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Coolman und ich. Rette sich, wer kann. (German Edition)

Coolman und ich. Rette sich, wer kann. (German Edition)

Titel: Coolman und ich. Rette sich, wer kann. (German Edition)
Autoren: Rüdiger Bertram
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sich von uns zu verabschieden, weil im Fernsehen wieder ein Golfturnier läuft. Immerhin hat uns Margaret für die Heimfahrt ein paar Dosen als Proviant eingepackt. Sie hat die Papierbanderole abgeknibbelt, als wenn wir nicht längst wüssten, dass es Katzenfutter ist.
    Alex und Justin sind mit einem gemeinsamen Koffer angereist. Jetzt fahren sie mit dreien wieder zurück. Jeder von ihnen. In den Koffern ist ihre Beute verstaut. Sie haben mir das nicht gesagt, aber ich weiß es.
    Alex und Justin reden nicht mehr mit mir, weil ich vergessen habe, ihnen aus London Gummibänder mitzubringen. Sie geben mir die Schuld daran, dass sie ihre Schaf-Experimente nicht erfolgreich zu Ende führen können.

    Nur gut, dass Alex und Justin nicht auf dieselbe Idee gekommen sind. Sonst hätten sie mich in meinem Kostüm den Schafen bestimmt zum Fraß vorgeworfen. Vor allem jetzt, wo ich nicht mehr mit dem Schutz meiner Schwester rechnen kann, weil ihr der Weltfrieden wichtiger ist als das Schicksal ihres kleinen Bruders.
    Seit wir gestern Abend aus London zurückgekommen sind, hockt sie meditierend im Bus und hat dabei so ein verklärtes Lächeln im Gesicht. Sie sieht so friedlich aus, dass es einen richtig aggressiv macht.

    Unsere Abreise verläuft genauso regnerisch und einsam wie unsere Ankunft. Die Gasteltern machen sich nicht die Mühe, die ihnen anvertrauten Kinder zu verabschieden. Als ich meine Tasche im Gepäckfach des Busses verstaue, prescht eine Pferdekutsche heran. Vorne auf dem Kutschbock hockt der Butler im Regen, hinten unter dem Verdeck sitzen Lena und der kleine Lord. Ich bin nicht sicher, ob Charles mit der Kutsche angeben will. Oder ob er sie nur genommen hat, weil der Rolls-Royce immer noch in der Werkstatt ist.
    Lena habe ich gestern gar nicht mehr sprechen können, weil der Bus sie auf der Rückfahrt direkt bei der Burg abgesetzt hat. Als ihr der kleine Lord aus der Kutsche hilft, sieht sie kurz zu mir rüber ... und lächelt.
    Ich atme erleichtert auf.
    Sie ist mir nicht mehr böse!
    Warum sollte sie auch? Sie hat sich gestern im Bus davon überzeugen können, dass ich die Wahrheit gesagt habe und dass das Hippiemädchen aus dem Hyde Park tatsächlich meine Schwester ist. Alles ist wieder gut und meine Stimmung bessert sich schlagartig.
    Ich schlendere hinüber zu dem Butler, der Lenas Koffer von der Kutsche zum Bus schleppt.
    »Halten Sie durch«, raune ich ihm zu. »Die Tage Ihrer Knechtschaft sind gezählt.«
    Schließlich kann es sich nur noch um Stunden handeln, bis die Queen persönlich einschreitet und nach meinem Brief die Verhaftung des kleinen Lords anordnet.
    Aber entweder versteht er mich nicht, oder er nimmt es mir immer noch übel, dass ich den Rolls-Royce geschrottet habe und er deswegen vorne auf dem Kutschbock ganz nass geworden ist.
    Egal, ich bin viel zu gut gelaunt, um mir von dem undankbaren Butler die Stimmung vermiesen zu lassen.

    Drei gute Gründe für meinen Stimmungsaufschwung:
    1) Lena hat mich angelächelt.
    2) Die Festnahme des kleinen Lords steht unmittelbar bevor.
    3) Es geht wieder nach Hause, und das bedeutet: Nie wieder Katzenfutter und Fritten mit Essig!

    Im Bus hat Opti ein paar der mitreisenden Kinder um sich geschart. Sie sitzt im Schneidersitz auf ihrem Platz und predigt von Friede, Freundschaft, Freiheit und so. Als sie mich sieht, winkt sie mir lächelnd zu und macht das Peace-Zeichen.
    Alex und Justin haben sich auf der Rückbank breitgemacht, und so, wie sie mich ansehen, legen sie keinen Wert auf meine Gesellschaft. Sie wissen, dass Opti keine Gefahr mehr für sie darstellt. Wenn das so bleibt, brechen zu Hause harte Zeiten für mich an.

    Ich setze mich in eine freie Reihe und hoffe, dass Lena nicht an mir vorbeigeht. Tut sie auch nicht. Sie setzt sich neben mich, obwohl überall sonst noch ganz viele andere Plätze frei sind.
    Draußen steht der kleine Lord und winkt. Als der Bus losfährt, läuft er neben uns her. Nach fünf Kilometern gibt der Angeber auf. So ein guter Sportler, wie er immer behauptet hat, ist er gar nicht.
    »Er hat mir übrigens gut gefallen«, sagt Lena, als der kleine Lord hinter uns zurückbleibt und nur noch als kleiner Punkt und dann gar nicht mehr zu sehen ist. »Sehr gut sogar.«
    »Wer?«, frage ich verständnislos. »Der kleine Lord?«
    »Der doch nicht! Der Song, den du geschrieben hast. Der Song über uns.«
    Ich würde gerne etwas Nettes antworten. Aber ich kann nicht, weil ich vor lauter Verlegenheit einen Kloß im Hals habe,
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