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Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine

Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine

Titel: Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine
Autoren: Andrea Camilleri
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gibt, die sie in den Kasten legen soll. Jene Geige, die mein ahnungsloser Held sich zu stehlen beeilt. Ach ja, das habe ich ganz vergessen, mein Held entwendet auch den Beutel mit dem Schmuck und die Piaget, nachdem er die Frau getötet hat. Wie heißt es so schön? Kleinvieh macht auch Mist. Er lässt Kleider und Schuhe verschwinden, aber das tut er, um die Spuren möglichst weitgehend zu verwischen und die DNS­Analyse zu vermeiden.«
    Alles hatte er erwartet, nur nicht Serravalles Reaktion. Zuerst glaubte Montalbano, der Antiquar, der in diesem Augenblick mit dem Rücken zu ihm stand und aus dem Fenster sah, würde weinen. Dann wandte Serravalle sich um, und Montalbano sah, dass er sich mühsam das Lachen verbiss. Doch es genügte ein winziger Moment, in dem sein Blick dem des Commissario begegnete, und das Gelächter brach mit voller Wucht aus ihm heraus. Serravalle lachte und weinte. Dann nahm er sich merklich zusammen und beruhigte sich.
    »Vielleicht ist es besser, wenn ich mit Ihnen komme.«
    »Das würde ich Ihnen raten«, sagte Montalbano. »Die Leute, die Sie in Bologna erwarten, haben etwas anderes mit Ihnen vor.«
    »Ich packe ein paar Sachen zusammen, dann können wir gehen.«
    Montalbano sah, wie er sich über seinen Koffer beugte, der auf einer Truhe lag. Etwas in einer Bewegung Serravalles beunruhigte ihn, und er sprang auf.
    »Nein!«, schrie der Commissario und war mit einem Satz bei ihm.
    Zu spät. Guido Serravalle hatte sich schon den Lauf eines Revolvers in den Mund gesteckt und abgedrückt. Mühsam bezwang der Commissario seinen Brechreiz und wischte sich mit den Händen das Gesicht ab, von dem eine schleimige warme Masse troff.

Achtzehn
    Guido Serravalle hatte es den halben Kopf weggerissen, der Krach in dem kleinen Hotelzimmer war so laut gewesen, dass Montalbano eine Art Pfeifen in den Ohren hörte. War es möglich, dass noch niemand an die Tür geklopft und gefragt hatte, was passiert war? Das Albergo della Valle war Ende des neunzehnten Jahrhunderts gebaut worden, die Mauern waren dick und fest, und wahrscheinlich waren um diese Zeit alle Hotelgäste unterwegs und fotografierten die Tempel. Besser so.
    Der Commissario ging ins Bad und wusch sich, so gut es ging, die vom Blut klebrigen Hände; dann nahm er den Telefonhörer auf.
    »Hier ist Commissario Montalbano. Auf Ihrem Parkplatz steht ein Streifenwagen, der Beamte soll raufkommen. Und schicken Sie mir sofort den Direktor!«
    Gallo kam als Erster. Er erschrak, als er seinen Chef so sah, Gesicht und Kleider blutbeschmiert.
    »Dottore, Dottore, sind Sie verletzt?«
    »Keine Sorge, das ist nicht mein Blut, es ist von dem da.«
    »Und wer ist das?«
    »Der Mörder der Licalzi. Aber sag noch niemandem was.
    Fahr schnell nach Vigàta und sag Augello, er soll per Telex eine Meldung nach Bologna schicken: Sie müssen einen Typen strengstens überwachen, so einen windigen Kriminellen, dessen Daten sie bestimmt haben, er heißt Eolo Portinari. Er ist sein Komplize«, sagte Montalbano abschließend und zeigte auf den Selbstmörder. »Und dann kommst du sofort wieder her.«
    An der Tür trat Gallo beiseite, um den Direttore, ein zwei Meter großes und entsprechend breites Mannsbild, vorbeizulassen. Als dieser die Leiche mit dem halben Kopf und das versaute Zimmer sah, machte er »hä?«, als hätte er eine Frage nicht verstanden, fiel im Zeitlupentempo auf die Knie und dann mit dem Gesicht nach vorn auf den Boden, wo er ohnmächtig liegen blieb. Die Reaktion des Direttore war so unmittelbar gewesen, dass Gallo gar keine Zeit gehabt hatte zu gehen. Die beiden zogen den Direttore ins Bad und lehnten ihn gegen die Wanne, Gallo nahm die Dusche, öffnete den Hahn und zielte auf seinen Kopf. Der Riese kam fast sofort wieder zu sich.
    »Gott sei Dank! Gott sei Dank!«, murmelte er und trocknete sich ab.
    Als Montalbano ihn fragend ansah, bestätigte der Direttore, was sich der Commissario schon gedacht hatte:
    »Die japanische Reisegruppe ist unterwegs.«
    Bevor Giudice Tommaseo, Dottor Pasquano, der neue Chef der Mordkommission und die Leute von der Spurensicherung kamen, musste Montalbano Hemd und Anzug wechseln; er gab damit dem Drängen des Direktors nach, der ihm Sachen von sich leihen wollte. Er passte zweimal in die Klamotten des Riesen; seine Hände verschwanden in den Ärmeln, die Hosenbeine falteten sich wie eine Ziehharmonika über den Schuhen, und er sah aus wie der Zirkuszwerg Bagonghi. Das setzte seiner Laune viel mehr zu, als jedem
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