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Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Titel: Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen
Autoren: Andrea Camilleri
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möglicherweise dieser Blödmann Mimi, der ihm sagen wollte, dass er keine Lust mehr hatte zu heiraten. Er schlug sich mit der Hand an die Stirn. Jetzt wusste er, wie am vorigen Abend das Missverständnis zustande gekommen war! Augello hatte gesagt: »Ho deciso di sposarmi, ich habe beschlossen zu heiraten«, und er hatte verstanden: »Ho deciso di spararmi, ich habe beschlossen, mich zu erschießen.« Natürlich! Als ob man das in Sizilien so sagen würde! In Sizilien heißt das ci si marita. Wenn Frauen sagen mi voglio maritari, meinen sie: »Ich will mir einen Ehemann nehmen«; wenn Männer das sagen, meinen sie: »Ich will ein Ehemann werden.« Er nahm den Hörer ab.
    »Hast du's dir anders überlegt?«
    »Nonsi, Dottore, das geht schlecht. Was meinen Sie überhaupt?«
    »Entschuldige, Fazio, ich dachte, da sei jemand anderes dran. Was gibt's?«
    »Verzeihen Sie, wenn ich so früh anrufe, aber -«
    »Aber?«
    »Catarella ist nirgends zu finden. Er ist seit gestern Nachmittag verschwunden, er hat das Büro verlassen, ohne zu sagen, wo er hingeht, und ist nicht wieder aufgetaucht. Wir haben sogar in Montelusa in den Krankenhäusern nachgefragt.«
    Fazio redete noch weiter, doch der Commissario hörte ihn gar nicht mehr. Catarella! Den hatte er völlig vergessen! »Entschuldige, Fazio, ich bitte euch alle um Entschuldigung. Er sollte für mich etwas erledigen, und ich habe euch nicht Bescheid gesagt. Macht euch keine Sorgen.« Deutlich hörte er, wie Fazio erleichtert aufseufzte.
     
    Er brauchte zwanzig Minuten, um zu duschen, sich zu rasieren und sich anzuziehen. Er fühlte sich zerschlagen. Als er in die Via Cavour 44 kam, kehrte die Pförtnerin gerade den Straßenabschnitt vor der Haustür. Sie war so dürr, dass sie sich praktisch nicht von dem Besenstiel unterschied. Wem ähnelte sie nur? Ach ja. Olivia, der Verlobten von Popeye. Er nahm den Aufzug, fuhr in den dritten Stock und öffnete mit dem Dietrich die Tür von Nenè Sanfilippos Wohnung. Innen war das Licht an. Catarella saß hemdsärmelig vor dem Computer. Als er seinen Chef hereinkommen sah, sprang er auf, schlüpfte in seine Jacke und zog den Krawattenknoten zurecht. Er war unrasiert und hatte gerötete Augen. »Zu Befehl, Dottori!«
    »Du bist immer noch hier?«
    »Ich bin fast fertig, Dottori. Bloß noch zwei Stunden.«
    »Hast du was gefunden?«
    »Mi scusasse, Dottori, wollen Sie, dass ich es mit technischen Wörtern oder mit einfachen Wörtern sage?«
    »Mit ganz einfachen, Catare.«
    »Also, dann sag ich, dass in dem Computer ein Scheißdreck ist.«
    »Wie meinst du das?«
    »Wie ich das grad gesagt hab, Dottori. Er ist nicht ans Internet angeschlossen. Der hat da nur was drin, was er grad schreibt.«
    »Was denn?«
    »Ich glaub, das ist ein Roman, Dottori.«
    »Und was noch?«
    »Dann noch die Kopie von allen Briefen, die er geschrieben hat und die er gekriegt hat. Ganz schön viele.«
    »Geschäftsbriefe?«
    »Ca quali afari e afari, von wegen Geschäftsbriefe, Dottori. Littre dipilo sono.«
    »Ich verstehe nicht.« Da wurde Catarella rot. »So Liebesbriefe, aber …«
    »Schon gut, ich habe verstanden. Und auf den Disketten?«
    »Cose vastase, Dottori, unanständige Sachen. Männer mit Frauen, Männer mit Männern, Frauen mit Frauen, Frauen mit Tieren -«
    Catarellas Gesicht sah aus, als ginge es im nächsten Augenblick in Flammen auf. »Schon gut, Catare. Druck mir das aus.«
    »Alles? Frauen mit Männern, Männer mit Männern -« Montalbano stoppte die Litanei.
    »Ich meine den Roman und die Briefe. Aber jetzt gehst du erst mal mit mir in die Bar, trinkst einen Milchkaffee und isst ein paar cornetti, und dann bringe ich dich wieder her.«
     
    Als er das Büro betrat, kam gleich Imbrò, der den Telefondienst übernommen hatte, auf ihn zu. »Dottore, >Retelibera< hat mir eine Liste mit Namen und Telefonnummern von Leuten durchgegeben, die dort angerufen haben, nachdem sie das Foto der Griffos gesehen hatten. Ich habe alles hier aufgeschrieben.« Etwa fünfzehn Namen. Die meisten Telefonnummern waren aus Vigàta. Die Griffos waren also doch nicht so unauffällig, wie es im ersten Augenblick den Anschein gehabt hatte. Fazio kam herein.
    »Madonna, wir hatten vielleicht Angst, als wir Catarella nicht mehr finden konnten! Wir wussten nicht, dass er in geheimer Mission unterwegs war. Wissen Sie, welchen Spitznamen Galluzzo ihm gegeben hat? Agent 000.«
    »Seid nicht so kindisch. Gibt's was Neues?«
    »Ich habe die Mutter von Sanfilippo besucht.
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