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Chill Bill (German Edition)

Chill Bill (German Edition)

Titel: Chill Bill (German Edition)
Autoren: Roger M. Fiedler
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Katz höflich zu seinem Nachbarn und sagte: »Junger Mann, Sie ruinieren sich Ihre Gesundheit.«
    Vincent setzte seine Kopfhörer ab und beendete damit hoffnungslose Versuche, einen Greenaway-Film im englischen Original zu verstehen. »Er braucht das, sonst wird er krank.«
    »Verstehe«, sagte Katz und zog einen Flachmann aus der Tasche. »Ich habe auch immer einen kleinen Vorrat dabei.«
    Katz und Corelli prosteten sich zu. In dem Glas vor Vincent dümpelten geschrumpfte Eiswürfel in einem gelblichen Saft. Katz arbeitete sich umständlich in seine Konversations-Position: »Sie kommen aus dem Urlaub, nehme ich an?«
    »Ja!« Corelli lachte und Vincent fügte ein bestätigendes Kopfnicken an.
    »Toll, nicht?«, sagte Katz.
    »Was?«, fragte Vincent ernst, während Corelli immer noch über den Urlaub lachte.
    »Rio«, sagte Katz in schwärmendem Tonfall.
    »Rio!« Corelli begann zu singen. »
Moro num país tropical
 …
«
    »Und Sie?«, erkundigte sich Vincent höflich über den singenden Corelli hinweg.
    »Geschäftlich. Ich war geschäftlich dort unten. Wissen Sie, ich komme viel rum. Das ist mein Job.«
    »

abençoado por Deus
 …
«, schmetterte Corelli dazwischen.
    »Und was ist Ihr Job?«, fragte Vincent.
    Katz nahm einen Schluck aus seiner Pulle und dachte nach, ob er es erzählen sollte. Es wollte raus, also sagte er: »Ich bin Polizist.«
    Sein Blick durchdrang das Dunkel der Flugzeugkabine, um die Reaktionen seiner Zuhörer aufzufangen. Natürlich waren sie entsetzt. Wie alle. Katz fühlte sich geschmeichelt. Er fuhr fort: »Kein normaler Polizist. Ich erledige spezielle Aufträge.«
    Corelli prostete ihm zu. »
… e bonito por natureza …
«
    Katz wechselte befremdete Blicke mit Vincent. In einer Gesangspause lehnte er sich zu Vincent hinüber. »Während Sie da unten waren, haben Sie da mal Zeitung gelesen? Nein, haben Sie natürlich nicht. Dafür fährt man ja nicht nach Rio!«
    Katz lachte schenkelklopfend über seinen Witz.

SAMBA
    Im Mab’s herrschte gedämpfte Stimmung. Nachkarnevalszeit.
Fresquinhos
fläzten schüchtern in ihren Stühlen und schielten verlegen nach den Prostituierten, Schuhputzer spähten nach unpoliertem Leder, Bauchläden klimperten, Kellner eilten mit Bier und Kaffee zwischen lachsfarbenen Gästen hindurch. An einem einzelnen Tisch saß Sandra und suchte auf dem neuen Kurzwellenradio nach einem Sender mit Sambamusik. Katz hatte es ihr geschenkt. Als sie am Ende der Frequenzskala angekommen war, verzog sich ihr Gesicht zu einem säuerlichen Ausdruck. »Das Ding taugt nichts!«, sagte sie zum Radio.
    Nach wenigen Augenblicken klärte sich ihre Miene wieder auf. Sie hatte beschlossen, dem Radio noch eine Chance zu geben. Sie ging die Skala noch einmal rückwärts durch. Aber es klappte wieder nicht. Sie fand keinen Sender mit Sambamusik. Daraufhin warf sie das Teil mit Schwung in eine städtische Mülltonne.
    Einige Leute hörten den dumpfen Knall und blickten in ihre Richtung. »
Essa merda não fala!
«, schleuderte sie dem Radio hinterher: »Dieser Mist sagt nichts!«

© privat
    Roger M. Fiedler , 1961 in Castrop-Rauxel geboren, ist Diplom-Physiker. Er arbeitete bereits als Programmierer, Schaffner und Reiseleiter für Andalusien. Seit einigen Jahren schreibt er Kriminalromane und Kurzgeschichten und wurde u.a. von der Bertelsmann Stiftung und dem Literaturhaus München gefördert. Für seinen ersten Roman "Sushi, Ski und schwarze Sheriffs" wurde er mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet. Heute lebt und arbeitet er im Westerwald.
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