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Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Titel: Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)
Autoren: Laura Amy Schlitz
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Puppen daran. Schließlich packte Lizzie Rose noch den Inhalt des Leinenbeutels aus: einen Satz Glasglocken, ein Tamburin, ein dünnes Blech, um Donner nachzuahmen, sowie eine kleine Violine, eine sogenannte Taschengeige.
    Parsefall schaute auf die Uhr, die auf dem Kaminsims stand. Es blieb noch jede Menge Zeit bis zur Vorstellung. Er konnte die Kulissen perfekt vorbereiten – Parsefall war pingelig, wenn es um die Vorbereitungen ging – und hätte trotzdem noch genug Zeit, um etwas Passendes zum Stehlen zu finden. Er warf Lizzie Rose einen flüchtigen Blick zu. Sie hatte keine Ahnung, was für ein begnadeter Dieb er war. Grisini wollte sie darüber im Dunkeln lassen.
    Die Tür ging auf und ein Mädchen kam ins Zimmer. Es trat beiseite, als eine junge Frau in schwarzer Dienstmädchentracht mit einem Teetablett hinter ihm in der Tür auftauchte. »Danke, Agnes«, sagte das Mädchen, die Bedienstete stellte das Tablett auf dem Tisch ab und verließ den Raum.
    Parsefall starrte das Mädchen an. Er machte sich nicht viel aus Mädchen – jeder wusste, dass sie nicht so viel taugten wie Jungen. Aber das war das hübscheste Mädchen, das er je gesehen hatte. Es sah aus wie eine kostbare Puppe. Ihre Augen glänzten wie blaues Glas und waren von dem gleichen Farbton wie ihre Schärpe. Die akkuraten Locken erinnerten ihn an Spulen aus schwarzem Papier und ihre Haut war so glatt wie Wachs. Und erst das Kleid! Parsefall, den immer nur Schmutz und Schäbigkeit umgaben, erschien es blendend, unwirklich weiß wie duftige Zuckerwatte mit Puffärmeln am oberen und bestickten Strümpfen am unteren Ende. Doch obgleich Miss Wintermute schön war, fehlte es ihr an Anmut. Sie hielt sich steif und bewegte sich wie ein Aufziehspielzeug.
    Mit einer kleinen, gebieterischen Handbewegung deutete sie auf das Tablett. »Guten Tag, wie geht es euch?«
    Parsefall bohrte die Fäuste in die Hosentaschen. Lizzie Rose antwortete für sie beide. »Sehr gut, Miss. Vielen Dank, Miss.«
    Das Mädchen verschränkte die Hände hinter dem Rücken. »Ich freue mich sehr, euch zu sehen. Ich habe gedacht, ihr würdet vielleicht mit mir Tee trinken?« Mit einem Mal klang sie schüchtern. »Wir haben uns vor drei Wochen im Hyde Park gesehen – wahrscheinlich erinnert ihr euch nicht an mich?« Sie machte eine Pause, als würde sie auf eine Antwort hoffen. »Ich heiße Clara Wintermute.«
    »Ich glaube, ich erinnere mich an Sie«, sagte Lizzie Rose, doch es klang nicht überzeugend. Sie war eine schlechte Lügnerin. Es fehlte ihr an Übung.
    Parsefall starrte ungeduldig auf das Tablett. Darauf standen drei Tassen und eine Schale mit einer Serviette darin. Er fragte sich, was wohl in die Serviette eingeschlagen war. Irgendetwas Butteriges, so hoffte er, Teekuchen oder Muffins.
    »Ja?«, sagte Clara aufgeregt. »Das freut mich sehr. Ich bewundere euch beide so sehr … ich habe mir gewünscht, dass ihr zu meinem Geburtstag kommt.« Sie deutete wieder auf den Tisch. »Setzt euch doch. In der Schale ist gebutterter Toast … und es gibt Erdbeermarmelade.«
    »Wir trinken sehr gern mit Ihnen Tee«, sagte Lizzie Rose erfreut. »Nicht wahr, Parsefall?«
    Parsefall schob einen Stuhl zurück und ließ sich darauffallen. Die beiden Mädchen benahmen sich unerträglich damenhaft und tauschten gesäuselte Höflichkeiten über Milch und Zucker aus. Parsefall stützte die Ellbogen auf den Tisch und kaute an seinem Toast. Er wusste es eigentlich besser, denn Lizzie Rose bemühte sich, ihm Tischmanieren beizubringen. Aber irgendetwas an der kleinen Miss Wintermute reizte ihn dazu, sich ungehobelter aufzuführen als gewöhnlich. Er schmierte Erdbeermarmelade auf seinen Toast und leckte sich die Finger ab.
    »Das ist so überaus liebenswürdig von Ihnen, Miss.« Lizzie Rose stellte ihre Tasse auf den Unterteller. »Eine Tasse Tee ist immer ein Genuss, vor allem an einem kalten Tag.«
    »Ach, bitte!«, rief Clara ungestüm. »Sagt doch bitte Clara und du zu mir. Ich weiß, ich muss auf euch den Eindruck machen …« Statt weiterzusprechen, deutete sie mit einer ausladenden Handbewegung auf das prachtvolle Zimmer. Ihre Wangen wurden rot.
    Lizzie Rose kam ihr zu Hilfe. »Mein Name ist Elizabeth Rose Fawr. Und das ist mein Bruder Parsefall.«
    »Bin gar nich’ ihr Bruder«, widersprach Parsefall, den Mund voll Toast. »Mein Nachname is’ Hooke.«
    »Er ist nicht mein leiblicher Bruder«, erklärte Lizzie Rose, »aber wir haben denselben Vormund und deshalb nenne ich ihn
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