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Cosm

Cosm

Titel: Cosm
Autoren: Gregory Benford
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wird die Menschheit nämlich deutlich auf die »Begrenztheit des von ihr bewohnten Planeten« hingewiesen. Im Wissen, daß das »›Raumschiff Erde‹ endlich ist« 41 , wird nun eine globale Perspektive gesucht, die die planetarischen Probleme überschaubar macht.
    Wissenschaften, die globale Veränderungen von Gesamtsystemen entwerfen, beginnen eine große Faszination auszuüben. Das gleiche gilt für Wissenschaften die globale Perspektiven zu erschließen scheinen. Hier sind etwa die Informationstechnik, die Gentechnik oder die sogenannte Chaosforschung zu nennen. Eine wissenschaftsgläubige Kultur, die immer deutlicher auf negative Wissenschafts- und Technikfolgen zu reflektieren beginnt, versucht in diesen Wissenschaften von einem gleichsam apokalyptischen Niveau aus Überblick zu gewinnen. Die Hoffnung, die man in diese (durchaus konventionellen) Wissenschaften, die globale Systeme in den Blick zu nehmen und zu transformieren versuchen, hineinlegt, kann man als Weiterentwicklung der Hoffnung auf eine Einheitswissenschaft, nämlich als Hoffnung auf eine Überblicke gewährende Strukturwissenschaft bezeichnen.
    Dieser neue heutige Wissenschaftsglaube besteht also in dem Vertrauen, durch Überblick gewährende Strukturwissenschaften die durch die Natur- und Sozialwissenschaften begründeten Ängste und Probleme überwinden zu können. Diese könnten nämlich einen Gesamtüberblick gewährleisten und entsprechende Globaltechniken freisetzen.
    Was aber, wenn gerade das globale Folgen zeitigende Handeln eines Menschen ihn einerseits in den Status eines Neo-Gottes erhöbe und ihn aber damit zugleich deutlicher mit seiner radikalen Endlichkeit konfrontierte?
    Wie wir gesehen haben, ist unser gegenwärtiges Selbst- und Weltverständnis durch einige gravierende Orientierungsprobleme geprägt. Wir haben gesehen, daß wir in einem schier unüberschaubaren kosmischen Evolutionsgeflecht leben. Dies konfrontiert uns mit der Frage, welche Bedeutung wir als aus tierischen Ursprüngen hervortretendes kleines menschliches Staubkorn besitzen. Zugleich tritt damit der Gedanke einer universalen Relativierung unserer Orientierungsmaßstäbe auf den Plan. Gibt es in diesem räumlich und zeitlich unüberschaubaren Kosmos überhaupt Maßstäbe? Ist nicht alles – wie das Ergebnis von Einsteins Theorien gern mißverstanden wird – ›relativ‹? Diese Orientierungslosigkeit steht im Kontrast zu einem hohen technischen Selbstbewußtsein, das wir auch besitzen. Durch den technischen Fortschritt, der die neue Menschheitsepoche der wissenschaftlichen Technik hervorgebracht hat, sind wir in der Lage, titanische Leistungen zu vollbringen. Zwar machen diese titanischen Leistungen uns auch Angst und vermitteln uns das Bewußtsein, daß wir die Welt auch zerstören können, doch andererseits können wir uns als Neo-Götter fühlen.
    Es ist nicht umsonst so, daß sich im 19. Jahrhundert ein Wissenschaftsglaube entwickelt, der zur Gründung von ›positivistischen‹ Kirchen führt, in denen Menschen große Wissenschaftler und Künstler anbeten. Wir sind also auch Neo-Götter. 42
    Wie aber sollen wir uns dann noch verstehen, wenn wir Götter und Eintagsfliegen zugleich sind? Eine ›theoretische‹ Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Allzu sehr sind wir in diesen Fortschritts- und auch Selbstzerstörungsprozeß einbezogen, als daß wir in Distanz zu dieser Entwicklung kühl urteilen und uns selber ganz begreifen und unsere Situation theoretisch streng aufarbeiten könnten. Hier ist es die Aufgabe der Kunst, Wege zu weisen und voranzuschreiten in die Richtung, aus der eine Antwort kommen kann.
    Gregory Benford hat hier einen in sich stimmigen Entwurf vorgelegt.
     
     
    5. Die Erfahrung der radikalen Endlichkeit des Menschen angesichts eines selbstgeschaffenen ›Universums‹
     
    Der Roman Benfords spielt im Jahre 2005, also am Anfang eines neuen Jahrtausends. In den Naturwissenschaften ist eine depressive Stimmung eingekehrt. Die Naturwissenschaftler legen eine ›Philosopause‹ (Seite 28 f.) ein. Eine tiefe Skepsis gegenüber den Erkenntnisfähigkeiten und dem Nutzen der Naturwissenschaften macht sich breit.
    Die Weltprobleme scheinen durch die Wissenschaften nicht gelöst werden zu können. Es bürgert sich die Haltung eines ›wissenschaftlichen Zynismus‹ (Seite 29) ein. Entweder man ›philosophiert‹ über die eigene wissenschaftliche Disziplin und vergräbt sich dabei in scheinbar ›tiefen‹ Gedanken über ›Trübes von
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