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Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Titel: Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos
Autoren: Thomas Thiemeyer
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später …
    D ie Propeller der Pachacútec drehten im Leerlauf und verwirbelten das Gras zu unregelmäßigen Mustern. Das leise Tuckern der Motoren und der sanft schwingende Ballonkörper kündeten vom baldigen Aufbruch der Expedition.
    Der Startplatz war gesäumt von Menschen, die den Aufstieg des Luftschiffs mitverfolgten und die deswegen sogar extra einen Tag freigenommen hatten. Familienväter, Kinder, Großmütter, alle hatten sich versammelt, um dem spektakulären Ereignis beizuwohnen. Oskar hätte sich zwar lieber in aller Ruhe von Eliza und seinem Vater verabschiedet, aber das war aus naheliegenden Gründen nun mal nicht möglich. Der Forscher und sein Fluggerät waren mittlerweile so populär geworden, dass selbst die Tageszeitungen über das Ereignis berichteten. Carl Friedrich von Humboldt auf dem Weg zu neuen Abenteuern? lautete die Überschrift eines Artikels, den Fritz Ferdinand von der Berliner Morgenpost in aller Eile verfasst und veröffentlicht hatte. Humboldt hatte wieder Vertrauen zu dem Reporter gefasst, da er den Artikel über die Zeitmaschine freiwillig zurückgezogen und kein Wort darüber veröffentlicht hatte. So wusste außer Humboldt selbst, Oskar, Charlotte und Pfefferkorn niemand von den dramatischen Ereignissen, die sich in den letzten Wochen zugetragen hatten.
    Zu dem großen Andrang trug sicher auch das Wetter bei, das an diesem letzten Juniwochenende so schön war, wie man es sich nur wünschen konnte. Strahlender Sonnenschein und flauschige Wolken, die wie eine Herde Schafe über den blauen Himmel zogen, luden förmlich ein zu einem Picknick oder einem Ausflug. Und wenn man dabei noch ein Luftschiff bestaunen konnte, warum nicht? So kam es, dass sich an die zweihundert Zuschauer versammelt hatten, um Zeuge des außergewöhnlichen Spektakels zu werden. Die Gendarmen und das Bodenpersonal hatten alle Hände voll zu tun, die Menge auf Abstand zu halten.
    Â»Die letzte Kiste noch, Oskar, dann sind wir fertig.«
    Humboldt stand oben und schwenkte den hölzernen Lastarm über die Reling und ließ das Seil mit dem Eisenhaken herab. Als er in Griffweite war, hakte Oskar ihn in die Öse an der Kiste und gab das Zeichen. Humboldt drehte an der Kurbel, hievte das Gepäckstück an Bord und verstaute es in den Tiefen des Rumpfes. Es dauerte eine Weile, dann tauchte er wieder auf und kam zu ihnen herunter. Oskar hielt die Strickleiter fest und wartete, bis sein Vater sicheren Boden unter den Füßen hatte. Hoch über ihnen stand Eliza an der Reling und blickte zu ihnen herab. Sie trug ein gelbes Kleid mit roten Stickereien sowie ein grünes Kopftuch, das sie wie einen Turban gewickelt hatte. Als sie sie sah, winkte sie ihnen zu.
    Â»Mwenkitenou. Orevwa!«
    Wilma hockte neben ihr und genoss das Spektakel.
    Humboldt räusperte sich. Es war ein seltsamer Moment.
    Â»Tja, also … Die Stunde des Abschieds ist gekommen. Lasst euch noch einmal herzlich drücken. Ich hoffe, ihr kommt ohne mich klar und steckt nicht das Haus in Brand. Aber eigentlich habe ich da keine Bedenken.« Er zwang sich ein Lachen ab, aber der Versuch, die Stimmung mit einem Scherz aufzuheitern, misslang. Niemandem war nach Fröhlichkeit zumute. Oskar bemerkte, dass Charlotte mit den Tränen rang, und wie es aussah, verlor sie den Kampf. Er legte seinen Arm um sie.
    Â»So ein Mist«, schniefte sie. »Dabei habe ich mir geschworen, nicht zu heulen.«
    Â»Ist schon in Ordnung, mir geht’s auch nicht so dolle.« Er merkte, wie ihm selbst das Wasser in die Augen schoss.
    Â»Wir werden hier die Stellung halten, Vater. Du musst dir keine Sorgen machen. Ist ja nicht das erste Mal, dass wir auf uns gestellt sind.«
    Humboldt nickte. »Ihr werdet das hinbekommen, da habe ich keine Zweifel. Geld habe ich auf der Bank hinterlegt, Bert und Willi werden sich um das Haus und die Ställe kümmern und Lena übernimmt Elizas Aufgaben. Eliza hat ihr ja einiges beigebracht. Ich werde von Zeit zu Zeit telegrafieren, um zu erfahren, wie es euch geht. Und ansonsten – ihr seid jetzt erwachsen, ich kann euch nichts mehr beibringen. Ach ja, und vergesst nicht, Semesterbeginn ist am ersten September. Das ist in ziemlich genau zwei Monaten. Bis dahin müsst ihr euch eingeschrieben und beim Dekan vorgestellt haben. Direktor Sprengler hat mir versichert, dass er euch die Plätze an der naturwissenschaftlichen
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