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Chuzpe: Roman (German Edition)

Chuzpe: Roman (German Edition)

Titel: Chuzpe: Roman (German Edition)
Autoren: Lily Brett
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dachte, es wäre völlig unmöglich«, sagte Ruth. »Das ist nicht ganz das gleiche wie unvorhersehbar. Oder unwahrscheinlich. Unvorhersehbar ist nicht wahrscheinlich. Wahrscheinlich ist nicht möglich. Aber unmöglich ist nichts«, sagte sie.
    Garth unterbrach sie in ihren Abwägungen und Erwägungen. »Ich habe gute Neuigkeiten«, sagte er. »Ich komme nach Hause.«
    »Du kommst nach Hause?« sagte Ruth. »Ich dachte, du wärest noch mindestens zwei Wochen in Australien.«
    »Nein«, sagte Garth. »Ich komme nach Hause. Ich bin schon fast auf dem Weg. In zweieinhalb Tagen bin ich da.«
    Ruths Herz tat einen Sprung. »Ich bin so glücklich«, sagte sie. »Ich hoffe, daß ich nicht hysterisch werde, wenn ich dich sehe.«
    Ruth telefonierte mit einem neuen deutschen Klienten namens Günter Eckert. Günter wollte einen Brief von ihr, den er einem britischen Kunden schicken konnte. Er wollte, daß der Ton des Briefes geschäftlich war, aber zugleich geprägt von Wärme und Optimismus und Zartgefühl. Ruth hatte eine Stunde lang mit Günter gesprochen. Deutsche waren sehr pingelig. So pingelig wie Juden.
    Sobald das Gespräch beendet war, meldete Max sich bei ihr. »Ihr Vater hat angerufen«, sagte Max. »Er hat gesagt, wenn Sie Zeit hätten, würde er sich freuen, wenn Sie ihn auf eine Tasse Tee besuchen würden.«
    »Hat er einen bestimmten Grund genannt?« fragte Ruth.
    »Nein«, sagte Max. »Aber er klang ganz munter. Er hat nur gesagt, wenn Sie Zeit hätten, wäre es nett, Sie auf eine Tasse Tee zu sehen.«
    Ruth warf einen Blick auf die Uhr. Es war halb vier. Sie hatte nichts dagegen, das Büro zu verlassen. Draußen war ein schöner Tag. Der Himmel war blau und einladend. Sie beschloß, zu Fuß zur Attorney Street zu gehen. Der Sonnenschein war unwiderstehlich. Tage mit klarem, strahlendblauem Himmel und mildem Wetter waren in New York selten. In New York war es gewöhnlich entweder zu heiß, zu feucht, zu kalt, zu bewölkt oder zu trübe. Sie war guter Laune. Sie hatte an diesem Morgen in Sonias Begleitung bei Balthazar zwei wachsweiche Eier gegessen. Sie hatte Toast in die Eier getunkt. Sonia hatte ihr mit Orangensaft zugeprostet. Ruth war stolz auf sich gewesen. Daß sie in der Lage war, zwei wachsweiche Eier zu essen anstelle ihrer gewohnten Vollkornflocken mit Joghurt, gab ihr das Gefühl, flexibler geworden zu sein. Und daß sie sie mit Toast gegessen hatte, gab ihr fast schon ein Gefühl blanken Übermuts.
    Edek, Zofia und Walentyna erwarteten sie. Max hatte ihnen gesagt, daß sie vorbeischauen würde. Sie saßen an einem der vorderen Tische im Restaurant, als sie hereinkam.Alle drei blickten in eine Zeitschrift. »Komm her, Ruthie, Herzchen«, sagte Edek. Ruth ging zu ihnen. Ihr Blick folgte ihren Blicken. Es war eine Ausgabe vom New York Magazine . Auf dem Umschlag waren Edek und Zofia und Walentyna zu sehen. Sie standen nebeneinander. Edek hatte seinen beigefarbenen Parka an und seine Turnschuhe mit Klettverschluß. Walentyna trug ein viel zu großes Kleid mit einem Muster aus rosapinkfarbenen Rosenknospen. Und Zofia war in Magenta und Gelb gekleidet. Mit stacheligen Haaren und einem Busen, der für sich sprach. Schräg über die obere Hälfte des Umschlags verlief in großen Buchstaben die Schlagzeile: »Die coolste Gang von New York«. Ruth war sprachlos. Völlig sprachlos.
    »Ich mag nicht so sehr dieses Foto von mir«, sagte Edek. »Zofia sieht aus sehr gut, und Walentyna sieht auch aus sehr gut.«
    »Edek, du siehst sehr gut aus«, sagte Walentyna.
    »Edek, Liebling«, sagte Zofia. »Du siehst sehr, sehr gut aus.«
    »Das müssen wir Garth zeigen«, sagte Ruth, als sie die Sprache wiedergefunden hatte. Sie sah noch einmal auf das Foto. In kleinerer Schrift stand neben dem Foto: »Spielberg fliegt zur Hochzeit ein.«
    »Steven Spielberg fliegt zur Hochzeit ein«, sagte Ruth. Sie war sprachlos. Dann schrie sie fast: »Ihr heiratet?«
    »Ja, Ruthie, Liebling«, sagte Edek.
    »Ja«, sagte Zofia.
    »Ja«, sagte Walentyna, die glücklich, ja selig aussah. »Zofia und Edek heiraten.«
    Ruth wurde übel. Mit den wachsweichen Eiern hatte sie sich offenbar doch übernommen. »Wann?« fragte sie.
    »Nächsten Sonntag«, sagte Edek.
    »Weiß außer den Millionen Menschen, die das New York Magazine lesen, noch jemand davon?« fragte Ruth.
    »Die Zeitschrift ist noch nicht im Verkauf«, sagte Edek.
    »Aber morgen wird sie es sein«, sagte Walentyna.
    »Und weiß außer den Millionen Leuten, die morgen darüber
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