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Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Titel: Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Warum waren Charlotte und Eliza nicht mitgekommen? Was hatten all diese geheimnisvollen Andeutungen und das Augenzwinkern zu bedeuten?
    Der Kutscher lenkte die Droschke vor ein prächtiges Haus, zügelte die Pferde und hielt an. Rechts neben der mächtigen Eichentür prangte eine goldene Tafel auf der in schwarzen Lettern Aloisius Finkbeiner, Notar stand.
    Der Kutscher stieg aus und öffnete ihnen die Tür. Ein Diener in prächtiger Uniform nahm sie in Empfang.
    »Herr Donhauser?«
    Der Forscher nickte.
    »Sie werden bereits erwartet. Wenn ich bitten dürfte?«
    Der Diener hielt ihnen die Tür auf.
    Oskar ging hinter Humboldt. Er wusste nicht, was ihn erwartete, also war er lieber vorsichtig. Alte Angewohnheiten streifte man nicht so einfach ab. Die Glocken der Dorotheenkirche schlugen zehn Uhr, dann fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.
     

     
    Aloisius Finkbeiner war ein gebeugter alter Mann von vielleicht fünfundsiebzig Jahren. Sein Haar bildete einen schlohweißen Kranz, der ein wenig an ein Vogelnest erinnerte. Auf seiner großporigen roten Nase, die von einer tiefen Liebe zum Wein zeugte, saß ein Zwicker dessen goldener Rand ein paar Gläser beherbergte die so dick wie Cognacschwenker waren. Er bewegte sich langsam und vorsichtig, so, als bestünde er aus Glas. Doch so tatterig der Mann auch erscheinen mochte, seine Augen leuchteten so klar und so hell wie die eines Schulbuben.
    »Ah, Herr Donhauser. Treten Sie doch bitte näher.« Er bot ihnen einen Platz an, dann trippelte er hinter seinen Schreibtisch. Das polierte Kirschholz glänzte als wäre es aus Gold. »Setzen Sie sich, meine Herren.«
    Oskar ließ sich auf einem der bereitgestellten Stühle nieder. Das Leder verströmte einen würzigen Geruch und fühlte sich wunderbar weich an. Trotzdem fühlte er sich fehl am Platze.
    »Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich gleich zur Sache kommen.« Finkbeiner legte die Hände auf zwei Aktenstapel, die er vor sich platziert hatte. »Ich habe hier Ihren Antrag auf Adoption des jungen Herrn Wegener vorliegen.« Er warf Oskar einen scharfen Blick über den Rand seiner Gläser zu.
    »Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie das sind?«
    »Was? Ich … ja.« Oskar hatte das Gefühl, als würden seine Füße über dem Boden schweben.
    Finkbeiner schob seinen Zwicker hoch. »Die eingereichten Unterlagen, Briefe, Abschriften und Urkunden der städtischen Erziehungsanstalt Elisabethstift sind zwar lückenhaft, reichen aber für den Vorgang aus. Mit Ihrer Einverständniserklärung, Herr Wegener, akzeptieren Sie das Erziehungs- und Erbschaftsverhältnis zu Herrn Donhauser. Sie haben künftig das Recht, seinen Namen zu tragen und dürfen sich zudem als Erbe seines Vermögens betrachten. Voraussetzung ist natürlich, dass Sie der Adoption zustimmen. Was sagen Sie dazu?«
    Er warf Oskar einen forschenden Blick durch seine dicken Brillengläser zu.
    Oskar blickte verwirrt zwischen den beiden Männern hin und her. »Eine Adoption? Ich verstehe nicht …«
    Humboldt schenkte ihm ein warmherziges Lächeln. »Ich möchte dich adoptieren. Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass du tatsächlich mein Sohn bist.«
    »Ihr Sohn?« Es fiel Oskar immer noch schwer zu glauben, was er da hörte. »Wie kommen Sie denn auf die Idee?«
    »Lange Recherche. Es hat Jahre gedauert, bis ich erfuhr, dass ich möglicherweise einen Sohn habe, und fast ebenso lange hat es gedauert, bis ich dich gefunden habe. Du warst ein Waisenkind, vergiss das nicht. Du hast viele Jahre auf der Straße gelebt und alle deine Spuren verwischt. Deine Mutter war eine Schauspielerin in Wien, eine überaus kluge und bezaubernde Frau.«
    »Theresa von Hepp«, entfuhr es Oskar.
    Humboldt nickte. »Dachte ich es mir doch, dass Charlotte und du auf dem Dachboden andere Sachen zu tun hattet, als Masken und Schlitztrommeln zu betrachten. Wer hat euch den Tipp gegeben, Eliza?«
    »Es tut mir leid«, murmelte Oskar. »Charlotte sagte mir, dass wir dort etwas finden würden …«
    »Das macht doch nichts«, winkte der Forscher ab. »Spätestens heute hättest du sowieso alles erfahren. Ich habe diese Adoption schon lange geplant, ich wollte dich nur nicht vorher schon mit Zweifeln und Andeutungen belasten.«
    Oskar schüttelte verwirrt den Kopf. »Aber der Diebstahl … die Entführung … unsere Reise?«
    »Ich gebe zu, es war nicht ganz fair, dich so zu prüfen, aber ich musste doch sichergehen.« Der Forscher setzte eine entschuldigende Miene auf. »Jungen deines Alters
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