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Clark Mary Higgins

Clark Mary Higgins

Titel: Clark Mary Higgins
Autoren: Schlaf Wohl Mein Sußes Kind
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stellte er fest, daß sie irgendwann im Laufe der
Zeit Ethels Gewohnheit angenommen hatte, sich mit der Zunge
über die Lippen zu fahren, wenn sie einen ärgerlichen Satz ausgestoßen hatte. Traf es zu, daß man immer wieder die gleiche
Person heiratete? Er wäre bei diesem Gedanken am liebsten in
hysterisches Lachen ausgebrochen.
»Also, erzähl endlich! Hast du sie gesehen?« stieß sie hervor.
    Seamus wurde von unendlicher Müdigkeit ergriffen. Die Erinnerung an die letzte Szene. »Ja, ich habe sie gesehen.«
»Und…?«
Er wählte seine Worte mit Bedacht. »Du hast recht gehabt.
Sie will nicht, daß etwas von den Alimenten durchsickert, die
sie seit Jahren von mir einkassiert. Sie will mich von der Angel
lassen.«
Mit völlig verwandeltem Gesicht setzte Ruth das Weinglas ab.
»Ich kann’s nicht glauben. Wie hast du sie dazu überredet?«
Ethels spöttisches, hämisches Lächeln auf sein Drohen und
sein Flehen. Der Anfall von primitiver Wut, der ihn gepackt
hatte, das Entsetzen in ihren Augen… Ihre letzte Drohung… Oh,
Gott…!
»Wenn Ethel jetzt ihre teuren Kleider bei Neeve Kearney
kauft oder in den nobelsten Lokalen ißt, brauchst du das wenigstens nicht mehr zu bezahlen.« Ruths triumphierendes Gelächter
hämmerte auf sein Trommelfell, als ihre Worte in sein Bewußtsein drangen.
Seamus stellte sein Weinglas hin. »Wie kannst du so etwas
sagen?« fragte er seine Frau ganz ruhig.
    Am Samstag vormittag hatte es aufgehört zu schneien, und die
Straßen waren wieder einigermaßen befahrbar. Neeve nahm alle
Kleider von Ethel mit zurück ins Geschäft.
Betty eilte herbei, um ihr behilflich zu sein. »Sagen Sie bloß
nicht, daß ihr überhaupt nichts davon gefällt!«
    »Wie kann ich das wissen?« entgegnete Neeve. »In ihrer
Wohnung hat sich nichts gerührt. Bei Gott, Betty, wenn ich dran
denke, wie sehr wir uns beeilt haben, könnte ich ihr mit jedem
einzelnen Faden den Hals zuschnüren!«
    Es lief viel an diesem Tag. In der New York Times war ihr Inserat erschienen, das die Imprimé-Kleider und Regenmäntel
zeigte, und hatte begeisterte Reaktionen ausgelöst. Neeves Augen leuchteten, als sie beobachtete, daß ihre Verkäuferinnen
lange Quittungen schrieben. Wieder einmal bedankte sie sich im
stillen bei Anthony della Salva, daß er vor sechs Jahren auf sie
gesetzt hatte.
    Um zwei Uhr kam Eugenia, ein schwarzes ehemaliges Mannequin und jetzt Neeves rechte Hand, und erinnerte sie, daß sie
noch keine Mittagspause eingeschaltet hatte. »Ich habe Joghurt
im Kühlschrank«, bot sie Neeve an.
    Neeve war eben mit der Beratung einer ihrer persönlichen
Kundinnen fertig geworden, die für ein paar tausend Dollar ein
Brautmutterkleid gekauft hatte. Sie lächelte Eugenia kurz an.
»Du weißt doch, daß ich Joghurt hasse. Laß mir lieber ein Thunfisch-Sandwich und ein Diät-Coca-Cola kommen.«
    Als ihr zehn Minuten später die bestellten Sachen gebracht
wurden, merkte sie erst, wie hungrig sie war. »Das ist der beste
Thunfischsalat in ganz New York, Denny«, sagte sie zu dem
Austräger.
    »Wenn Sie meinen, Miss Kearney.« Sein bleiches Gesicht
verzog sich zu einem verbindlichen Grinsen.
Während sie hastig aß, wählte Neeve Ethels Telefonnummer.
Wieder nahm niemand ab. Den ganzen Nachmittag versuchte
Neeves Empfangsdame, Ethel zu erreichen. Am Ende des Tages
sagte Neeve zu Betty: »Ich nehme das ganze Zeug noch einmal
mit nach Hause. Meinen Sonntag möchte ich wirklich nicht
drangeben, um es hier zu holen, weil Ethel plötzlich beschlossen
hat, das nächste Flugzeug zu nehmen, und ihre Sachen in zehn
Minuten braucht.«
»So, wie ich sie kenne, würde die auch das Flugzeug dazu
kriegen, wieder umzukehren, wenn sie’s verpaßt hat«, bemerkte
Betty trocken.
Sie mußten beide lachen, aber dann sagte Betty mit ruhiger
Stimme: »Sie haben ja manchmal so verrückte Vorahnungen,
Neeve, und ich schwöre, daß sie ansteckend sind. Diese Ethel ist
zwar eine Plage, aber so wie diesmal hat sie sich noch nie aufgeführt.«
    An diesem Samstag abend gingen Neeve und Myles in die Met,
um Pavarotti zu hören. »Eigentlich solltest du mit einem Verehrer ausgehen«, klagte Myles, als der Kellner im »Ginger Man«
ihnen die Speisekarte brachte, weil sie nach der Vorstellung
noch essen wollten.
    Neeve warf ihm einen kurzen Blick zu. »Hör mal, Myles, ich
gehe sehr viel aus. Das weißt du. Wenn jemand Wichtiger in
meinem Leben auftauchen sollte, dann werde ich es wissen –
genau so, wie ihr es
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