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Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine

Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine

Titel: Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine
Autoren: Andrea Camilleri
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über der Bettkante lag, die Arme ausgebreitet, das Gesicht im Leintuch vergraben, das von den Fingernägeln der Frau zerfetzt worden war, als sie sich, offenbar in den Krämpfen des Erstickungstodes, daran festgeklammert hatte. Montalbano trat zu der Leiche, zog einen Handschuh aus und berührte sie leicht: Sie war eiskalt und starr.
    Die Frau musste bildschön gewesen sein. Der Commissario ging die Treppe hinunter, schlüpfte wieder in seine Schuhe, wischte mit dem Taschentuch die kleine Pfütze auf, die sie auf dem Fußboden hinterlassen hatten, ging aus dem Haus, machte die Tür zu, überquerte die Straße, setzte sich ins Auto und fuhr los. Auf der Fahrt nach Marinella dachte er fieberhaft nach. Was sollte er tun, damit das Verbrechen entdeckt wurde? Er konnte dem Richter ja schlecht erzählen, was er angestellt hatte. Der Richter, der Dottor Lo Bianco vertrat - dieser hatte sich in den vorläufigen Ruhestand versetzen lassen, um sich verstärkt der nicht enden wollenden Forschungsarbeit über zwei historische Gestalten widmen zu können, die er für seine Vorfahren hielt -, war Venezianer, hieß mit Vornamen Nicolò und mit Nachnamen Tommaseo und brachte bei jeder Gelegenheit seine »unabdingbaren Vorrechte« zur Sprache. Er hatte ein Gesichtchen wie ein schwindsüchtiges Kind, das er unter seinem Belfiore-Märtyrerbart versteckte. Als Montalbano seine Haustür öffnete, fiel ihm endlich die Lösung des Problems ein. So kam es, dass er selig schlafen konnte.

Zwei
    Ausgeruht und geschniegelt kam er um halb neun ins Büro.
    »Wusstest du, dass der Questore was Besseres ist?«, fragte Mimi Augello ihn gleich, als er ihn sah.
    »Ist das ein moralisches Urteil, oder ist es heraldisch belegt?«
    »Heraldisch belegt.«
    »Das habe ich schon an dem Bindestrich zwischen den beiden Nachnamen gesehen. Und du, Mimi, was hast du gemacht? Hast du ihn mit Conte, Barone, Marchese angeredet? Hast du ihm Honig ums Maul geschmiert?«
    »Komm, Salvo, das bildest du dir immer ein!«
    »Ich?! Fazio hat mir gesagt, dass du dich am Telefon beim Questore lieb Kind gemacht hast und dann wie eine Rakete abgezischt bist, um ihn zu besuchen.«
    »Jetzt hör mal zu, der Questore hat wörtlich zu mir gesagt: >Wenn Commissario Montalbano unauffindbar ist, dann kommen Sie sofort.< Was sollte ich denn tun? Ihm antworten, ich könnte nicht, weil mein Chef sonst stinkig wird?«
    »Was wollte er denn?«
    »Ich war nicht allein bei ihm. Die halbe Provincia war da.
    Er hat uns mitgeteilt, dass er die Absicht hat, zu verjüngen und zu modernisieren. Er hat gesagt, wer nicht in der Lage sei, bei seinem schnelleren Tempo mitzuhalten, könnte ja Schrotthändler werden. Genau das hat er gesagt: Schrotthändler. Allen war klar, dass er dabei dich und Sandro Turri aus Calascibetta im Auge hatte.«
    »Wie seid ihr denn darauf gekommen?«
    »Als er >Schrotthändler< sagte, hat er lange erst Turri und dann mich angeschaut.«
    »Könnte es nicht sein, dass er dich gemeint hat?«
    »Komm, Salvo, alle wissen doch, dass er dich nicht besonders schätzt.«
    »Was wollte unser Principe denn?«
    »Uns sagen, dass wir demnächst supermoderne Computer kriegen, alle Kommissariate werden damit ausgestattet. Er wollte von jedem von uns den Namen eines Beamten, der in Datenverarbeitung besonders versiert ist. Und ich habe ihm einen genannt.«
    »Spinnst du? Bei uns hat doch kein Schwein irgendeine Ahnung von dem Zeug! Welchen Namen hast du ihm denn genannt?«
    »Catarella«, sagte Mimi Augello ernst und verzog keine Miene.
    Die Tat eines geborenen Saboteurs. Montalbano sprang vom Stuhl auf und umarmte seinen Vice.
    »Ich weiß alles über die kleine Villa, die Sie interessiert«, sagte Fazio und setzte sich auf den Stuhl vor Montalbanos Schreibtisch. »Ich habe mit dem Sekretär im Rathaus gesprochen, und der weiß alles von jedem Menschen in Vigàta, Leben, Wundertaten und Tod.«
    »Und?«
    »Also, das Grundstück, auf dem die Villa steht, gehörte Dottor Rosario Licalzi.«
    »Was für ein Dottore?«
    »Richtiger Dottore, Arzt. Er ist vor etwa fünfzehn Jahren gestorben und hat es seinem ältesten Sohn Emanuele vererbt, der auch Arzt ist.«
    »Wohnt er in Vigàta?«
    »Nonsi. Er lebt und arbeitet in Bologna. Vor zwei Jahren hat dieser Emanuele Licalzi ein Mädchen aus der Gegend dort geheiratet. Sie haben ihre Hochzeitsreise nach Sizilien gemacht. Die Frau hat das Grundstück gesehen und sich sofort in den Kopf gesetzt, da eine Villa bauen zu lassen. Das ist
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