Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Titel: Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen
Autoren: Andrea Camilleri
Vom Netzwerk:
dass er einer war, hatte er brillant bestätigt, als er sein Kommissariat als »blasierten Klüngel« bezeichnet hatte. In Wahrheit war es eine geschlossene Truppe, die zusammenhielt, ein gut geölter Mechanismus, bei dem jedes Rädchen seine Funktion und - warum nicht? - Persönlichkeit hatte. Und der Antriebsriemen, der das Getriebe am Laufen hielt, war eben Mimi Augello. Man musste die Sache als das betrachten, was sie war: ein Riss, der Beginn einer Spaltung. Eben der Anfang vom Ende. Wie lange würde Mimi durchhalten? Noch zwei Monate? Drei? Dann würde er Rebeccas, nein, Racheles Drängen, ihren Tränen nachgeben, und das war's dann gewesen. Und ich? fragte er sich. Was soll ich machen? Einer der Gründe, warum er eine Beförderung und die unvermeidliche Versetzung fürchtete, war die Gewissheit, dass es ihm an einem anderen Ort nie mehr gelingen würde, eine Truppe wie diese zu bilden, die er wie durch ein Wunder in Vigàta hatte auf die Beine stellen können. Aber während er das dachte, wusste er, dass auch dies nicht der wahre Grund war, weswegen er in diesem Augenblick litt, der Grund für den Schmerz, ja, verdammt, jetzt hast du endlich das richtige Wort gesagt, na und, schämst du dich?, sag es noch mal, das Wort, den Schmerz, den er empfand. Er mochte Mimi gern, mehr noch als ein Freund war er ihm ein jüngerer Bruder, und deshalb hatte ihn die Ankündigung, er werde fortgehen, mit der Wucht eines Revolverschusses mitten in die Brust getroffen.
    Das Wort Verrat war ihm durch den Kopf gefahren. Und Mimi hatte die Frechheit besessen, sich Livia anzuvertrauen, und er war sich dabei völlig sicher gewesen, dass sie ihm, ihrem Freund, großer Gott! nichts sagen würde. Und wahrscheinlich hatte er ihr auch von dem eventuellen Antrag auf Versetzung erzählt, und sogar das hatte sie ihm verschwiegen, ganz Komplizin seines Freundes Mimi! Ein schönes Paar! Er merkte, wie sein Schmerz in eine unsinnige und dumme Wut umschlug. Er schämte sich: Solche Gedanken passten nicht zu ihm.
     
    Filippo Tortorici erschien um viertel nach drei, etwas außer Atem. Er war ein kleiner Mann Anfang fünfzig, hager, mit einem kleinen Haarbüschel mitten auf dem ansonsten kahlen Kopf. Er sah aus wie ein Vogel, den Montalbano in einem Dokumentarfilm über Amazonien gesehen hatte.
    »Worum geht es denn? Mein Chef, Signor Malaspina, hat mich gleich zu Ihnen geschickt, aber er hat nichts Näheres gesagt.«
    »Sind Sie letzten Sonntag die Tour Vigàta-Tindari gefahren?«
    »Sissi, bin ich. Wenn die Firma diese Ausflüge organisiert, nimmt sie immer mich. Die Kunden wollen mich und bitten den Chef, mich fahren zu lassen. Sie vertrauen mir, ich bin von Natur aus ruhig und geduldig. Man muss Verständnis haben, das sind alles alte Leute, die dauernd was brauchen.«
    »Werden solche Fahrten oft unternommen?«
    »In der schönen Jahreszeit mindestens alle vierzehn Tage. Mal nach Tindari, mal nach Erice, mal nach Syrakus, mal nach -«
    »Sind die Teilnehmer immer dieselben?«
    »Ein Dutzend ja. Die anderen wechseln.«
    »Wissen Sie vielleicht, ob Alfonso und Margherita Griffo bei der Fahrt am Sonntag dabei waren?«
    »Natürlich waren sie dabei! Ich habe ein gutes Gedächtnis! Aber warum fragen Sie?«
    »Wissen Sie denn nichts? Sie sind verschwunden.«
    »O Madunnuzza santa! Was heißt verschwunden?«
    »Dass sie nach dieser Fahrt nicht mehr gesehen wurden. Auch im Fernsehen wurde gesagt, dass ihr Sohn verzweifelt ist.«
    »Das wusste ich wirklich nicht.«
    »Sagen Sie, kannten Sie die Griffos schon vor dem Ausflug?«
    » Nonsi, nie gesehen.«
    »Wie können Sie dann sagen, die Griffos seien im Bus gewesen?«
    »Weil mir der Chef vor der Abfahrt die Liste gibt. Und ich rufe vor der Abfahrt alle Namen auf.«
    »Und bei der Rückfahrt machen Sie das auch?«
    »Natürlich! Und die Griffos waren dabei.«
    »Erzählen Sie, wie diese Reisen ablaufen.«
    »Normalerweise starten wir gegen sieben Uhr morgens. Je nachdem, wie lange man braucht, um an den Zielort zu kommen. Die Ausflügler sind alles ältere Leute, Rentner und so. Sie machen die Fahrt nicht, um, was weiß ich, die schwarze Madonna von Tindari zu besuchen, sondern um einen Tag in Gesellschaft zu verbringen. Verstehen Sie, was ich meine? Alte Leute ohne Freunde, die Kinder aus dem Haus - Auf der Fahrt werden sie von jemandem unterhalten, der Sachen verkauft, was weiß ich, Hausrat, Decken - Wir kommen immer rechtzeitig zur Mittagsmesse an. Zum Essen gehen sie in ein Restaurant, mit dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher