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Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Titel: Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos
Autoren: Thomas Thiemeyer
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benommen.
    Â»Na gut – Eichhörnchen eben. Aber was ist mit dem Rest? Warum fragst du mich immer nach meinen Erinnerungen? Warum sollten sie wichtiger sein als die Frage, was ich hier mache – unter euch Weißmenschen.«
    Â»Weil das, was du eben geschildert hast, neun Jahre zurückliegt«, sagte Humboldt mit belegter Stimme. »Deine letzte Erinnerung ist neun Jahre her. Du warst damals kaum älter als Charlotte.«
    Eliza riss ihre Augen auf.
    Â»Es war das Jahr 1886«, sagte Humboldt. »Ich war damals auf Forschungsreise in Haiti. Mein Ziel war es, die Gebräuche und Praktiken der Mambo und der Bokor , der Weiß- und Schwarzmagier kennenzulernen und diese für die Nachwelt festzuhalten.«
    Â»Ich bin eine Mambo«, sagte Eliza.
    Â»Das weiß ich. Ich arbeite seit geraumer Zeit an einem Nachschlagewerk, genannt die Encyclopedia Humboldica, in der ich alles festhalte, was man nicht in den normalen Schulbüchern und Lexika findet. Dabei lege ich besonderen Wert auf Wissen, das zu speziell oder zu mysteriös ist, als dass ›normale‹ Wissenschaftler sich damit abgeben würden. In diesem Zusammenhang waren die Erkenntnisse über das Voodoo natürlich von großem Interesse für mich. Womit ich nicht rechnete, war, dass du auf einmal in mein Leben getreten bist, mich fortan auf meinen Reisen begleitet hast. Du wurdest meine Lebensgefährtin.«
    Â»Nein.«
    Â»Es stimmt«, sagte Charlotte. »Ehe wir in das Haus kamen, warst du schon da.«
    Â»Ich … soll … deine …?« Sie schüttelte den Kopf. »Heißt das, wir sind verheiratet?«
    Humboldt räusperte sich. »Verheiratet nicht direkt, aber …« Er brach ab. Die Worte blieben ihm im Hals stecken.
    Charlotte übernahm für ihn, aber ihr fiel es sichtlich schwer, die Unterhaltung fortzuführen.
    Â»Gibt es nichts, woran du dich erinnern kannst?«, fragte sie. »Unsere Reisen durch den Himmel, die Stadt der Regenfresser, der Vorstoß in die Tiefsee, unsere Kämpfe mit den Teufelswesen – ist nichts davon übrig geblieben?«
    Kopfschütteln.
    Â»Die Dogon, die Rieseninsekten, die Unterwasserstadt, Alexander Livanos …?« Charlottes Stimme bekam etwas Verzweifeltes.
    Eliza wich vor ihr zurück. Ihr Blick wirkte ungläubig. Nein, ungläubig war das falsche Wort, dachte Oskar. Sie sah erschrocken aus, regelrecht entsetzt.
    Â»Reisen durch den Himmel?«, fragte sie. »Tiefsee, Teufelsmenschen? Wer ist Alexander Livanos? Ich glaube euch kein Wort. Was seid ihr für Menschen? Ich will sofort wissen, wo ich hier bin und was ich hier mache. Warum bin ich in diesem Zimmer, was ist das hier für ein Ort? Was macht dieser sprechende Vogel in meinem Bett? Wo ist meine Familie? Ich will zu meiner Familie.« Sie schrie jetzt beinahe.
    Humboldt stand auf und versuchte, sie zu beruhigen, aber es gelang ihm nicht. Sie riss sich los und presste ihr Kissen vor die Brust. Je intensiver er es versuchte, umso panischer wurde sie.
    Als er merkte, dass es gar nicht mehr ging, rief er: »Schnell, Oskar, ruf die Schwester. Sie soll ein Beruhigungsmittel verabreichen. Beeil dich!«
    Oskar rannte auf den Gang hinaus und verständigte die erstbeste Krankenschwester. Es dauerte nicht lange und Professor Weißhaupt kam mit zwei Pflegern.
    Eliza war kaum noch zu bändigen. Sie schrie und strampelte, dass einem angst und bange werden konnte. Die beiden Pfleger hatten alle Mühe, sie festzuhalten.
    Â»Bitte treten Sie zurück«, rief der Chefarzt, während die Schwester eine Spritze aufzog. »Wir werden ihr jetzt ein Beruhigungsmittel geben. So, bitte mal den Arm freimachen und ruhig halten. Gut so.«
    Oskar musste wegschauen, als der Professor die Spritze ansetzte. Er konnte Nadeln nicht ausstehen. Außerdem tat Eliza ihm so furchtbar leid. Es zerriss ihm beinahe das Herz.
    Â»So, alles erledigt«, sagte Weißhaupt. »Jetzt wird sie sich gleich beruhigen und dann ein schönes langes Schläfchen halten. Was ist geschehen?«
    Humboldt schüttelte betroffen den Kopf. »Ihr fehlen neun Jahre in ihrer Erinnerung. Ich habe versucht, ihr Gedächtnis aufzufrischen, doch scheinbar bin ich damit gründlich gescheitert. Sie hat Angst bekommen.«
    Â»Das ist nichts Ungewöhnliches«, erwiderte Weißhaupt. »Vermutlich haben Sie sie schlichtweg überfordert.«
    Â»Ich habe es nur gut
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