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Crashkurs

Crashkurs

Titel: Crashkurs
Autoren: Dirk Müller
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nicht. Nicht das Wohl des Volkes, sondern das Wohl der Mächtigen steht im Vordergrund. Wenn nur die Wahlen nicht immer wären. Dann müsste man der Bevölkerung nicht ständig mit allen möglichen Tricks die Entscheidungen schmackhaft machen und könnte viel freier agieren. So aber muss man den Menschen eben langwierig eintrichtern: »Globalisierung ist gut! Globalisierung ist gut! Globalisierung ist gut!« – Gehirnwäsche nach dem Muster: »Ich habe nur einen Herrn und Gebieter: Dr. Mabuse …« (Sorry, diese Anspielung verstehen vermutlich nur die älteren Leser …)
    Im selben Atemzug, wie den Menschen die Globalisierung schmackhaft gemacht wird, muss ich ihnen aber noch etwas anderes einimpfen, nämlich: »Protektionismus ist bäh, bäh!« In der Medienwelt gibt es eine These, die besagt: Man muss eine Behauptung nur oft genug wiederholen, dann glauben nach wenigen Tagen alle Menschen, dass es genau so ist. Wenn also nur oft genug gesagt wird: »Der Irak hat Massenvernichtungswaffen«, dann weiß nach ein paar Tagen jeder: »Klar! Der Irak hat Massenvernichtungswaffen.« Dabei hat keiner derer, die jetzt davon überzeugt sind, auch nur eine einzige Anthrax-Granate gesehen oder kennt einen, der sie gesehen hat, und dennoch wissen alle: »Der Irak hat Massenvernichtungswaffen.« Genauso ist es mit dem »Protektionismus«. Alle wissen, dass er bäh, bäh ist. Aber 99,9 Prozent haben sich noch nie Gedanken gemacht, ob das tatsächlich so ist.
    Dieses Wort zu einem Unwort zu machen war schon ein toller Coup. Denn Protektionismus kommt vom lateinischen »protectio« und bedeutet »Schutz«. Dass Schutz plötzlich etwas Schlechtes sein soll, das ist schon eine Leistung. Was, bitte, ist schlecht daran, wenn wir unseren Wohlstand und unsere Werte schützen wollen?
    Trotzdem sind heute viele Menschen »Globalisierungsgegner« und demonstrieren lautstark gegen die Globalisierung. Aber haben sie verstanden, worum es geht? Nein. Sie sind gegen die Globalisierung, weil sie darunter die Ausbeutung der Dritten Welt durch die Industriestaaten verstehen. Die Jungs und Mädels meinen es gut, aber das ist nicht unser größtes Problem. Die Globalisierung bewirkt genau das Gegenteil dessen, was sie glauben: die Ausbeutung unseres Wohlstands und unserer Werte durch die Schwellenländer. Im Sinne einer gerechten Verteilung des Wohlstands auf der ganzen Welt müssten die Attac-Anhänger eigentlich für die Globalisierung sein. Und auf den Globalisierungsdemos müssten eigentlich die Verkäuferinnen und Mittelständler mit dem Megaphon in der Hand stehen.
    Große Unternehmen können problemlos den Märkten hinterherziehen. So zieht die Arbeit aus einem Land in ein anderes. Die Arbeiter können aber nicht so einfach hinterherziehen, sie werden an den Grenzen aufgehalten. Hier funktioniert der Schutz. Für ihre Arbeitsplätze gilt das nicht: Die dürfen passieren. Diese Abwanderung der Arbeitsplätze geschieht heimlich, fast unmerklich. Viele Einzelne sind betroffen, glauben aber, das sei lediglich ihr Einzelschicksal, denn die Bundesagentur für Arbeit meldet ja ständig weniger Arbeitslose und eine Million neugeschaffene Stellen. Kaum jemand durchschaut, dass es sich dabei nur um Minijobs handelt. Für 400 Euro Handlangerdienste erbringen. Oder um Ein-Euro-Jobs, wie sie die beiden armen Teufel haben, die bei einem Sportverein in der Region Unkraut aus dem Hofplaster kratzen. Tolle Jobs sind das, die da geschaffen werden!
    Wer will, kann die Abwanderung der Arbeitsplätze beobachten. Beispielsweise am Hamburger Hafen, wenn die großen Schiffe aus Asien entladen werden und die Produkte unserer abgewanderten Arbeitsplätze an Land spucken, um dann leer zurückzufahren.
    Die Globalisierungsbefürworter der Industrie rechnen uns vor, wie sehr wir alle angeblich von den Absatzmärkten in Asien profitieren. Wir sind doch Exportweltmeister! Da seht ihr, wie toll die Globalisierung für uns ist.
    Ist das so? Nicht, wenn wir mal wieder die Nebelkerzen beiseite räumen. Nehmen wir mal an, ein Auto im Wert von 100 000 Euro wird exportiert. Dann hat der Exportweltmeister Deutschland seinen Export um 100 000 Euro gesteigert. Ist ja logisch. Aber dabei wird vergessen, dass vielleicht die ganze ins Auto eingebaute Elektronik im Wert von 20 000 Euro zuvor aus Asien importiert wurde. Daran hat kein inländischer Arbeitnehmer gewerkelt. Auch die Sitze kamen vielleicht von weit her und so weiter. Obwohl also ein bedeutender Teil der Ware nicht aus
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