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Chill Bill (German Edition)

Chill Bill (German Edition)

Titel: Chill Bill (German Edition)
Autoren: Roger M. Fiedler
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»niemand hat uns vergessen.«

EIN LETZTES BIER
    Das Mab’s war ungewöhnlich voll an diesem Abend. Eine japanische Reisegruppe hatte sich nach Copacabana verirrt und vor dem Mab’s waren sie alle gleichzeitig auf die Idee gekommen, eine Coca-Cola zu trinken. Als Perto und Katz eintrafen, war kein Platz mehr frei und man musste, um an ein Bier zu kommen, einer Masse Menschen auf die Füße treten. Katz erledigte das. Der Deutsche überragte die Asiaten um ein gutes Stück. Aus Pertos Sicht wirkte es, als rollte Katz’ Kopf auf den dunklen Haarschöpfen der Japaner wie eine Bowlingkugel dem Eingang zu. Als sie wieder zurückrollte, trug sie ein zufriedenes Gesicht.
    »Gut gemacht!«, sagte Perto. »Sie leben sich ein.«
    »Meine Frau sagt immer«, erklärte Katz, indem er mit der Hand seinen Weg durch die Menschenmasse andeutete, »ich sei selbst schon eine kleine Menschenmasse.«
    »Ihre Frau wird sich freuen, Sie wiederzusehen.«
    Katz klickte seinen Bierglasrand gegen den von Perto und warf sich das Bier mit Schwung in die Kehle. »Und Sie? Sind Sie auch verheiratet?«
    »Ich habe eine Frau. Aber es ist auseinandergegangen, als ich nach Deutschland ging.«
    »Warum sind Sie dann nicht geblieben?«
    »Ja, warum?«
    Perto trank sein Bier. Er stellte versonnen das leere Glas auf den Gehweg und hob die beiden anderen auf, die Katz als Vorrat mitgebracht hatte. Er gab Katz eines davon.
    »Ich hatte Angst. Wir waren jung. Ich war einer von den Linken, von denen Sie immer reden. Wir haben viel geträumt damals. Und dann irgendwann verschwanden die Linken nacheinander von der Bildfläche. Als ich hörte, was die MPs mit ihnen alles anstellten, um an Namen zu kommen …«
    Es entstand eine sehr lange Pause. Katz und Perto tranken ihr Bier mit einem Gesichtsausdruck, als erledigten sie eine schwere Aufgabe. Plötzlich sackte eine Erschütterungswelle durch die japanische Masse. Sie brachen auf. Das Lokal leerte sich innerhalb von Sekunden.
    »Ich dachte mir, dass ich Sie hier finde«, sagte Pessoa und drückte Katz seine beschlagnahmte Waffe in die Hand.
    Perto streckte die Hand aus, um den neuen Chef der Militärpolizei zu beglückwünschen. »Landschaftsgärtner«, sagte er lächelnd. Der letzte Berufswunsch von Pessoas ehemaligem Vorgesetzten hatte schnell die Runde gemacht.
    Pessoa schüttelte nur den Kopf und ließ die Hand, wo sie war. »Es gibt eine Menge Leute, die vor mir berücksichtigt werden, und alle werden ablehnen. Der Chefposten wird niemandem große Freude machen. Irgendwo in dieser gottverdammten Stadt rennen in diesem Augenblick zwei Killer herum.«
    Perto wusste es besser. »Diese Stadt ist voll von Killern.«
    »Der Gouverneur«, erklärte Pessoa und ließ sich eins der Biere geben. »Freitas fand, es wäre an der Zeit, einen Sprung vorwärts zu machen. Er wäre ein sicherer Kandidat für die Nachfolge gewesen. Rebeiro hat die Sache für ihn eingefädelt, aber Rebeiro ist tot. Wir wissen, dass es zwei Killer sind, aber keiner weiß, wo sie stecken und was sie gerade tun. In ein paar Tagen wird der Gouverneur draufgehen und Freitas wird beichten, dass er und die gesamte Militärpolizei es von Anfang an gewusst haben. Und dann, schätze ich, fliegt der Nachfolger von Freitas aus der MP wie Scheiße aus der Gans.«
    »Das Leben«, sagte Perto, »ist kurz, beschissen und undankbar.«
    Pessoa kippte ein halbes Bier und machte sich auf. »Übermorgen ist Samstag. In 48 Stunden geht die Kacke durch den Ventilator.«

SAMSTAG
    Ein Hubschrauber kreiste über Cinelândia. Perto kniff ein Auge zu und betrachtete die fliegengroße Silhouette. Zur Sicherheit fixierte er noch das Kalenderdatum, rollte aus dem Bett, nahm eine heiße Dusche, putzte sich die Zähne mit dem Handtuch, wischte sich eine Handvoll Seifenflocken um das Kinn und rasierte sich das Schleifpapier aus dem Gesicht. Dann schnappte er sich ein Stück Papier und schrieb darauf:
    ›Rechnung für Ermittlungsarbeiten im Auftrage der Deutschen Bundesregierung. Ich, Franco Manuel Espertocabeça, erlaube mir für umseitig aufgeführte Leistungen ein Honorar in Höhe von … zu berechnen.‹
    Er schob das Blatt von sich und dachte über den Preis nach, den er dort einsetzen wollte, wo die Punkte standen. War besser, die Rechnung gleich zu schreiben, bevor der ganze andere Mist hochkam und die Leistungen der vergangenen Tage vielleicht in einem neuen Licht erscheinen ließ. Die beiden Hubschrauber vor seinem Fenster gebärdeten sich wie verrückte
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