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Cool

Cool

Titel: Cool
Autoren: Ken Follett
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er sich der Realität. Er läßt das französische Algerien fallen wie eine heiße Kartoffel. Die OAS fühlt sich verraten und verkauft.
    1961 trifft sich Spaggiari an einem Madrider Swimmingpool heimlich mit Pierre Lagaillarde, dem ehemaligen Führer der rechtsgerichteten algerischen Studenten. Spaggiari zu Lagaillarde: »Ich stehe immer zu ihrer Verfügung. Ich führe jede Operation durch, die Sie befehlen!«
    Im November des gleichen Jahres hat Spaggiari seine große Chance. Der verhaßte Präsident de Gaulle kündigt seinen Besuch in Hyeres an. Seine Staatskarosse soll auch am iCaprice des Dames< vorbeifahren, dem Wäschegeschäft von Spaggiaris Mutter. Albert schreibt einen Brief, den er in der italienischen Grenzstadt Vintimille aufgibt. Per Einschreiben, aber die Quittung unterschreibt er mit einem falschen Namen. Die melodramatische Nachricht lautet: >Leutnant Lagaillarde, ich erwarte nur einen einzigen Befehl von Ihnen - den Befehl zur Exekution!<
    Spaggiari trifft am Morgen des 8. November 1961 in Hyères ein. Er kommt aus Nizza. Die Rolläden vor den Geschäften sind geschlossen, alles steht in Erwartung des hohen Besuchs. Albert besorgt sich heimlich den Schlüssel für den Wäscheladen. Im Hof der Mutter stellt er ein Fluchtmotorrad ab. Dann begibt er sich in die leere Wohnung, im ersten Stock des Hauses. Hier kennt er sich aus. Schließlich hat er jahrelang in dieser Wohnung gewohnt. Er steht am Fenster und hält ein Mauser-Gewehr in der Hand.
    Um etwa vier Uhr nachmittags biegt der Konvoi des Präsidenten in die eigens zu diesem Anlaß umgetaufte Avenue Charles de Gaulle< ein. Trotz des schlechten Wetters steht der Staatschef in seiner Limousine, lächelt und winkt der jubelnden Menge zu.
    Um vier Uhr zwölf ist de Gaulle genau in Spaggiaris Visier, weniger als fünf Meter von ihm entfernt - ein leichtes Spiel für den besten Schützen der Fallschirmjäger des Dritten Vietnam-Bataillons.
    Doch Spaggiari drückt nicht ab. Lagaillarde hat ihm den erbetenen Exekutionsbefehl nicht geschickt. Der OAS-Chef hat den theatralischen Spaggiari und dessen Brief nicht ernst genommen.
    Einmal in seinem Leben hat Spaggiari die Autorität eines anderen respektiert - das Schweigen Lagaillardes. Im März 1962 durchsucht die Polizei eine Villa in Villefranche-sur-Mêr, einem der schönsten Orte der Côte d’Azur, zwischen Nizza und Cap Ferrât. Die Beamten finden eine Druckerpresse, auf der Flugblätter der verbotenen OAS hergestellt werden, sowie ein verstecktes Waffenlager. Eine kleine Gruppe von Extremisten wird festgenommen - darunter auch Spaggiari.
    Das Gericht des Département Alpes-Maritimes verurteilt ihn zu vier Jahren Haft. Er wird in das St.-Martin-Gefängnis auf der Insel Ré eingeliefert. Seine Kameraden kommen mit Bewährungsstrafen davon.
    Es ist nicht ganz klar, warum Spaggiari als einziger seine Strafe absitzen muß. Aber der Schluß liegt nahe, daß die Behörden von seinem Attentats-Versuch auf de Gaulle gewußt haben.
     
    1966 wird er entlassen und kehrt zu seiner Frau und seinen Freunden nach Nizza zurück. Er beschäftigt sich mit Fotografie und eröffnet ein Stockwerk unter der Praxis seiner Frau, an der Route de Marseille Nummer 56, einen kleinen Laden. Er nennt das Geschäft >Photo la Vallière<. Seine Abende verbringt er in Bistros und Bars. Er spricht oft mit Freunden von der OAS oder mit Kameraden aus Vietnam. Schließlich tritt er einer neuen, rechtsextremistischen Organisation bei, der bizarren >SS Waffenbrüderschaft<.
    Während dieser Zeit reist er häufiger nach München, das damals als Zentrum des deutschen Neonazismus gilt. Audi erzählt den Leuten, er sei nach München gefahren, um Deutsch zu lernen, da er später einmal als Dolmetscher arbeiten wolle.
    Doch das ist offensichtlich nur ein Vorwand. Denn Spaggiari hat nie richtig Deutsch gelernt und auch nie versucht, eine Stelle als Dolmetscher zu bekommen. Dieser Abschnitt seines Lebens ist nach wie vor verschwommen. Es gibt Anzeichen dafür, daß er Kontakte mit allen möglichen Rechtsextremisten in Europa geknüpft hat, aber auch mit der amerikanischen CIA soll er ins Geschäft gekommen sein. Er hat Verbindung zu den italienischen Neo-Faschisten, und er steht im Verdacht, an Waffenschiebereien und Waffenschmuggel beteiligt gewesen zu sein.
    Im Jahre 1969, als russische Panzer durch die Straßen von Prag rollen, hält sich Spaggiari unter falschem Namen und mit gefälschtem Presseausweis in der Tschechoslowakei auf. Er selber macht
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