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Chill Bill (German Edition)

Chill Bill (German Edition)

Titel: Chill Bill (German Edition)
Autoren: Roger M. Fiedler
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Was eine alte Theorie beweist. Man kann sich im Leben doch auf nichts verlassen …

CORELLI
    Edgard und Vincent bestiegen den Aufzug gegen elf. In einem Apartment acht Stockwerke über der Bucht von Copacabana trafen sie auf Corelli. Er stand in Unterhosen hinter der Tür. Sein linker Zeigefinger klemmte im Mittelteil eines amerikanischen Playboy. Der Killer schaute ihm lange ungerührt in die Augen. Corelli blickte aufmerksam zurück.
    »Hallo, Vince!«, stammelte er verlegen.
    »Was läuft hier eigentlich?«, fragte der Killer und schob sich an Corelli vorbei in den Einflussbereich der Klimaanlage. Ungläubig musterte er die schäbige Einrichtung: Tisch, Stühle, ein Bett, ein Kühlschrank, Bierdosen und zerknüllte Kleidungsstücke. Edgard redete noch immer auf ihn ein. Vincent versuchte, sich den Kopf freizuhalten. Er hatte einen Job zu erledigen. Die unprofessionelle Art von Edgard und Corelli ging ihm auf den Sack und überhaupt alles seit seiner Ankunft.
    »Wo ist meine Ausrüstung? Ich stehe mir am Flughafen die Füße platt. Und das hier!« Vincents Kinn deutete auf die Häufchen am Boden. »Ein Saustall!«
    Corelli ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er war bereits seit zwei Wochen da, um die Gegend zu sondieren. Corelli wusste, wie der Hase lief. Gelassen wie ein französischer Kriegsveteran beim Sonntagsboule legte er seinen Playboy zur Seite: »Nimm eine Dusche und trink ein Bier! Das mit der Ausrüstung kriegen wir schon hin. Läuft sowieso nichts, im Augenblick.«
    Vincent betrachtete die zerknitterte Hose und das fleckige T-Shirt, das sich Corelli anstelle von Kleidung überstreifte, sah Edgards Singsang wie bunten Rauch den Raum ausfüllen, sackte auf einen klapprigen Stuhl und fing an, sich ernsthaft Gedanken zu machen.
    »Den Koffer mit deinen Waffen haben wir in dem Hotelzimmer gelassen, wo ich bisher gewohnt habe«, erklärte Corelli. »Ich konnte nicht alles auf einmal rüberschaffen.«
    Vincent schätzte mit einem Blick durch die Wohnung ab, wie viel Corelli auf einmal ›rübergeschafft‹ hatte. Alles, was er sah, ging in eine Plastiktüte.
    Corelli erklärte, dass er und Edgard nun gehen würden.
    »Bis dann!«, sagte Vincent zur Wand, räumte sich das Bett frei und sackte mit starrem Blick auf die Matte.
    Fünf Kilometer entfernt traf in Rios Stadtzentrum ein Fax ein. Es war an ein Detektivbüro gerichtet und enthielt drei leere Seiten. Neben dem Apparat wachte ein Riese auf, tastete nach Aspirin und schlief dann weiter. Wie viel von dieser Begebenheit Vincent träumte, bleibt letztlich ungeklärt. Denn im selben Moment, als das Fax in der Innenstadt zum zweiten Mal eintraf, wurde das Trommeln acht Stockwerke über der Bucht von Copacabana so laut, dass Vincent erwachte. In Trance schleppte er sich zum Eingang, blickte durch den Spion und hatte die Tür schon geöffnet, als ihm Bedenken kamen. Die Frau war etwa einen Kopf kleiner als er, schlank mit zierlichen Armen, Beinen, Händen und Füßen; sie trug so etwa fünf Quadratzentimeter Stoff am Leib. Insgesamt. Drei davon transparent.
    »Hicki?«
    Vincent türmte seine Augenbrauen zu Fragezeichen. Was die Frau dazu bewegte, sich mehrfach mit dem Daumen an die Brust zu tippen.
    »Carla! Carla!«, erklärte sie. »
Onde está
Hicki Cohelli?
«
    Achtzehn, dachte Vincent. Wenn’s hochkommt. Dann heftete er das Ereignis unter ›Wahnvorstellung‹ ab, ließ die Tür zukrachen und warf sich zum zweiten Mal aufs Bett.
    Am Nachmittag war Corelli wieder da. Er hatte den großen Koffer dabei und jede Menge Plastiktüten. Das alles knallte er auf den Fußboden und begann die Tüten auszupacken. Sie enthielten Dosenbier. Corelli räumte es sorgfältig in den Kühlschrank.
    Vincent schlug die Augen auf.
    »Was denn? Du bist mit dem Koffer durch den Supermarkt gelatscht?«
    »Ich habe ihn beim Wachmann stehen lassen. An der Kasse steht immer ein Wachmann und passt auf Handtaschen auf. Jedenfalls ist das im
Sendas
so.«
    Der Killer sprang aus dem Bett und krallte seine Faust um Corellis Hemdausschnitt.
    »Du hast unsere Ausrüstung einem Wachmann in die Hand gedrückt?« Einen Moment lang wurden ungläubige Blicke ausgetauscht. »Bist du eigentlich vollkommen irre?«
    Eine der vielen unbeantworteten Fragen in diesem Buch. Corelli schwieg und Vincent ließ widerwillig von seinem Fleckenshirt ab. »Wer – oder was – ist Carla?«
    »Eine Frau halt.« Corelli nahm ein kleines Radio in Betrieb und fummelte an der Antenne, um den Empfang zu verbessern.
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