Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Titel: Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos
Autoren: Thomas Thiemeyer
Vom Netzwerk:
Vater macht sich nicht viel aus Geld. Durch seine Aufträge verdient er genug, um seine Forschungen weiter zu betreiben, mehr benötigt er nicht. Geld um seiner selbst willen anzuhäufen, käme ihm nie in den Sinn.«
    Weißhaupt richtete sich wieder auf. »Ich glaube, Sie sollten noch einmal darüber nachdenken. Sie würden der Menschheit einen großen Dienst erweisen, im Sinne der Völkerverständigung. Aber ich will Sie natürlich nicht drängen. Ohnehin glaube ich, dass meine Anwesenheit hier nicht länger vonnöten ist. Herr von Humboldt, Frau Molina, Fräulein Riethmüller. Wenn Sie meine Hilfe benötigen, rufen Sie einfach die Schwester, sie wird mich dann benachrichtigen. Es hat mich sehr gefreut.« Er neigte den Kopf.
    Â»Auf Wiedersehen.«
    Kaum hatte Weißhaupt das Zimmer verlassen, als sie alle die Stühle heranzogen und darauf Platz nahmen. Humboldt versuchte, Elizas Hand zu berühren, doch sie zog sie weg. Er räusperte sich. »Ja, also … ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll.« Er zögerte und sah Eliza aufmerksam an. »Hast du wirklich keine Ahnung, wer wir sind?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Â»Hm.« Er strich sich über den Mund. »Das ist in der Tat … unerwartet. Aber vielleicht gelingt es uns ja, deiner Erinnerung wieder auf die Sprünge zu helfen. Was ist das Letzte, woran du dich erinnerst?«
    Eliza schaute unter die Decke und dachte angestrengt nach. »Feuer«, sagte sie und bewegte dabei ihre Finger, als würde sie zählen. »Ein großes Feuer. Viele Menschen. Ich höre Musik: Trommeln und aneinanderschlagende Steine. Ich weiß, dass ich tanze, meine Füße bewegen sich über die Erde.«
    Â»Ein Tanz?«
    Â»Auf dem Boden ist etwas aufgemalt, mit weißer Farbe. Eine riesengroße Schlange.«
    Â»Damballah.«
    Eliza nickte aufgeregt. »Damballah, ja. Der Schlangengott. Ihm zu dienen, ist meine Aufgabe.« Ihr Gesicht hellte sich auf. »Ich bin eine Priesterin.«
    Â»Das bist du. Woran erinnerst du dich noch?«
    Â»Ich trage ein weißes Kleid, es ist halb durchscheinend. Ich halte eine Hühnerfeder in der Hand, die mit Blut getränkt ist. Hin und wieder zeichne ich damit Symbole auf den Boden. Blutige Symbole. Kerzen beleuchten den Platz, Räucherwerk wird abgebrannt. Ringsherum sitzen Menschen, die sich im Takt der Musik wiegen. Während ich über die Schlange tanze, singe ich.«
    Â»Ein Beschwörungstanz deiner Heimat. Ich habe ihn gesehen.«
    Â»Damballah spricht zu mir«, sagte Eliza. »Er erzählt von Dingen, die weit in der Vergangenheit liegen, und von Dingen, die bald geschehen werden. Ich fühle, wie ich eins mit dem Universum werde. Damballah sagt mir, dass ich sehr bald eine Bekanntschaft machen werde, die mein ganzes Leben verändert. Jemand wird von weit her kommen, aus einem anderen Land. Ich tanze weiter und plötzlich …«, sie stockte.
    Â»Und plötzlich …?«
    Eliza bewegte den Mund, doch es kam nichts heraus. Nach einer Weile ließ sie die Schultern hängen.
    Â»Nichts«, flüsterte sie. »Damit endet meine Erinnerung.«
    Der Forscher hob die Augenbrauen. »Das ist alles? Das ist wirklich das Letzte, woran du dich erinnerst?«
    Â»Ja.«
    Der Forscher blickte betroffen. »Du weißt nicht mehr, wie ich zu euch ans Feuer getreten bin? Wie mich der Älteste an der Hand nahm und mich dir vorstellte? Wie du von einer Minute auf die andere entschieden hast, mich zu begleiten, und dann einfach mitgekommen bist?«
    Sie dachte angestrengt nach, schüttelte dann aber den Kopf. »Da ist nichts«, sagte sie.
    Humboldt ließ sich zurücksinken. Er war ganz blass geworden. Zum Glück hatte der Stuhl eine Lehne, er wäre sonst hintenübergefallen. »Das ist schlimm«, sagte er nach einer Weile. »Viel schlimmer, als ich dachte.«
    Â»Warum?«, fragte Eliza, doch der Forscher antwortete nicht. Er hielt die Hände gefaltet und blickte nachdenklich zu Boden. »Jetzt darf ich mal ein paar Fragen stellen«, sagte Eliza, die sichtlich ungeduldig wurde. »Wie bin ich hierhergekommen? Was ist das für ein Raum und was sind das da draußen für Bäume und Tiere? Diese Vögel und diese roten, pelzigen Baumhasen – ich habe dergleichen noch niemals gesehen.«
    Â»Wir nennen sie Eichhörnchen«, sagte der Forscher immer noch ganz
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher