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Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Titel: Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)
Autoren: Laura Amy Schlitz
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zu sprechen. Die Fawrs waren nicht reich gewesen, aber Liebe und bescheidene Behaglichkeit hatten ihr Leben geprägt. Es waren glückliche Zeiten gewesen.
    »Da lang.« Parsefall wies ihnen den Weg. »Das is’ ’ne Abkürzung. Wir müssen nur durch die Gasse und sind am Chester Square.«
    Grisini zerrte den Wagen in die angegebene Richtung. Weder er noch Lizzie Rose stellten Parsefalls Kenntnisse der Londoner Straßen infrage. Der Junge hatte einen unfehlbaren Orientierungssinn. Er würde selbst im Nebel den Weg finden.
    Der kleine Trupp passierte die Gasse und gelangte auf den Chester Square, einen Platz mit großem Garten, der zu allen vier Seiten von herrschaftlichen Häusern gesäumt war. Die kahlen Blumenbeete und schmiedeeisernen Gitter gaben an einem nassen Novembertag ein recht trostloses Bild ab, aber Lizzie Rose konnte sich vorstellen, wie hübsch der kleine Park im Frühling aussehen musste.
    Sie legte den Kopf in den Nacken, um zu den Häusern hinaufzublicken. Sie waren hoch und vornehm, mit Säulen zu beiden Seiten der Türen. An den Fenstern hingen schwere Vorhänge, doch die Zimmer dahinter wirkten warm und hell. Wer auch immer hier wohnte, besaß genug Geld, um sämtliche Räume zu beheizen, und verfügte über Heerscharen von Dienstmädchen, die das Feuer in den Kaminen schürten. Lizzie Rose malte sich aus, wie es wohl war, das ganze Jahr über in einem solchen Haus zu leben, mit reichlich Heizkohle im Winter und einem Garten im Frühling.
    »Sollen wir an der Vordertür klopfen?« Grisini hob theatralisch die Hand, als wollte er ein Gedicht rezitieren. »Sollen wir läuten und uns dem Butler vorstellen? Ihm sagen: ›Die Kinder der Freude sind da!‹?« Grisini spreizte die Finger wie einen Fächer und berührte mit dem Mittelfinger die Brust. »Vergesst nie, dass wir – mit unseren fantoccini und Tamburinen – die Kinder der Freude sind! Auf, gehen wir und bringen den Kindern des Jammers das Lachen!«
    Lizzie Rose und Parsefall tauschten irritierte Blicke. Sie wussten nur zu gut, dass man sie am Vordereingang abweisen würde. Parsefall machte eine Kopfbewegung in Richtung Dienstboteneingang, zu dem vom Gehsteig aus einige Stufen hinunterführten. Lizzie Rose gab dem Wagen einen Schubs und Parsefall flitzte voraus, um ihn mit ihr gemeinsam die Treppe hinunterzubugsieren.

3. Kapitel

     
    Parsefall
     
    N och nie, dachte Parsefall, während er den Blick durch den Salon der Wintermutes schweifen ließ, hatte er ein Haus gesehen, in dem es so viele Dinge zum Klauen gab.
    Es war kein einfaches Unterfangen gewesen, das Puppentheater hinauf in den Salon zu schaffen. Es hatte einen Aufschrei gegeben, als man feststellte, dass der Wagen zu breit war, um über den Dienstboteneingang ins Haus gebracht zu werden, und einen zweiten, als die Hausmädchen den Londoner Straßendreck bemerkten, der an den Rädern klebte. Heißes Wasser und Bürsten wurden gebracht, damit Lizzie Rose und Parsefall den Wagen sauber schrubbten. Während die Kinder arbeiteten, machte Grisini schwatzend und katzbuckelnd dem Hauspersonal seine Aufwartung. Bis das Miniaturtheater endlich an einem Ende des Salons aufgestellt wurde, war Grisini schon ganz wie zu Hause und der Butler lud ihn zum Tee ins Gesindezimmer ein.
    Parsefall wusste, was das bedeutete. Tee bedeutete Gin mit heißem Wasser. Sie würden die Bühne ohne Grisini vorbereiten müssen. Er zog seine Jacke aus und drehte sich zu Lizzie Rose um, die sich noch immer staunend in dem Salon umsah, als wäre sie im Märchenland. »Das ist sehr vornehm, findste nich’ ?«, sagte sie. Es war fast schon ein Flüstern.
    Parsefall warf ihr einen schiefen Blick zu. »Du sagst immer, ›findste nich’‹ sagt man nicht.«
    »Stimmt.« Lizzie Rose lächelte ihn an. »Das is’ nich’ elegant.«
    Parsefall rümpfte angewidert die Nase und wandte sich ab. Das war eines der Dinge, die ihn an Lizzie Rose störten: Sie war freundlich zu ihm, wenn er es darauf anlegte, sie zu reizen. Das brachte ihn aus der Fassung. Parsefall wollte, dass es fair zuging: Auge um Auge, Zahn um Zahn.
    Die Kinder machten sich daran, die Bühne aufzubauen. Sie klappten die Vorderseite des Wagens herunter, sodass die Räder nicht mehr zu sehen waren, und die Seitenwände nach außen wie Fensterläden, was der Miniaturbühne mehr Raum verlieh. Lizzie Rose rollte die Plane aus, hinter der die Puppenspieler sich vor den Augen des Publikums verbargen. Parsefall stellte eine Art Ständer auf und hängte die
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