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Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine

Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine

Titel: Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine
Autoren: Andrea Camilleri
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spritzenden Kies. Der Fahrer hatte den Wagen gewendet und startbereit hingestellt.
    Als Montalbano reisefertig das Haus verließ, stand Gallo da, der Fahrer des Kommissariats, und juchzte.
    »Taliasse ccà, Dottore! Schauen Sie sich diese Reifenspuren an! Fabelhaft gewendet! Ich hab den Wagen um sich selbst gedreht!«
    »Toll«, sagte Montalbano finster.
    »Soll ich das Martinshorn anmachen?«, fragte Gallo, als sie losfuhren.
    »Steck's dir sonstwohin«, gab Montalbano giftig zurück und schloss die Augen. Er hatte keine Lust zu reden.
    Als Gallo, der am Indianapolis-Syndrom litt, sah, dass sein Chef die Augen zugemacht hatte, drückte er aufs Gas, um auf einen Kilometerschnitt gemäß den Fahrerqualitäten, die er zu haben glaubte, zu kommen. Sie waren noch keine Viertelstunde unterwegs, da krachte es schon. Als die Bremsen quietschten, öffnete Montalbano die Augen, sah aber überhaupt nichts; sein Kopf wurde erst heftig nach vorn geschleudert und dann durch den Sicherheitsgurt wieder nach hinten gedrückt. Es folgte das verheerende Geräusch, wenn Blech gegen Blech knallt, und dann Stille, eine Stille wie im Märchen, mit Vogelgezwitscher und Hundegebell.
    »Hast du dir weh getan?«, fragte der Commissario, als er sah, dass Gallo sich die Brust massierte.
    »Nein. Und Sie?«
    »Ich auch nicht. Wie ist denn das passiert?«
    »Una gaddrina, ein Huhn ist mir reingelaufen.«
    »Ich hab noch nie erlebt, dass ein Huhn die Straße überquert, wenn ein Auto kommt. Sehen wir mal nach, was kaputt ist.«
    Sie stiegen aus. Keine Menschenseele fuhr vorbei. Der lange Bremsweg hatte Spuren auf dem Asphalt hinterlassen: Da, wo sie anfingen, war ein dunkler Klumpen zu sehen. Gallo ging hin und wandte sich dann triumphierend dem Commissario zu.
    »Was hab ich gesagt? Ein Huhn war's.«
    Eindeutig Selbstmord. Das Auto, das sie gerammt hatten und dessen Heck völlig zertrümmert war, war wohl ordnungsgemäß am Straßenrand geparkt gewesen, aber nach dem Aufprall stand es etwas schräg. Es war ein flaschengrüner Renault Twingo, der anscheinend die Zufahrt zu einem Weg versperren sollte; dieser Weg führte nach etwa dreißig Metern zu einer kleinen zweistöckigen Villa, deren Tür und Fenster verriegelt waren. An dem Streifenwagen waren nur ein Scheinwerfer zersplittert und der rechte Kotflügel verbeult.
    »Und was machen wir jetzt?«, fragte Gallo zerknirscht.
    »Wir fahren weiter. Glaubst du, unser Auto geht noch?«
    »Ich probier's mal.«
    Knirschend löste sich der Wagen im Rückwärtsgang aus dem anderen Auto, in das er sich verkeilt hatte. Auch jetzt zeigte sich niemand an einem der Fenster der Villa. Die Leute hatten offenbar einen guten Schlaf, denn der Twingo gehörte sicher jemandem, der hier wohnte, es gab keine anderen Häuser in der Umgebung. Während Gallo mit beiden Händen versuchte, den Kotflügel anzuheben, der am Reifen schleifte, schrieb Montalbano die Telefonnummer des Kommissariats auf einen Zettel und steckte ihn hinter den Scheibenwischer.
    Wenn ein Tag schon so anfängt … Eine halbe Stunde nachdem sie weitergefahren waren, massierte Gallo sich erneut die Brust und verzog hin und wieder vor Schmerz das Gesicht.
    »Lass mich fahren«, sagte der Commissario, und Gallo hatte nichts dagegen.
    Als sie auf der Höhe von Fela waren, fuhr Montalbano nicht die Superstrada weiter, sondern bog in eine Abzweigung ein, die in die Stadtmitte führte. Gallo merkte es nicht, er hatte seine Augen geschlossen und den Kopf ans Seitenfenster gelehnt.
    »Wo sind wir?«, fragte er und machte sofort die Augen auf, als er merkte, dass der Wagen hielt.
    »In Fela, ich bring dich ins Krankenhaus. Steig aus.«
    »Aber es ist nichts, Commissario.«
    »Steig aus. Sie sollen dich wenigstens kurz anschauen.«
    »Dann bleib ich hier, und Sie fahren weiter. Auf der Rückfahrt holen Sie mich wieder ab.«
    »Red keinen Stuss. Komm.«
    Der kurze Blick, den man auf Gallo warf, dauerte mit Abhören, dreimaligem Blutdruckmessen, Röntgen und so weiter über zwei Stunden. Am Ende lautete die Diagnose, dass Gallo sich nichts gebrochen hatte, die Schmerzen rührten daher, dass er bös ans Lenkrad geknallt war, und der Schwächezustand war auf den Schreck zurückzuführen, den er bekommen hatte.
    »Und was machen wir jetzt?«, fragte Gallo noch zerknirschter.
    »Was wohl, wir fahren weiter. Aber ich setz mich ans Steuer.«
    Er war schon zwei- oder dreimal in Floridia gewesen und wusste auch noch, wo Tamburrano wohnte. Also fuhr er in Richtung Chiesa
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