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Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition)

Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition)

Titel: Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition)
Autoren: Simone Keil , Florian Tietgen
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standen auf dem Platz, einige rauchten.
          Ausschau halten nach einer Lederjacke, dunklen Haaren, einer Tolle. Sollten die Kollegen mich doch auf der Pirsch sehen. Ich suchte keinen Sex.
          Wo war Darius?
          Richtung Nordwesten, Blumenstraße, Herzog-Wilhelm-Straße, irgendwo zum Hauptbahnhof gab es bestimmt ein Hotel, das mich einließ. Hinein in die Foyers, misstrauische Blicke, mühsames Bedauern in den Gesichtern beim Köpfeschütteln. Weiter.
          Ein Hotel.
          Zwei Hotels.
          Drei Hotels …
          Wo war Darius?
          Hauptbahnhof. Menschen schauten mich an, als wäre ich verrückt, schleppende Schritte, kaum konnte ich den Oberkörper aufrecht halten, endlich eine Bank, endlich ein Platz, endlich den Rucksack ablegen, sitzen, sitzen, sitzen, Augen schließen …
          Schlangen zischen, Heuschrecken zirpen – auf den Gleisen, auf dem Rucksack, auf meiner Schulter: »Willst du wirklich kämpfen?«
          »Ja, verdammt noch mal! Lasst mich in Ruhe! Verschwindet!«
          Stille. Sie verschwanden, zogen sich zurück, als wären sie beleidigt. Graues Metall, graue Schienen, grauer Stein, fast schwarzes Glas.
          Dunkelblaue Uniform, silbergraue Knöpfe, rote Mütze. Ein Schaffner. »Kann ich Ihnen helfen?«
          »Ja. Ich brauche ein Ticket nach Altfraunhofen.«
          Meckerndes Lachen. »Wirklich? Hast du es dir gut überlegt? Du könntest es so gut haben, Siegfried Wrobel.« Meckerndes Lachen.
          Erschrecken, Augen aufreißen, Rucksack auf die Knie legen und festhalten. »Sie haben den Preis nicht genannt.«
          Wo war Darius?
          Meckerndes Lachen. »Ihn wirst du wiedersehen. Wenn du ja sagst. Das habe ich ihm versprochen. Sagst du Nein, wirst du ihn vergessen.« Meckerndes Lachen.
          Menschen umkreisten uns in würdigem Abstand, gafften, hielten sich die Hände vor den Mund. Eine Mutter zerrte an ihrem Kind, riss es mit sich. Es sollte den Verrückten nicht sehen. Graue Hosen, graue Röcke, dunkle Mäntel.
          »Was haben Sie mit ihm gemacht?«
          Meckerndes Lachen. »Du warst nicht artig, Siegfried Wrobel. Ich habe dich vor den Heuschrecken beschützt, dir zu essen gegeben, einen Platz zum Schlafen. Ist das der Dank?« Meckerndes Lachen aus Schaffneruniform, Haut, die mit jedem Satz faltiger wurde, älter, mindestens 150 Jahre alt.
          »Was haben Sie mit ihm gemacht?«
          »Gar nichts. Er hat sich entschlossen zu gehen. Er wusste, dass du dich gegen ihn entscheiden würdest.« Kein Lachen mehr. Eine Stimme wie schleifendes Metall. »Noch kannst du dich entscheiden.«
          »Der Preis.« Darius. Wie eine Warnung blinkte sein Gesicht schwarz-weiß über meinem Kopf, sprang in mich hinein wie in meinem Traum. »Er hat dir den Preis nicht genannt.
          Wo war Darius?
          Meckerndes Lachen. »Willst du wirklich zu deiner Mutter, zu Theodore, zu Menschen, die dich nicht mögen, nicht akzeptieren, was du bist? Wer mag schon verdorbene Sünder? Wir mögen dich, Siegfried Wrobel.« Meckerndes Lachen.
          Ein Polizist, der sich durch die Menschen drängte, sie zur Seite bat, schwarze Uniform, silbergraue Knöpfe, weißer Hut. Bald würde er vor mir stehen.
          »Nein!« Kreischen, anbrüllen, Wut hinausschleudern. »Verzieh dich!«
          Meckerndes Lachen. »Ist das dein letztes Wort? Willst du Darius nie wiedersehen?« Meckerndes Lachen.
          »Und wenn ich mein Leben lang kämpfen muss. Ja. Die Menschen werden mich mögen, sie werden mich akzeptieren und ich werde Darius wiederfinden!«
          Schwarze Uniform, silbergraue Knöpfe, weißer Hut. Ein Arm rüttelte an mir. Graue, sanfte Stimme. »Junger Mann, Sie können hier nicht schlafen.«
          Wo waren die Menschen, wo der Schaffner?
          »Entschuldigung, mein Zug …«
          »Haben Sie eine Karte?«
          »Nein, ich muss noch eine holen.«
          »In Ordnung. Tun Sie das.«
          Ein Lächeln. Keine Verhaftung. Hatte ich geträumt? Der Bahnhof war fast menschenleer. Grauer Stein, graues Gleis, graues Metall, graue Fenster vor geschlossenen Geschäften. Kurzes Zusammenzucken, als ich hinter einer Scheibe einen Bahnbeamten sah.
          »Sie wünschen?« Graues Lächeln.
          »Einmal nach Altfraunhofen. Nur Hinfahrt.«
          
          Rot-graue Polster, gelbe Wände, Farbe. Eine knappe Stunde Zugfahrt bis kurz nach
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