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Codewort Rothenburg

Codewort Rothenburg

Titel: Codewort Rothenburg
Autoren: Béla Bolten
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sprangen.
    »Geheime Staatspolizei. Heben Sie die Hände!«
    Automatisch riss Daut die Arme nach oben. Langsam kamen die Polizisten auf sie zu. Daut blickte Just an. Nichts war in den Augen des Mannes zu lesen. Keine Furcht, keine Wut, kein Hass. Nur absolute Leere, als habe jedes Gefühl diesen Menschen verlassen.
    Daut riss sich zusammen.
    »Nicht schießen, Kollegen. Ich bin Kommissar Daut von der Kripo und wollte diesen Mann soeben verhaften.«
    Nur Daut hörte Just leise seufzen.

Vierundvierzig

    »Gute Arbeit, Daut!«
    Rudat strahlte, soweit er dazu überhaupt fähig war. Zumindest verzog er die Mundwinkel zu einer Art Lächeln, das Daut frösteln ließ.
    »Ich hatte nicht mehr damit gerechnet, dass wir diesen Just noch schnappen. Na ja, so ganz hat es ja auch nicht geklappt. Andererseits: Sollen sich die Geheimen halt mit dem Gesocks abgeben.«
    Daut saß steif auf seinem Stuhl und schwieg. Zum Glück hatte er die gefälschten Ausweispapiere noch nicht aus der Manteltasche geholt, als die Gestapomänner aus ihrem Versteck kamen. Hätten sie nur ein paar Sekunden länger gewartet, säße er jetzt nicht zur Belobigung hier, sondern im Keller der Albrechtstraße. Er konnte nur hoffen, dass Just den Mund hielt. Zumindest die Papiere hatte Daut noch abends im Küchenherd verbrannt. Luise war dagegen, sie wollte sie Erna Neeb zurückbringen.
    »Wer weiß«, versuchte sie ihn zu überzeugen, »unter Umständen retten sie einem anderen armen Hund das Leben.«
    Daut ging nicht auf diesen Einwand ein. Luise war verrückt.
    Rudat trommelte mit den Fingern der rechten Hand auf der Schreibtischplatte. Daut erhob sich.
    »Ich habe eine Bitte, Herr Kriminaldirektor. Könnte ich heute freibekommen? Ich möchte meine Frau zum Bahnhof bringen. Sie fährt mit den Kindern aufs Land.«
    Rudat stand auf und ging um den Schreibtisch herum zur Tür.
    »Später gerne. Aber erst haben Sie noch etwas zu erledigen. In Ihrem Büro wartet jemand auf Sie.«
    Dabei schlug er ihm kumpelhaft auf die Schulter, was sonst nicht seine Art war.
    »Noch mal: Gut gemacht, Daut!«

    Daut schlich über den Flur zu seinem Büro. Hatte Just geredet? Wartete die Gestapo auf ihn, um ihn mitzunehmen? Vor der Bürotür zögerte er. Sollte er einfach gehen? Nach einem tiefen Atemzug öffnete er die Tür. Auf dem klapprigen Besucherstuhl saß Schellenberg persönlich. Als er Daut sah, sprang er federnd auf:
    »Schön, Sie wiederzusehen, Hauptsturmführer! Gratulation!«
    Schellenberg winkte mit dem Zeigefinger, und aus der Ecke des Raumes trat Schwarz, den Daut nicht gesehen hatte, weil der Aktenschrank ihn verdeckt hatte. Er gab seinem Chef eine in dunkelrotes Seidenpapier eingewickelte Flasche.
    Strahlend überreichte Schellenberg Daut das Geschenk:
    »Bester französischer Cognac, mein Lieber. Damit Sie heute Abend stilvoll feiern können.«
    Daut hätte fast zum Hitlergruß angesetzt, nahm aber stattdessen die Flasche entgegen. Schellenberg zog ein silbernes Zigarettenetui aus der Seitentasche des Uniformrocks. Schwarz sprang ihm zur Seite, um ihm Feuer zu geben. Nachdem er zwei Züge inhaliert hatte, blickte Schellenberg Daut an.
    »Sie haben uns da einen tollen Fang ins Netz getrieben. Dieser Just hat alles gestanden. Und nicht nur das: Er hat gesungen wie ein Vögelein im Mai. Einen ganzen Ring von Volksschädlingen können wir jetzt ausheben.«
    Daut hoffte, dass Schellenberg nicht bemerkte, wie kreidebleich er wurde. Der Brigadeführer fuhr aber unbeirrt fort:
    »Sie verdienen unseren aufrichtigen Dank, Daut. Zur Belohnung habe ich Sie für ein Einsatzkommando im Osten vorgeschlagen. Nicht viele haben das Glück, sich noch einmal Frontluft um die Nase wehen zu lassen.«
    Der schlanke Mann mit dem jungenhaften Gesicht drückte die erst zur Hälfte gerauchte Zigarette im Aschenbecher aus. Als er Daut erneut ansprach, war ein Lächeln in sein Gesicht zurückgekehrt.
    »Ach ja, Hauptsturmführer, es ist eine gute Idee, dass Ihre Frau Berlin verlässt. Ihr wird das Leben auf dem Land gefallen. Außerdem soll in Westfalen der Eintopf ja auch viel besser schmecken. Und den mag sie doch so gerne, oder?«

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Anmerkungen

    »Codewort Rothenburg« ist ein Roman, also fiktiv. Die Handlung sowie die meisten Figuren der Geschichte sind frei erfunden, auch der Mordfall Dora Zegg.
    Einige Schauplätze, Personen und Ereignisse aber sind historisch bzw. Orten oder Menschen nachempfunden, die im Jahr 1941 existierten bzw. lebten. Trotzdem
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