Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Titel: Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)
Autoren: Laura Amy Schlitz
Vom Netzwerk:
Gesicht wie ein Fuchs aussah, aber sie ließ es sich nicht bieten, dass man sie Foxy-Loxy nannte. Ihr Vater hatte sie nach einer Königin benannt, ihre Mutter nach einer Blume. Sie presste spitz die Lippen aufeinander und warf ihr Haar zurück.
    »Biste nich’ müde?« Parsefall blieb hartnäckig.
    »Man sagt nicht ›biste‹«, verbesserte ihn Lizzie Rose. Sie schob weiter. Der Wagen war kopflastig und die Räder waren abgefahren. Selbst wenn Grisini vorne zog, blieb es schwierig, ihn zu manövrieren. Normalerweise wechselten sich die beiden Kinder mit Schieben ab, doch Lizzie Rose versuchte stets, die längere Strecke zu übernehmen. Parsefall war nicht viel jünger als sie, aber sehr viel kleiner, und auf Lizzie Rose machte er einen schwächlichen Eindruck.
    Sie sorgte sich um ihn. Seit knapp eineinhalb Jahren lebte sie bei Grisini, und Parsefall blieb ihr ein Rätsel. Grisini hatte ihn vor fünf Jahren aus dem Arbeitshaus geholt, um ihn als Lehrjungen zu sich zu nehmen. Bis dahin schien der Junge keine Vergangenheit gehabt zu haben. Er besaß Talent für das Puppenspiel und übte wie ein Besessener, beinahe so, als wollte er jemandem etwas heimzahlen, der ihm Unrecht getan hatte. Manchmal, wenn Lizzie Rose gerade zu einer seiner Proben dazukam, stand er mit gekreuzten Beinen und gequälter Miene da, weil er so vertieft war, dass er vergessen hatte, seine Blase zu leeren.
    Abgesehen von seinem Ehrgeiz beim Puppenspiel, besaß er wenige gute Eigenschaften. Er war selbstsüchtig, grob und seine Lebensgewohnheiten waren abstoßend. Nichtsdestotrotz liebte Lizzie Rose ihn so, wie sie ein kleines wildes Tier geliebt hätte, das sie zu zähmen versuchte. Sie hatte ein großes, selbstloses Herz für alle, die schwächer waren als sie selbst, und sie wusste, dass Parsefall sich oft ängstigte. Lizzie Rose verfügte über einen ungewöhnlich scharfen Geruchssinn und der Geruch von Angst war unverwechselbar. Parsefall dünstete ihn aus, insbesondere wenn Grisini düsterer Stimmung war. Den Jungen quälten Albträume, manchmal waren sie so schlimm, dass er ins Bett machte.
    »Komm schon«, drängte Parsefall sie hartnäckig. »Ich bin dran.« Er drehte ihr den Rücken zu, damit sie ihm den Leinensack abnehmen und selbst schultern konnte. Dann packte er den Griff hinten am Wagen und steuerte das Puppentheater weiter durch die Straßen.
    Lizzie Rose gab sich geschlagen. Es war eine Erleichterung, auszuschreiten, ohne sich ständig die Knie an dem Karren zu stoßen. Sie klopfte Parsefall dankbar auf die Schulter, obwohl sie wusste, dass er nur ungern berührt wurde. Es war ihr egal: Sie brauchte jemanden zum Hätscheln und Grisini kam dafür ganz sicher nicht infrage.
    Sie passierten einen Stand mit Tee und Gebäck. Lizzie Roses Magen knurrte schon wieder. Sie kramte in ihrer Tasche und fand drei Pence. Später auf dem Rückweg würden die Rosinenbrötchen heruntergesetzt sein und sie könnte zwei für einen Penny bekommen. Parsefall liebte Rosinenbrötchen. Es würde ihm ganz recht geschehen, wenn ich ihm nichts abgäbe, dachte Lizzie Rose, doch sie wusste, dass sie mit ihm teilen würde. Und auch für Ruby, Mrs Pinchbecks Spaniel, würde sie ein Stück aufheben.
    Sie seufzte. Die Einnahmen aus dem Puppentheater waren in letzter Zeit mager gewesen. Grisini war griesgrämig und sie wagte nicht, ihn um Geld zu bitten, aber ihr und Parsefall fehlte es an so vielem und Grisini dachte gar nicht daran, die Dinge zu besorgen. Parsefalls Stiefel waren völlig durchlöchert und selbst sein sauberstes Hemd starrte vor Schmutz. Lizzie Rose war groß für ihr Alter und wuchs schnell. Ihre Kleider wurden viel zu kurz. Die verstorbene Mrs Fawr hatte sich mit Liebe und Geschick um die Garderobe ihrer Tochter gekümmert. Die Sachen waren aus den besten Stoffen geschneidert worden, die die Familie sich leisten konnte, und mit Abnähern und Säumen versehen, um sie herauszulassen. Jetzt, eineinhalb Jahre nach dem Tod der Mutter, hatte Lizzie Rose die Nähte ein letztes Mal aufgetrennt und den Saum ganz flach ausgestreift. Der Rock war trotzdem noch zu kurz.
    Mit Wehmut dachte Lizzie Rose an die Tage zurück, als sie mit ihren Eltern im Theater gearbeitet hatte. Auch damals war das Geld manchmal knapp, aber ihre Mutter hatte immer dafür gesorgt, dass sie nicht schäbig aussah. Lizzie Rose mit ihrem leuchtend roten Haar und der durchscheinenden Haut war ein apartes Mädchen. Ihre Eltern hatten ihr beigebracht, sich gut zu halten und deutlich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher