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Cosm

Cosm

Titel: Cosm
Autoren: Gregory Benford
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Vernunft geschaffenen Kosmos. Das alte Problem, daß die Menschheit irgendwo einen ersten Beweger sucht, der als selbst nicht bewegter sich zureichend in seiner Unendlichkeit im göttlichen Sein genügt, taucht hier wieder auf.
    Wer war der erste Beweger, wer war der, der den ersten Kosmos schuf?
    Alicia Butterworth bringt ihre Hilflosigkeit angesichts dieser Frage auf den Begriff: »Also schön, ich bin nicht die erste Göttin und auch nicht die letzte. Ich gehöre nur zur Familie« (Seite 457).
    Die Stimmung ist nun schon lange umgeschlagen. Alicia Butterworth ist, nachdem sie beim Präsidenten und in den Medien in Ungnade gefallen ist, mit wenigen Getreuen und ihrem Cosm in die Einsamkeit der Natur geflohen und erlebt dort den Big Crunch, das in sich Zusammenfallen ihres Cosm mit.
    Auf diese Weise erlebt sie auch mit, wie sie auf einem ganz neuen Niveau technischen Titanentums als Göttin zugleich ihrer radikalen Endlichkeit überführt wird.
    Sie hat etwas geschaffen, was sie in Götter- bzw. in Gottesnähe bringt. Sie kann dieses Geschaffene aber nicht kontrollieren und sie muß den Untergang dieses Geschaffenen miterleben. Sie selbst steht am Ende da, wo sie vorher stand. Sie hat keine Auskunft über ihr eigenes Wohin und Woher bekommen. Sie ist immer noch die Person, die sie am Anfang war – nur etwas berühmter.
    Aber jetzt gibt Gregory Benford in einer letzten Wendung des Gedankenganges eine schöne Antwort.
    Alicia Butterworth ist zu ihrer Endlichkeit ›verdammt‹. Sie kann sich für andere, für einen ganzen Kosmos zur Göttin machen und merkt gerade in diesem Tun, wie endlich und begrenzt sie ist. Aber es gibt in dieser Situation der erfahrenen Endlichkeit nur eine mögliche Versöhnung. Es ist die kleine Aufhebung von radikaler Endlichkeit, die in der Liebe geschieht.
    Benford läßt nämlich am Ende aufleuchten, wie scheinbar unüberbrückbare Gegensätze zwischen Schwarz und Weiß, zwischen Theorie und Praxis der Physik ausgeglichen werden können durch die Liebe.
    Allerdings ist Benford zu sehr Künstler und Realist, um nicht zu wissen, daß ein bloß angehängter Schluß mit Happy End stillos wäre.
    Deswegen endet der Roman nicht mit einer schmalzigen Geschichte, wie sich die Schwarze Alicia Butterworth und der Weiße Max Jalon lieben lernen und damit ihre Einsamkeit und ihre verschrobene Persönlichkeit heilen. Vielmehr bilden den Schluß des Romans nur noch Schlagzeilen, die die weiteren Geschehnisse kurz skizzieren. Es finden sich eine Notiz über die Explosion, die das in sich Zusammenfallen des Cosm begleitet hat, eine weitere über die Kritik an Alicia Butterworth und auch über ihre endlich erfolgende Anerkennung als Wissenschaftlerin, in den letzten Zeilen des Romans schließlich eine Mitteilung aus den Gesellschaftsnachrichten über die Heirat zwischen Max Jalon und Alicia Butterworth.
    Dieser Schluß ist zugleich eine Problemanzeige. Die Liebe in dieser unversöhnten und durch radikale Endlichkeit geprägten Welt ist eine stetige Aufgabe endlicher Wesen. Ein reines rosiges Happy End kann es nicht geben, aber es ist die letzte Chance für Menschen, menschlich zu leben in einem radikal endlichen Universum und darauf zu vertrauen, daß es eine Macht jenseits aller Mächte gibt, die alles heilt, weil sie alles miterleidet.
    – Linus Hauser

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