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Coolman und ich. Ganz großes Kino (German Edition)

Coolman und ich. Ganz großes Kino (German Edition)

Titel: Coolman und ich. Ganz großes Kino (German Edition)
Autoren: Rüdiger Bertram
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Abendessen aus ihrem Zimmer gekrochen, um sich den Besucher anzuschauen. Dabei ist man bei Anti nie ganz sicher, wen sie gerade ins Visier genommen hat. Sie verbirgt ihre Augen hinter ihren langen, schwarz gefärbten Haaren, die ihr wie ein Vorhang vor dem Gesicht hängen.

    Anti heißt eigentlich Antigone, aber die Kurzform ist eindeutig der passendere Name für sie.
    Jonny Pony und meine Eltern schwelgen während des Essens in Erinnerungen an Berlin, wo die drei gemeinsam in einer WG gelebt haben. Ich wusste gar nicht, wie viele Freunde meine Mutter vor meinem Vater hatte. Die Liste ist ziemlich lang und Jonny Pony scheint irgendwo zwischen Platz 15 und 20 zu liegen.
    »Du warst eben nicht so ein Spätzünder wie dein Gatte«, lacht Jonny Pony und zwinkert meiner Mutter verschwörerisch zu.
    »Ich war ja auch seine erste richtige Freundin«, kichert Mama.
    »Er hat eben achtundzwanzig Jahre auf dich gewartet«, sagt Jonny Pony mit einem spöttischen Blick auf meinen Vater.
    Die beiden lachen noch lauter.
    Mein Vater lacht auch. Weil er Schauspieler ist, kann er sich gut verstellen. Doch mich täuscht er nicht. Das Gespräch ist ihm unangenehm und das kann ich gut verstehen.
    Ich hatte bis jetzt auch erst eine Freundin: Lena. Unsere Beziehung hielt genau fünf Minuten. Aber ich fände es auch nicht schön, wenn sie vorher schon mit einem Dutzend anderer Kerle Händchen gehalten hätte.

    Sehr witzig, COOLMAN!
    Mir ist überhaupt nicht zum Lachen zumute. Ich mag Jonny Pony nicht und mein Vater tut mir leid.
    »Und was für ein Film soll das jetzt genau werden?«, frage ich, um von dem peinlichen Thema abzulenken.
    »Eine Geschichte mit Kindern«, erklärt Jonny Pony. »Etwas völlig Neues! Das wird der Super-Mega-Hammer! Wir drehen alles digital und in 3-D. Morgen ist das Casting in der Schule oben auf dem Hügel. Dort suchen wir unsere Hauptdarsteller. Ich spiele den Schurken, aber für den Rest wollen wir Laien, die noch unverdorben sind vom Showbusiness. Echte Menschen mit echten Gefühlen!«
    Dabei sieht er Anti an. Mich nicht.
    Ich erinnere mich vage, dass da vor ein paar Tagen eine Ankündigung am Schwarzen Brett hing.
    »Das ist doch eure Schule, Kai!«, sagt meine Mutter und schaut mich aufmunternd an.
    Ihr würde es gefallen, wenn ich bei dem Casting dabei wäre. Aber ich denke gar nicht dran. Zwei Schauspieler in der Familie reichen. Ich will später lieber einen soliden Beruf haben: Astronaut oder Geheimagent zum Beispiel.

    Ich habe keine Lust, ein Star zu sein. Das ist mir viel zu stressig. Ständig diese Autogrammjäger und Fotografen um einen rum, und wenn man mal in der Nase popelt, ist das Bild gleich in der Zeitung.
    Nein danke!
    Aber Anti hat angebissen. Sie streicht sich die Haare aus dem Gesicht (!) und lächelt (!!).
    Das tut sie sonst nie (!!!).
    »Wann ist denn das Casting?«, fragt sie.
    »Morgen früh geht’s los«, antwortet Jonny Pony und zeigt mit dem Zeigefinger direkt auf sie. »Und ich würde mich freuen, dich dort zu sehen, junge Dame.«
    Jeden anderen hätte Anti für so einen Spruch ohne Vorwarnung mit einem gezielten Karateschlag zum Schweigen gebracht. Aber sie lächelt einfach weiter.
    »Dann wird es jetzt Zeit für euch, ins Bett zu gehen. Damit ihr morgen auch fit seid«, sagt meine Mutter. »Kai, du schläfst bei Antigone. Jonny kriegt dein Zimmer, solange er hier ist. Dann muss er nicht im Hotel schlafen.«
    »Ich nehme gern sein Hotelzimmer«, schlage ich schnell vor, weil ich auf keinen Fall in Antis Zimmer schlafen will.
    Drei gute Gründe, warum ich nicht in Antis Zimmer übernachten will:
    1) Antis Zimmer ist dunkler als das schwärzeste schwarze Loch, weil sie alle Wände in ihrem Zimmer in ihrer Lieblingsfarbe gestrichen hat.
    2) Anti lässt sich jeden Morgen mit ihrer geliebten Krawumm-Musik wecken.
    3) Antis Unterwäsche liegt über den ganzen Boden verstreut, weil sie Schränke für überflüssig hält.
    »Stell dich nicht so an, Kai! Es ist doch nur für ein paar Wochen«, erwidert meine Mutter, und damit ist das Thema für sie erledigt.
    Während ich noch über die Bedeutung von »ein paar Wochen« grüble, grinst Jonny Pony mich schadenfroh an. Als Rache dafür, dass ich den genialen Regisseur nicht sofort erkannt habe. Geschlagen trotte ich hinter Anti her und hole meine Sachen aus meinem Zimmer.
    »Wehe, du schnarchst!«, zischt Anti mir von ihrem Bett aus zu. Unter ihrem schwarzen Laken ist sie kaum zu erkennen.
    »Ich wünsche dir auch eine gute Nacht«,
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