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Im Haus meines Feindes

Im Haus meines Feindes

Titel: Im Haus meines Feindes
Autoren: Brown Sandra
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1. Kapitel
    Â»Die sprechen ihn frei!« Burke Basile streckte die Finger seiner rechten Hand und ballte sie dann zur Faust. Diese unwillkürliche Streckbewegung hatte er sich in letzter Zeit angewöhnt. »Er wird unter gar keinen Umständen schuldig gesprochen.«
    Captain Douglas Patout, der Chef des Drogen- und Sittendezernats des New Orleans Police Departments, seufzte entnervt. »Vielleicht.«
    Â»Nicht ›vielleicht‹. Die sprechen ihn frei«, wiederholte Burke nachdrücklich.
    Nach kurzer Pause fragte Patout: »Warum hat Littrell die Anklage in diesem Fall ausgerechnet diesem Staatsanwalt übertragen? Er ist neu hier, lebt erst seit ein paar Monaten im Süden, ist aus dem Norden hierher verpflanzt worden. Aus Wisconsin oder so ähnlich. Er hat die … Nuancen dieses Verfahrens nicht begriffen.«
    Burke, der aus seinem Fenster gestarrt hatte, drehte sich wieder um. »Pinkie Duvall hat sie dagegen recht gut begriffen.«
    Â»Dieser aalglatte Wortverdreher! Er tut nichts lieber, als auf die Polizei einzuschlagen und uns alle als unfähig hinzustellen.«
    Obwohl es Burke widerstrebte, den Strafverteidiger zu loben, sagte er: »Eins muß man ihm lassen, Doug, sein Schlußplädoyer war brillant. Eindeutig gegen die Polizei, aber ebenso eindeutig für die Gerechtigkeit. Die zwölf Geschworenen haben jedes Wort gierig aufgesogen.« Er sah auf seine Armbanduhr. »Sie beraten seit einer halben Stunde. Ich würde sagen, in zehn Minuten sind sie wieder da.«
    Â»Glaubst du wirklich, daß es so schnell geht?«
    Â»Ja, glaub’ ich.« Burke setzte sich auf einen zerschrammten
Stuhl mit hölzernen Armlehnen. »Nüchtern betrachtet, haben wir nie ein Chance gehabt. Welcher Staatsanwalt die Anklage auch vertreten hätte, mit welchen juristischen Tricks beide Seiten auch gearbeitet haben mögen – es steht leider fest, daß Wayne Bardo nicht abgedrückt hat. Er hat die Kugel, die Kevin den Tod brachte, nicht abgefeuert.«
    Â»Ich wollte, ich hätte fünf Cent bekommen für jedes Mal, das Pinkie Duvall das während der Verhandlung gesagt hat«, meinte Patout mißmutig. »›Mein Mandant hat die tödliche Kugel nicht abgefeuert.‹ Das hat er gebetsmühlenhaft wiederholt.«
    Â»Leider ist es die Wahrheit.«
    Dieses Thema hatten sie mindestens schon tausendmal diskutiert  – grübelnd, Vermutungen anstellend, aber immer wieder auf die eine unangenehme, unbestreitbare, unumkehrbare Tatsache zurückkommend: Der in diesem Verfahren angeklagte Wayne Bardo hatte Detective Sergeant Kevin Stuart faktisch nicht erschossen.
    Burke Basile rieb sich müde seine von dunklen Ringen umgebenen Augen, strich sich das zerzauste, lockige Haar aus der Stirn, fuhr sich über den Schnurrbart und rieb dann nervös über seine Oberschenkel. Er streckte die Finger seiner rechten Hand. Zuletzt stützte er die Ellbogen auf die Knie, ließ die Schultern entmutigt nach vorn hängen und starrte blicklos auf den Fußboden.
    Patout musterte ihn prüfend. »Du siehst verdammt schlecht aus. Warum gehst du nicht raus und rauchst eine Zigarette?«
    Burke schüttelte den Kopf.
    Â»Wie wär’s mit einem Kaffee? Ich hole dir einen, bringe ihn dir, damit die Reporter nicht über dich herfallen können.«
    Â»Nein, vielen Dank.«
    Patout setzte sich auf den Stuhl neben Burke. »Wir dürfen den Fall noch nicht abschreiben. Die Geschworenen sind oft unberechenbar. Man glaubt, man hätte so einen Dreckskerl überführt, und er verläßt den Gerichtssaal als freier Mann. Ein
andermal rechnet man mit einem sicheren Freispruch, aber sie sprechen ihn schuldig, und der Richter verhängt die Höchststrafe. Im voraus weiß man das nie.«
    Â»Ich schon«, murmelte Burke hartnäckig. »Bardo wird freigesprochen.«
    Eine Zeitlang sagte keiner der beiden Männer etwas, um das bedrückende Schweigen zu brechen. Dann meinte Patout: »Heute ist der Jahrestag der mexikanischen Verfassung.«
    Burke sah auf. »Wie bitte?«
    Â»Der mexikanischen Verfassung. Sie wurde am fünften Februar angenommen. Das habe ich heute morgen in meinem Terminkalender gelesen.«
    Â»Hmmm.«
    Â»Allerdings hat nicht dringestanden, in welchem Jahr. Vor mindestens hundert Jahren, schätze ich.«
    Â»Hmmm.«
    Als dieses Thema erschöpft war, schwiegen sie wieder und
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