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Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers

Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers

Titel: Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers
Autoren: Andrea Camilleri
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sie denn hingehen sollen?«
    »Hatte sie Geld dabei?«
    »Keine Ahnung. Dreißig Euro vielleicht.«
    »Hat sie irgendwo Verwandte oder Freunde, an denen sie besonders hängt?«
    »Susanna besucht nur manchmal meinen Bruder. Sie trifft sich auch mit dem jungen Mann, der mir beim Suchen geholfen hat. Sie gehen ins Kino oder Pizza essen. Sonst hat sie keine engeren Freunde.«
    »Und die Freundin, mit der sie für die Prüfung lernt?«
    »Ich glaube, das ist nur eine Studienkollegin.«
    Jetzt kam ein schwieriges Kapitel, und Montalbano musste vorsichtig fragen, um dem verletzten Mann nicht noch mehr wehzutun. Montalbano holte tief Atem, die Morgenluft war trotz allem lieblich und wohlriechend.
    »Sagen Sie, der Freund Ihrer Tochter … Wie heißt er?«
    »Francesco. Francesco Lipari.«
    »Versteht Susanna sich gut mit ihm?«
    »Im Großen und Ganzen schon, soviel ich weiß.«
    »Was heißt im Großen und Ganzen?«
    »Dass sie sich am Telefon manchmal gestritten haben … Um Kleinigkeiten, wie sich verliebte junge Leute eben streiten.«
    »Könnte es nicht sein, dass Susanna einen heimlichen Verehrer getroffen hat, der sie überredet hat …«
    »… mit ihm wegzugehen, meinen Sie? Commissario, Susanna war immer fair. Wenn sie etwas mit einem anderen Mann angefangen hätte, dann hätte sie es Francesco bestimmt gesagt und sich von ihm getrennt.«
    »Sie sind also sicher, dass sie verschleppt wurde?«
    »Ich fürchte, ja.«
    Fazio erschien in der Tür.
    »Was gibt’s?«, fragte Mistretta.
    »Oben hat es geläutet.«
    Mistretta lief ins Haus, Montalbano folgte ihm langsam, nachdenklich. Er trat in den Salon und setzte sich in den freien Sessel vor dem Telefon.
    »Der arme Kerl«, sagte Fazio. »Er tut mir so schrecklich Leid.«
    »Findest du es nicht seltsam, dass sich die Kidnapper noch nicht gemeldet haben? Es ist fast zehn.«
    »Ich kenne mich mit Entführungen nicht so aus«, sagte Fazio.
    »Ich auch nicht. Und Mimì auch nicht.«
    Wie heißt es so schön? Kaum spricht man vom Teufel … Mimì Augello kam herein.
    »Wir haben nichts gefunden. Und was machen wir jetzt?«
    »Informier alle, die es wissen müssen, über Susannas Verschwinden. Gib mir die Adresse ihres Freundes, und auch Namen und Adresse des Mädchens, mit dem sie fürs Examen gelernt hat.«
    »Und du?«, fragte Mimì, während er auf einen Zettel schrieb, worum Montalbano ihn gebeten hatte.
    »Ich verabschiede mich von Mistretta, wenn er runterkommt, und gehe dann ins Büro.«
    »Bist du nicht noch krankgeschrieben?«, fragte Mimì. »Ich wollte doch nur deinen Rat und nicht …«
    »Und du überlässt Catarella das Kommissariat?«
    Statt einer Antwort folgte besorgtes Schweigen.
    »Ruf sofort an, wenn sich die Entführer melden, was sie hoffentlich bald tun«, ordnete der Commissario an.
    »Warum hoffen Sie, dass die sich bald melden?«, fragte Fazio.
    Bevor er antwortete, las der Commissario den Zettel, den Augello ihm gereicht hatte, und steckte ihn ein.
    »Weil wir dann sicher sein können, dass es sich um Erpressung handelt. Wir brauchen uns nichts vorzumachen. Eine junge Frau wie Susanna wird nur aus zwei Gründen entführt: Geld oder sexueller Missbrauch. Gallo sagt, sie sei sehr hübsch. Sollte es sich also um Letzteres handeln, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie nach der Vergewaltigung getötet wurde.«
    Eisiges Schweigen. In der Stille hörten sie Mistretta mit schlurfenden Schritten zurückkommen.
    »Haben Sie … etwas gefunden?«, fragte er, als er Augello sah.
    Mimì schüttelte den Kopf.
    Mistretta wurde es schwindlig, er schwankte. Mimì war sofort bei ihm und stützte ihn.
    »Warum haben sie das getan? Warum?!«, sagte er und bedeckte das Gesicht mit den Händen.
    »Wie, warum?«, sagte Augello, der ihn trösten wollte. »Bestimmt werden sie ein Lösegeld fordern, das Gericht wird einer Zahlung höchstwahrscheinlich zustimmen und dann …«
    »Und wie soll ich das zahlen? Womit?«, rief der Mann verzweifelt. »Jeder weiß doch, dass wir nur von meiner Pension leben! Und dass wir außer diesem Haus nichts besitzen!«
    Montalbano stand neben Fazio. Er hörte ihn flüstern:
    »Heilige Muttergottes! Ja dann …«
    Er ließ sich von Gallo bei Tina Lofaro absetzen, Susannas Studienkollegin, die in der Hauptstraße von Vigàta wohnte. Das dreistöckige Haus war ziemlich alt, wie alle Häuser im Zentrum. Der Commissario wollte gerade an der Sprechanlage klingeln, als die Tür aufging und eine etwa fünfzigjährige Frau mit einem leeren
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