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Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Titel: Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos
Autoren: Thomas Thiemeyer
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darüber gesprochen hättest. Hast du ihn überhaupt geöffnet?«
    Sie lächelte ihm zu.
    Â»Na klar habe ich das. Was denkst du denn? Ein paar Stunden später, oben in meinem Zimmer.«
    Â»Und?«
    Sie versank für einen kurzen Moment in Schweigen, dann sagte sie: »Es hat etwas mit einer Zeitreise zu tun, die ich allein mit Humboldt unternommen habe.«
    Oskar runzelte die Stirn. »Was denn für eine Zeitreise? Ich kann mich an kein solches Ereignis erinnern. Die Maschine wurde doch direkt nach der Vereitelung des Attentats zerlegt und in Kisten verpackt. Wann solltest du Gelegenheit gehabt haben, sie zu benutzen?«
    Â»Nicht ich«, sagte Charlotte. »Mein Ebenbild. Die Charlotte in der Zukunft hat diese Reise angetreten. Du erinnerst dich, dass Humboldt schrieb, dass sie nach dem Anschlag auf den Kaiser, ehe sie zum letzten Mal in ihre eigene Zeit zurückkehrten, noch ein paar verschiedene kleine Unternehmungen gestartet haben.«
    Oskar nickte. »Er hatte es in dem Brief erwähnt, ja.«
    Â»Die letzte Reise fand auf meinen Wunsch hin statt. Nur Humboldt und ich waren daran beteiligt.«
    Â»Ja und? Jetzt spann mich doch nicht so auf die Folter.«
    Sie verschränkte die Hände und schaute auf den Kutschenboden. Dann gab sie sich einen Ruck. »Na gut«, sagte sie. »Jetzt, wo die Maschine zerlegt und die Unterlagen vernichtet sind, macht es eh keinen Unterschied, ob ich es dir erzähle oder nicht. Es geht um meine Familie.«
    Oskars Mund blieb offen stehen. »Deine Familie? Aber ich dachte … du wärst adoptiert.«
    Â»Bin ich auch. Es hat mir aber keine Ruhe gelassen, dass ich nicht weiß, woher ich stamme, wer meine leiblichen Eltern sind und so. Du kennst deine Mutter und deinen Vater, ich hingegen nicht. Ich glaube, Maria weiß selbst nicht genau, wer sie sind, und Vater ist ja nun mal tot.«
    Â»Und was hast du herausgefunden?«
    Â»Willst du es wirklich wissen?
    Â»Aber ja.«
    Â»Es ist eine lange Geschichte …«
    Â»Es ist eine lange Fahrt bis zum Plötzensee.«
    Sie ergriff seine Hand und drückte sie. »Na schön«, sagte sie. »Also, das war so …«

Epilog

 
    Schottland, September 1895 …
    D r.   Julius Pfefferkorn öffnete die Haustür und trat hinaus in den Garten. Es war ein Spätsommertag und ein sanfter Wind wehte vom Meer her und ließ die Pappeln leicht hin und her schwanken. Hinter den Wipfeln der Bäume erhob sich die Burg von Edinburgh in den strahlend blauen Himmel. Mauersegler schossen mit atemberaubendem Tempo über die Dächer und stiegen dann hoch in die Luft.
    Sein Cottage lag am Stadtrand, oberhalb eines sanft abfallenden Hügels und inmitten einer Ansammlung kleiner Häuser, die allesamt bewohnt waren. Schräg gegenüber wohnte ein Mann namens Filby, ein rothaariger Schotte mit fröhlichem Wesen und aufbrausendem Temperament. Ihm gehörte ein Kleidergeschäft, in dessen Schaufenster nur eine einzige Puppe stand. Je nach Temperatur oder Jahreszeit wurde sie umdekoriert, was allerdings nicht allzu häufig vorkam.
    Pfefferkorn war ein ausgewiesener Stubenhocker. Seine Haushälterin Mrs   Watchit ermahnte ihn zwar immer, er solle mehr an die frische Luft gehen, aber seine Arbeit ließ ihm keine Zeit dazu. Abgesehen von seiner Forschung, war da ja noch der Lehrstuhl an der Universität. Er war Dozent für ein Fachgebiet mit dem schillernden Namen: Applied Mechanics and Engineering , wobei es sich um simple Physik und Arithmetik handelte, die ihm leicht von der Hand ging. Seine Fähigkeiten auf diesem Gebiet, besonders seine Forschungserfolge in Deutschland, hatten den Vorstand zu der Überzeugung kommen lassen, dass er der geeignete Mann für den Lehrstuhl war. Und das Geld konnte er gut gebrauchen. Besonders im Hinblick auf die horrenden Summen, die seine zukünftige Erfindung verschlingen würde.
    Pfefferkorn hatte seiner Heimat Deutschland den Rücken gekehrt. Zum einen waren da die angespannten internationalen Verhältnisse, die einen Krieg immer absehbarer werden ließen, zum anderen spürte er den zunehmenden Antisemitismus im Kaiserreich. Pfefferkorn war Jude und als solcher hatte er empfindliche Antennen, was solche Strömungen betraf.
    Der Hauptgrund aber war, dass er seine Spuren verwischen wollte, wozu es auch unumgänglich gewesen war, seinen Namen zu ändern. Carl Friedrich von
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