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Claw Trilogy 01 - Fenrir

Claw Trilogy 01 - Fenrir

Titel: Claw Trilogy 01 - Fenrir
Autoren: M D Lachlan
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Möglichkeiten vor Augen führen und ihr selbst die Entscheidung überlassen.
    »Es ist Beichtvater Jehan, edle Dame.«
    »Sie haben mir einen Heiligen geschickt.« Es war nicht die Stimme eines verschreckten Mädchens vom Lande, dem eine Horde Teufel in den Kopf gefahren war. Es klang ganz und gar nach einer Dame vom Hofe, nach einer gebildeten Frau, die mit ihrem Wissen über die Bibel die Priester neckte und manchmal sogar in aller Demut einen kleinen Streit über die Deutung der Heiligen Schrift suchte.
    »Ich bin noch nicht tot, meine Dame, und ich weiß nicht, welche Pläne der Schöpfer mit mir hat.«
    »Ihr seid ein Heiler, Beichtvater. Seid Ihr gekommen, um mich von meinem Entschluss zu heilen?«
    Jehan war daran gewöhnt, dort zu lauschen, wo er nichts sehen konnte, und entdeckte einen Anflug von Angst in ihrer Stimme. Kein Wunder, dachte er. Ihr blieben nicht mehr viele Möglichkeiten, und alle waren unschön.
    »Ich bin gekommen, um mit Euch zu sprechen, das ist alles.«
    Draußen ertönte Lärm, es gab Rufe und Schreie, Glocken läuteten, Hornsignale wurden gegeben. Wie Jehan genau wusste, war es der Lärm der Schlacht.
    »Greifen die Nordmänner an?«, fragte der Beichtvater.
    »Es scheint ganz so, Vater«, sagte der Mönch, der ihn trug.
    In der Nähe der Kirche krachte es laut. Der Mönch stieß einen überraschten Schrei aus.
    »Gott lächelt auf jene herab, die ihr Leben lassen, während sie seinen Namen verteidigen, Bruder. Es ist wohl kein ernsthafter Überfall. Ich glaube, sie wollen nur Odo daran hindern, seinen Turm zu reparieren. Trage mich weiter, wie ich es gesagt habe.«
    Der Mönch lief durch das riesige Gebäude. Jehan hörte das Kratzen eines Feuersteins, roch den Zunder und das brennende Bienenwachs. Die Edelfrau atmete scharf ein, als sie ihn erblickte.
    »Ich fürchte, die Jahre haben mein Aussehen nicht verbessert, edle Aelis.«
    »Nun, hoffentlich haben sie wenigstens meine Manieren verbessert«, erwiderte sie. Es klang ehrlich erschrocken. Dem Beichtvater entging nicht, wie sie um die Fassung rang.
    »Darf ich mich eine Weile zu Euch setzen?«
    »Gewiss.«
    Draußen ertönten wieder Schreie. Der Beichtvater nahm an, dass die Verteidiger überwiegend ohne Rüstungen kämpften, denn sie hatten sicherlich keine Zeit gehabt, sie anzulegen. Diese ganze Unterhaltung konnte sehr schnell ein völlig groteskes Unterfangen werden, wenn die Nordmänner in die Stadt eindrangen. Wie viele waren es überhaupt? Tausende. Wie viele Bewaffnete hatte Paris? Zweihundertfünfzig? Solange die Türme hielten, waren sie sicher. Wenn die Bauwerke jedoch fielen, würden die Feinde die Stadt überrennen. So konnte er nur weitermachen und auf Gott vertrauen, wie er es immer getan hatte.
    »Setze mich ab«, sagte er zu dem Mönch. »Dann zieh dein Schwert und gehe auf die Wälle, um zu tun, was ein gläubiger Mann tun muss.«
    Der Mönch setzte ihn ab und ging. Unbeholfen tastete er sich von Säule zu Säule, sobald er den Kerzenschein verlassen hatte.
    »Ihr seid … « Sie zögerte.
    »Gebrechlicher als früher? Das ist nicht zu verleugnen, meine Dame. Es ist eine Tatsache.«
    »Das tut mir leid.«
    »Aber nein. Es ist eine Gabe Gottes, die ich dankbar annehme.«
    »Ich werde für Euch beten.«
    »Nein, nicht … oder vielmehr, betet mit mir. Dankt Gott, dass er mir dies auferlegt hat und mir die Gelegenheit gab, diese Prüfung meines Glaubens zu bestehen.«
    Aelis verstand, was er meinte. Er sah diese Prüfung als Segen, und vielleicht sollte sie ihr Leben genauso beurteilen. Doch das tat sie nicht.
    Sie betrachtete die Gestalt im Kerzenlicht. Bei ihrer letzten Begegnung war er blind und an einen Stuhl gefesselt gewesen. Ihr waren seine Augen aufgefallen, die nirgends haften blieben, sondern rastlos den Raum absuchten, als verfolgten sie eine lästige Fliege. Sein Gesicht war in einer Fratze erstarrt gewesen. Sie hatte ihn für hässlich gehalten, doch an jedem Markttag in Paris gab es schlimmere Missbildungen zu sehen. Jetzt aber konnte er sich zum König der Bettler aufschwingen, wenn ihm danach war. Sein Körper war anscheinend geschrumpft, die Arme waren verdorrt und verdreht, der Kopf war zurückgeworfen, als starrte er unverwandt nach oben. Man scherzte über ihn, er blickte stets zum Himmel empor, doch da sie ihn nun leibhaftig vor sich sah, fand sie es überhaupt nicht mehr belustigend. Der Mönch schwankte beim Sprechen hin und her wie jemand, der sich in tiefer Kontemplation befand. Aelis fand
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