euro. Die einen müssen ins Gefängnis, wenn sie auf das Feld »Raubkopie« kommen, die anderen bekommen Geld ausbezahlt, wenn sie das Feld betreten. Unter solchen Umständen kann ich diese beiden Mannschaften doch nicht am selben Brett spielen lassen! Dann muss ich doch sagen: Jeder spielt auf seinem eigenen Monopoly-Brett nach seinen eigenen Regeln. Wenn sich beide Mannschaften eines Tages auf die gleichen Regeln verständigt haben, können sie ja immer noch zusammen spielen.
    Wie könnte so etwas in der Realität aussehen? Zum Beispiel wie eine europäisch-amerikanische Freihandelszone. Wir bauen um unser gemeinsames Wertesystem eine Zollmauer auf. Innerhalb des Systems befinden sich all die Länder, mit denen wir zumindest annähernd die gleichen Werte und Spielregeln teilen. Die Kontrollpunkte sind die Häfen und Flughäfen. Die Länder außerhalb dürfen dennoch selbstverständlich ihre Produkte innerhalb der Freihandelszone verkaufen, aber mit Aufschlag. Die Kosten für den Umweltschutz, der in der deutschen Waschmaschine eingebaut ist und in der asiatischen fehlt, werden als Zoll draufgeschlagen. Vielleicht 15 Prozent. Kinderarbeit eingebaut? 20 Prozent! Fehlende Arbeitsschutzrichtlinien für die Arbeiter? 7 Prozent! So wäre ein Kampf mit gleichen Waffen geschaffen. Natürlich gäbe es einen Sturm der Entrüstung bei den internationalen Konzernen. Die Waschmaschinen in Deutschland würden teurer werden. Aber vielleicht würde es sich für einen Mittelständler in Schwaben wieder lohnen, eine Waschmaschinenfabrik zu eröffnen. Mehrere tausend Arbeiter würden eingestellt. Steuern, Löhne, Sozialabgaben würden fließen, und so weiter, und so weiter. Die Unternehmen innerhalb der Freihandelszone stünden dann immer noch in Konkurrenz zueinander, aber unter gleichen Bedingungen. Man ist Konkurrent, aber auch Partner. Alle Unternehmen müssen Löhne bezahlen, von denen die Menschen auch leben können. Es herrscht ein gesellschaftlicher Konsens, dass Kinder Kinder sind und keine billigen Sklaven.
    Klingt verrückt? Vielleicht. Aber immerhin so vernünftig, dass unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel schon seit Jahren hinter den Kulissen genau diesen Plan einer europäisch-amerikanischen Freihandelszone verfolgt. Wenn da nicht die Lobby der internationalen Industrie und des großen Geldes wäre, die einer solchen Idee natürlich gegenübersteht wie der Teufel dem Weihwasser. Denn dann könnte man ja plötzlich nicht mehr die Arbeiter Europas gegen die Arbeiter Asiens ausspielen, und diese wunderbaren »Ausgleichs«-Geschäfte, dass man in Asien billig produziert und in Deutschland teuer verkauft, gingen auch nicht mehr. (Ein besonders krasses Beispiel dafür ist die amerikanische Supermarktkette Wal-Mart: Von ihren 6000 Lieferanten kommen 5000 aus Asien.) Doch leider ist es so, dass die Lobby der Industrie und des Geldes bestimmt, was in Europa und Amerika entschieden wird und was
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