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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns
Autoren: Götz Justus
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förmlich dahin. Mal erschien der eine, mal der andere, um sogleich im Gebüsch zu verschwinden. Erst gegen zehn kam gewisse Bewegung in die Szene. Dunkler Qualm waberte aus dem Ofenrohr in die Höhe, verriet, dass im Innern der Ofen gefüttert wurde, kein Wunder bei der herbstlichen Kühle. Zur selben Zeit hatte Victor den Grill hinter dem Bauwagen hervorgeholt, ihn am Fuß der Treppe aufgebaut und mit erheblicher Mühe und ebensolcher Qualmentwicklung schließlich entfacht. Pohl konnte trotz des Feldstechers nicht erkennen, was dort gegrillt wurde, aber es schien den beiden zu schmecken, denn von Zeit zu Zeit legte Victor, offensichtlich der Grillmeister, nach. Es schien auch die Verdauung anzuregen, denn Sascha verschwand, eine Rolle Klopapier in der Rechten, für längere Zeit hinter dem Gebüschgürtel. Pohl hatte geglaubt, eine gewisse Unsicherheit in Saschas Gang bemerkt zu haben. Zeigte der Wodka erste Wirkung?
    Pohl hatte sich nicht getäuscht. Das wurde spätestens deutlich, als Victor erkennbare Mühe hatte, die Treppe zum Grill hinabzusteigen. Er hatte noch einmal aufgelegt, sich – stolpernd um Gleichgewicht bemüht – anschließend in den Bauwagen zurückgezogen und ward seither nicht mehr gesehen. Die Zeit verging, niemand ließ sich blicken. Egal, was dort gegrillt wurde, es musste längst verkohlt sein! Offensichtlich hatten die beiden die Sache nicht mehr im Griff – endlich der Zeitpunkt, die Aktion zu vollenden! Wenn nur Schrages verdammter Anruf bald käme! Sollte er selbst noch einmal anrufen?
    Pohl verwarf den Gedanken. Da half nur Warten. Eigentlich drängte es ja nicht, die Burschen im Bauwagen schliefen nun sicherlich ihren Rausch aus. Das könnte Stunden dauern. Um Pohls Mundwinkel spielte ein schales Lächeln. Ausschlafen würden sie ihren Rausch ohnehin nicht, egal, wann Schrage anrufen würde. Das Gespräch mit Schrage war Teil seines Plans, also musste er sich gedulden, mochte ihm dies noch so schwerfallen.
    Das Handy summte in seiner Hosentasche. Schrage! Endlich! Pohl zog das hektisch vibrierende Teil mit klammen Fingern heraus.
    „Pohl.“
    „Schrage am Apparat. Hauptkommissar Schöller sagte mir, Sie bräuchten den Namen des Restaurants für Ihr Protokoll.“
    „So ist es. Und die Uhrzeit. Sie müsste auf dem Rechnungsausdruck vermerkt sein.“
    „Der Name des Restaurants lautet ‚The Bird‘.“
    „The Bird? Da wäre ich nie drauf gekommen. Ich bin da einfach ‘rein, als ich mir das Szene-viertel am Prenzlauer Berg ansah. Und die Uhrzeit?“
    „Moment. … 23:48 Uhr. Da haben Sie bezahlt.“
    „23:48 Uhr …“ Pohl murmelte es vor sich hin, als würde er die Zeit notieren. Tatsächlich lag sein Bericht fertig ausformuliert – einschließlich der ungefähren Zeitangabe des Verlassens besagten Restaurants – in Form einer DVD auf dem Rücksitz seines Wagens. „Danke, Herr Schrage. Ein paar Minuten später habe ich das Restaurant verlassen. Ich werde es in meinem Bericht vermerken und ihn nachher im Kommissariat abgeben.“
    „Tun Sie das! Ich wünsche einen schönen Tag noch. Ich werde nachher nicht anwesend sein. Aber Hauptkommissar Schöller erwartet Sie. Er hat Neuigkeiten. Sie werden staunen.“
    „Da bin ich aber verdammt neugierig. Wäre ja toll, wenn es endlich Fortschritte gäbe. Nochmals herzlichen Dank!“
    „Keine Ursache, Herr Professor. Auf Wiederhören.“
    Pohl nickte zufrieden. Das wäre geschafft. Er stellte das iPhone auf Flugmodus, steckte es ein. Kein Anruf während der bevorstehenden Aktion! Er streifte die Gummihandschuhe über, ergriff am Boden die Plastiktüte. Das Finale stand bevor! Ein prüfender Blick hinüber zum Bauwagen. Dort rührte sich nichts. Träge aus dem Schornstein kräuselnder Rauch verriet jedoch, dass er bewohnt war. Nicht mehr lange …
     
    Esther hielt unschlüssig den Hörer in der Hand. Sollte sie ihn anrufen oder sollte sie es nicht? Jan Pohl hatte sie vor noch nicht einmal zwei Wochen verlassen, doch ihr kam es wie eine Ewigkeit vor. Immer wieder hatte sie versucht, ihn aus ihren Gedanken zu verbannen, vergeblich. Sie hatte Angst um ihn. Lebte er überhaupt noch? Schon mehrfach hatte sie in den vergangenen Tagen den Hörer in der Hand gehalten, jedes Mal unverrichteter Dinge zurück auf die Gabel gelegt, weil sie den ungewissen Ausgang ihres Anrufes fürchtete. Jans Reise nach Riga war ein Wagnis, möglicherweise ein Wagnis mit fatalem Ende. Warum rief er nicht an? Er hätte es doch auch gekonnt! Erwartete sie zu
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