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Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition)

Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition)

Titel: Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition)
Autoren: Simone Keil , Florian Tietgen
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so schwarz und tief waren wie eine Neumondnacht. Und da war auch wieder das Lachen. Der Vogel spreizte die Flügel und lachte mich aus. Er hüpfte auf einen abgebrochenen Ast und flog in den Nebel davon, der mittlerweile fast bis zu mir vorgedrungen war.
    Ich trat hinaus auf die Wiese und hastete zurück ins Sonnenlicht. Trotz der warmen Strahlen fröstelte ich immer noch, als ich mich auf die Stufen vor der Gaststätte setzte. Ich zog meine Schuhe an meine schmutzigen Füße und lachte auf.
    Das war wirklich zu dumm. Ich hatte mich aufgeführt wie ein Kind. Raben waren bekannt dafür, dass sie Stimmen imitieren konnten. Sie ahmten andere Vögel nach, Hunde, Katzen und auch menschliches Lachen.
    Mein Kleid war voller Fichtennadeln und ich klopfte den groben Schmutz ab. Lizzie würde sicher schon sauer sein, weil sie so lange gewartet hatte. Eilig machte ich mich auf den Weg zum Pferdestall.
    Ein brauner Hengst begrüßte mich mit einem Schnauben. Er reckte seinen Kopf aus der Box und ich strich ihm über die helle Blesse. Im Stall war es dämmrig und roch nach frischem Heu. Ich ging zwischen den Abteilen entlang und die Pferde begannen nervös mit den Hufen zu scharren.
    Im hinteren Bereich hing Zaumzeug ordentlich aufgereiht an Haken. Einige Sättel lagen über einem dicken Balken. Eine Leiter führte zum Heuboden.
    Hinter einer hüfthohen Abtrennung erkannte ich Lizzie. Sie lehnte mit dem Rücken an der Bretterwand. Vor ihr der Cavalier. Mit einer Hand stützte er sich neben ihrem Kopf ab. Sie schloss die Augen. Unvermittelt holte sie zum Schlag aus, doch der Mann packte ihr Handgelenk und hielt es fest umklammert.
    „Lizzie!“ Ich rannte los und die Pferde begannen zu wiehern.
    Meine Schwester riss sich los und stapfte mit hochroten Wangen an mir vorbei. Ohne ein Wort. Sie sah mich nicht einmal an.
    „Du weißt ja, wo du mich findest, Princesse!“ Der Mann packte sich eine Holzschubkarre, auf der sich Stroh stapelte, und schob das Gefährt zur Hintertür hinaus.
    Ich schüttelte den Kopf. Worauf hatte sich meine Schwester jetzt wieder eingelassen?
    In der Ecke der Box stand ein dunkelbraunes Fohlen auf unsicheren Beinen neben seiner Mutter. Sein Fell glänzte feucht. Die Stute wieherte, als ich mich näherte.
    „Ich werde ihn Fantasie nennen.“
    Erst jetzt bemerkte ich den schmächtigen Jungen, der offenbar schon die ganze Zeit in der Ecke gestanden hatte. Sein braunes Haar fiel ihm in die Augen. Seine Nase war pickelig.
    „Etienne hat mir erlaubt den Namen auszusuchen.“ Stolz straffte er seine Schultern und lehnte die Mistgabel an die Wand.
    „Etienne?“, fragte ich. „Der Cavalier?“
    „Er weiß mehr über Pferde, als sonst jemand.“ Die Stimme des Jungen brach und der Satz endete mit einem Kiekser. Er räusperte sich und schob die Hände in die Hosentaschen.
    Dafür weiß er überhaupt nichts über Frauen, dachte ich, nickte aber nur.
    „Wie heißt du denn?“
    „Jacques.“ Er antwortete bedächtig, als wollte er erst testen, ob seine Stimme ihm wieder gehorchte.
    Ich streckte ihm die Hand hin. „Und ich bin Catrin. Aber meine Freunde nennen mich Cat.“
    „Freut mich.“ Er errötete, als er meine Hand ergriff. „Cat“, fügte er leise hinzu.
    „Jacques!“, dröhnte die Stimme des Cavalier von draußen herein. „Muss ich die ganze Arbeit alleine erledigen?“
    Der Junge ließ meine Hand los und schnappte sich die Mistgabel. Er rannte durch die Tür und ich machte mich auf den Weg, um Lizzie zu suchen.

    „Ah, da bist du ja, meine Süße!“, rief Chloé, als ich die Gaststube betrat. „Das Frühstück ist fertig.“
    Ohne meine Antwort abzuwarten, hakte sie mich unter und schob mich an einen gedeckten Tisch. Brot und Käse lagen auf Holzbrettern. Aus einer Zinkkanne waberte Kaffeeduft.
    „Meine Schwester … Ich muss nach ihr sehen.“
    „Sie murmelte etwas von Kopfschmerzen und ist hinauf gegangen um sich hinzulegen.“
    Chloé drückte mich auf einen Stuhl, goss Kaffee in unsere Becher und setzte sich mir gegenüber. Sie musterte mich und ich senkte den Blick. Das gestrige Erlebnis spukte durch meine Gedanken und erschien mir bei Tageslicht so unwirklich. Schnell nahm ich mir ein Stück Käse und biss herzhaft hinein.
    „Wie viele Einwohner hat euer Dorf?“, fragte ich, um mich von meinen Gedanken abzulenken.
    Chloé reichte mir ein Stück Brot und seufzte. Sie betrachtete ihre kurzen Fingernägel. „Wir sind nur noch acht“, sagte sie nach einer Weile. „Die Männer hast du
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