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Chill Bill (German Edition)

Chill Bill (German Edition)

Titel: Chill Bill (German Edition)
Autoren: Roger M. Fiedler
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300 Billigtouristen quollen ihm voraus und hinterher, als stürme man zum Winterschluss an Woolworths Wühltheke. Berge von prallen Koffern krachten gegen Panzerglasscheiben, bleiche Füße schlappten in schreiend-bunten Gummilatschen. Kameras hingen an blassen Hälsen, Bermudas schienen sich für alle Zeiten in Hautfalten verkniffen zu haben, Sonnenbrillen, Sonnenöl, Acrylhemden in Orangetönen, die noch nie ein Mensch zuvor gesehen hatte. Eigentlich hatte Vincent das Land unauffällig betreten wollen, eine einzige Kugel dalassen und unauffällig wieder verschwinden. So weit der Plan.
    Sechs Uhr zehn. Gomez natürlich noch nicht da. Es war dunkel hinter den Scheiben der Ankunftshalle, von Rio nicht mehr zu sehen als ein großer Parkplatz. Vincent war klar, dass er keine fünfzehn Minuten brauchen würde, um sich dort draußen für alle Zeiten zu verlaufen, wenn er versuchen sollte, Corelli auf eigene Faust zu finden. Ein Wissen, das nicht zur Beruhigung beitrug, als der Killer bemerkte, dass die Augen eines uniformierten Wachmannes auf ihm ruhten.
    Vincent flog einer der Sätze durch den Kopf, die sein Partner beim ersten Geschäftsgespräch heruntergebetet hatte, ein Satz, in dem jedes zweite Wort ›Professionalität‹ gelautet hatte. So viel stand jetzt schon fest: Die Brasilianer hatten keinen blassen Schimmer von Professionalität. Draußen stand das Thermometer auf dreißig, auch davon hatte niemand was gesagt. Vincent beobachtete, wie jeder der deutschen Expeditionskarnevalisten beim Versuch, den Parkplatz zu betreten, kurz hinter der Ausgangstür den Klimahammer gegen die Stirn gedroschen bekam. Kein Ausweg also in dieser Richtung.
    Der Wachmann setzte sich in Bewegung. Scheiße, dachte Vincent. Aber da war es schon zu spät. Während der Uniformierte näher kam, fingerte Vincent in der Jackentasche nach dem Sprachführer. Er klammerte sich an das Büchlein wie ein Schiffbrüchiger an ein Stück Treibholz. Dieses hässliche Gefühl der Verlorenheit packte ihn. Vincent verstand kein einziges Wort der Landessprache.
    »
Bom Dia
«, grunzte der Wachmann in einem Tonfall, der seiner breiten Statur entsprach. Der Rest fiel der Sprachbarriere zum Opfer. Das Gespräch entwickelte sich zunächst einseitig, dann zum Desaster. Der Sprachführer taugte nichts. Vincent wurde an die Information geschoben. Dort spräche jemand Englisch. Die Fachkraft allerdings war nicht da. Hinten in der Halle kotzte jemand in einen Blumenkübel und der Wachmann musste weg. Jetzt eine Stärkung, dachte Vincent und blickte sich nach einem Café um. In seinem Koffer lagen 15 000 Dollar, aber an Kleingeld hatte niemand gedacht. Alle Wechselstuben – auch das hatte die bunte Horde der deutschen Eroberer schon lautstark erkundet – waren geschlossen. Nein, dieser Tag begann nicht gut.
    Sechs Uhr siebzehn. Die Kaffeefrage blieb ungeklärt, da sich der Wachmann zum zweiten Mal näherte, weniger unauffällig diesmal und in Begleitung. In seinem Schatten lief ein hagerer Mann. Erst jetzt bemerkte Vincent auch die Waffe, die am Oberschenkel des Uniformierten klebte, großkalibrig, militärische Artillerie. Ein Schuss daraus und mehrere Hundert Leute hätten ihre Koffer fallen lassen. Die Sonne ging auf und der erste Auftrag den Bach runter. Eine ganze Stunde bevor er überhaupt hier sein sollte. Die beiden Männer schnitten Vincent den Weg ab, der Hagere drückte ihm eine Visitenkarte in die Hand und Vincent entging nur knapp dem Herzversagen.
    Apartments and Rooms
    Ein Wohnungsvermittler. Der Wachmann grinste dazu freundlich.
    »Danke«, sagte Vincent und der Schweiß seiner Hand nässte den Griff des Koffers mit den Dollarscheinen.
    Atmen! Drei mal tief, drei Mal sanft. Auf das Ziel konzentrieren.

MISSING LINK
    Gomez kam um acht und er hieß nicht Gomez, sondern Edgard. »Ätschgahr« sprach er sich aus. Seine Hand war mit Ringen behängt, seine Hautfarbe eher Produkt des Solariums als natürlicher Sonne und die faltbare Brille aus Gold. Eine Information, die Edgard gleich nach seinem Namen vermittelte. Edgard war pappenschwul, das ließ sich an seinem Gang ablesen. Er begrüßte neben Vincent auch die Hälfte des Flughafenpersonals mit Handschlag. Der Wachmann gehörte zu seinem engeren Bekanntenkreis und auch der hagere Wohnungsvermittler, die englische Fachkraft vom Informationsstand und jeder zweite Kofferträger. Nur knapp entging Vincent dem Versuch, ihn in der Runde vorzustellen. Flughafendienst war langweilig, jede Abwechslung
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