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Cotton Malone 05 - Der Korse

Cotton Malone 05 - Der Korse

Titel: Cotton Malone 05 - Der Korse
Autoren: Steve Berry
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und mit einer sanften Abwärtsneigung durchs Herz der Pyramide führte. Die Ledertasche baumelte von seinem Hals herunter. Sie kamen zu einem weiteren Korridor, der aufwärts ging, und Monge trat gebückt hinein. Die Steigung führte auf ein erleuchtetes Quadrat am Ende des Ganges zu.
    Sie verließen den Korridor und konnten sich aufrichten; der erstaunliche Ort erfüllte Napoleon mit Ehrfurcht. Im flackernden Schein von Öllampen erkannte er eine Decke, mindestens zehn Meter über ihnen. Eine Rampe führte durch weiteres Granitmauerwerk steil nach oben. Die Wände liefen zur Decke hin in übereinandergeschichteten Kragsteinen zu einem schmalen Gewölbe zusammen.
    »Das ist großartig«, flüsterte er.
    »Wir nennen es die Große Galerie.«
    »Ein passender Name.«
    Am Fuße jeder Seitenwand verlief ein einen halben Meter breiter, oben flacher Sockel die Galerie entlang. Dazwischen führte ein Gang von einem Meter Breite nach oben. Es gab keine Stufen, nur einen steilen Anstieg.
    »Ist er da oben?«, fragte Napoleon.
    »Oui, mon Général. Er ist vor einer Stunde eingetroffen, und ich habe ihn in die Königskammer geführt.«
    Napoleon hielt noch immer die Tasche fest. »Warten Sie draußen, unten.«
    Monge wandte sich zum Gehen, blieb aber noch einmal stehen. »Sind Sie sicher, dass Sie das allein machen wollen?«
    Napoleon hielt die Augen weiter auf die Große Galerie gerichtet. Er hatte den Erzählungen der Ägypter gelauscht. Angeblich waren die Erleuchteten der Antike durch die mystischen Korridore dieser Pyramide gegangen, waren als Menschen eingetreten und als Götter herausgekommen. Dies hier war, so hieß es, ein Ort der »zweiten Geburt«, ein »Schoß der Mysterien«. Die Weisheit wohnte hier – so, wie Gott in den Herzen der Menschen wohnte. Napoleons Savants fragten sich staunend, welche Motivation diesen herkulischen Bauanstrengungen zugrunde gelegen hatte, aber für Napoleon gab es nur eine einzige Erklärung – und diese Obsession verstand er –, den Wunsch, die Enge der menschlichen Sterblichkeit gegen die Weite der Erleuchtung einzutauschen. Seine Wissenschaftler erklärten gerne, dies hier sei vielleicht das vollkommenste Bauwerk der Welt, die ursprüngliche Arche Noah, und habe möglicherweise den Ausgangspunkt für Sprachen, Alphabete, Maße und Gewichte dargestellt.
    Doch er sah das anders.
    Dies hier war das Tor zur Ewigkeit.
    »Nur ich kann das hier tun«, murmelte er schließlich.
    Monge ging.
    Er wischte sich den Sand von seiner Uniform und ging los, die steile Rampe hinauf. Deren Länge schätzte er auf etwa hundertzwanzig Meter und war außer Atem, als er oben ankam. Eine hohe Stufe führte in eine Galerie mit niedriger Decke, von der eine Vorkammer mit Wänden aus behauenem Granit abging.
    Dahinter öffnete sich die Königskammer, auch diese mit Wänden aus poliertem rotem Stein, dessen riesige Blöcke so eng verfugt waren, dass kaum ein Haar dazwischen passte. Die Kammer war rechteckig, etwa halb so breit wie lang, eine Höhlung im Herzen der Pyramide. Monge hatte ihm gesagt, dass es durchaus eine Beziehung zwischen den Maßen dieser Kammer und einigen uralten mathematischen Konstanten geben mochte.
    Er hegte keinen Zweifel daran.
    In zehn Meter Höhe bildeten flache Granitblöcke die Decke. Aus zwei Schächten, die die Pyramide von Norden und Süden durchzogen, sickerte Licht herein. Der Raum war leer, abgesehen von einem Mann und einem grob behauenen, unfertigen Granitsarkophag ohne Deckel. Monge hatte erwähnt, die runden Löcher von Bohrern und die Spuren von Sägen seien noch immer daran zu erkennen. Er hatte recht. Monge hatte ebenfalls berichtet, dass der Sarkophag einen knappen Zentimeter breiter war als der aufsteigende Korridor, was bedeutete, dass er vor dem Bau der restlichen Pyramide hierhergeschafft worden war.
    Der Mann, der mit dem Gesicht zur hinteren Wand gestanden hatte, drehte sich um.
    Sein formloser Körper war mit einem losen Überwurf bekleidet, sein Kopf mit einem Wollturban umwickelt; ein Stück Kattun hing ihm über die Schulter. Seine ägyptische Abstammung war unübersehbar, doch seine flache Stirn, die hohen Wangenknochen und die breite Nase zeigten auch Spuren anderer Kulturen.
    Napoleon sah auf das tief zerfurchte Gesicht.
    »Haben Sie das Orakel mitgebracht?«, fragte ihn der Mann.
    Napoleon zeigte auf die Ledertasche. »Da ist es.«
    Napoleon trat aus der Pyramide. Er war fast eine Stunde darin gewesen, und inzwischen hatte die Dunkelheit das
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