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Cool

Cool

Titel: Cool
Autoren: Ken Follett
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nach rechts, für die Vertikal-Stäbe eine Vierteldrehung nach links. Während dieser umständlichen Prozedur können die Angestellten das leise Quietschen des Öffnungsmechanismus aus dem Innern der Tür hören.
     
    Acht Uhr fünfunddreißig: Das Schloß hat die Bolzen freigegeben. Einer der Männer stößt sanft mit dem linken Arm gegen die Tür. Nichts geschieht.
    Das zwanzigtonnenschwere Ungetüm rührt sich keinen Millimeter von der Stelle.
    Von diesem Moment an soll es für Pierre Bigou nicht mehr ein Montag wie jeder andere werden.
    Die beiden Angestellten sehen sich zuerst etwas verwundert an, zucken mit den Schultern und fangen noch einmal von vorn an.
    Zwei Schlüssel ins Schloß.
    Rad Nummer eins: Eine Vierteldrehung nach rechts, dann eine Vierteldrehung nach links.
    Rad Nummer zwei: Eine Vierteldrehung nach rechts, eine Vierteldrehung nach links.
    Rad Nummer drei: Eine Vierteldrehung nach rechts, eine Vierteldrehung nach links.
    Beschwörend flüstert einer der beiden: »Sesam, öffne dich!« Wieder ein sanfter Stoß gegen die Tür. Nichts. »Was ist denn los?« fragt eine Stimme.
    Die beiden Angestellten drehen sich um und sehen einen Angestellten auf der Treppe stehen. »Nichts Besonderes«, antwortet der eine. »Es ist nur die Tür. Die klemmt.«
    Der Kunde grinst: »Wenn sie schon nicht in den Tresorraum kommen, dann kann man ja ganz sicher sein, daß diese Bank von niemandem ausgeraubt wird.« Die zwei Angestellten lächeln dünn und versuchen die ganze Prozedur zum drittenmal.
    Inzwischen hat sich eine kleine Menschenmenge auf der Treppe angesammelt. Der Sarkasmus, der aus einigen Bemerkungen der Kunden klingt, ärgert die beiden an der Stahltür. Aber sie nehmen es wortlos hin. Die «Société Generale« ist eine seriöse Bank. Der Kunde ist König. Immer.
    Um zehn vor neun geben die beiden Männer schließlich auf. Sie entschuldigen sich bei der wartenden Menge und gehen nach oben, um ihren Vorgesetzten zu informieren. Die Temperatur steigt weiter an.
    Der Bankdirektor kommt persönlich, um sich bei der wartenden Kundschaft zu entschuldigen.
    Jacques Guenet ist ein vertrauenerweckender Mann, sechzig Jahre alt, kräftig gebaut und wohlbekannt als Vizepräsident des Rugby-Clubs von Nizza. Man sagt ihm nach, er habe merfs solides« - Nerven wie Drahtseile. Guenet lächelt bedauernd und spricht mit ruhiger, gelassener Stimme. Ein fürchterlicher Umstand sei das, stimmt er den Wartenden zu. Aber schließlich sei eine klemmende Tür doch noch nicht das Ende der Welt, oder? In wenigen Minuten werde ein Fachmann zur Stelle sein. Aber er könne nicht sagen, wie lange der brauchen werde, um das Monstrum zu öffnen.
    Während er die Leute die Treppe hinaufkomplimentiert, sagt er: »Darf ich sie bitten, heute Nachmittag um zwei Uhr wiederzukommen? Ich bin sicher, daß dann alles in Ordnung sein wird. Es ist nur eine kleine Störung, an der mit Sicherheit diese fürchterliche Hitze schuld ist…« Als er zur Tresortür zurückkommt, steht Pierre Bigou dort und sieht den beiden Angestellten zu, die es noch einmal versuchen. Noch ein letztes Mal. Weder Bigou noch Guenet sind sonderlich bestürzt über dieses Ereignis: Das Schloß hat in seiner fünfzigjährigen Existenz schon einmal geklemmt. Der Schlosser brauchte damals nur einen einzigen Tropfen Öl - und die Tür ging auf. Die beiden Angestellten drehen jetzt schon zum x-ten Mal an den drei großen Rädern - die Tür rührt sich immer noch nicht.
    Es ist neun Uhr. Pierre Bigou geht zurück in sein Büro, greift zum Telefonhörer und wählt die Nummer 80 97 61. Das ist die Niederlassung von »Fichet-Bauche« in Nizza. Die Leitung ist besetzt. Er wirft einen kurzen Blick auf die Morgenzeitung: Zwei deutsche Touristen sind erschossen worden, ein Zuhälter hat für seine Mädchen die stolze Summe von zweihundertvierzigtausend Francs erhalten.
    Bigou, den ein respektloser Mitarbeiter einmal »Sankt Peter« genannt hat, schaudert innerlich. Das Nizza der siebziger Jahre ruft unweigerlich die Erinnerung an das Chicago der dreißiger Jahre wach. Bürgermeister Jacques Médecin hat zwar dieser Stadt ein neues Gesicht gegeben. Äußerlich, ja. Aber er konnte nicht verhindern, daß gleichzeitig mit dieser Wandlung auch die internationale Rauschgift-Mafia ihr neues Domizil fand. Das »Milieu« ist in zwei Lager gespalten - auf der einen Seite Italiener, auf der anderen die Korsen. Zwölf Nachtclubbesitzer sind innerhalb eines einzigen Jahres ermordet worden. Auf der
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